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"Scheißsituation": Neymar verhagelt Messis Rückkehr

Argentinien will Geschichte von 1970 nicht wiederholen

"Scheißsituation": Neymar verhagelt Messis Rückkehr

Schwerer Schlag: Brasiliens Neymar (hinten) muss Vereinskollege Lionel Messi trösten.

Schwerer Schlag: Brasiliens Neymar (hinten) muss Vereinskollege Lionel Messi trösten. imago

Lionel Messi schlich schon ein wenig fassungslos vom Platz. Als sich Brasiliens Idol Neymar und seine Teamkollegen von den Fans feiern ließen, war Weltfußballer Messi längst im Kabinengang verschwunden. Nach dem deutlichen 0:3 hat sich die sportliche Krise der Argentinier in der WM-Qualifikation zugespitzt . Brasilien dagegen führt nach dem klaren Sieg nun die Südamerika-Gruppe an und feiert einen bisher reichlich unbekannten Helden namens Tite. Seit der 55-Jährige das Nationalteam im Juli übernommen hat, holte er fünf Siege aus fünf Spielen und führte Neymar und Co. vom sechsten auf den ersten Platz der Quali.

"Hallo, Russland?", fragte die brasilianische Sportzeitung "Lance" mit Blick auf die WM 2018, für die sich Tites Team nach dem Erfolg bereits so gut wie qualifiziert hat. Wenig überraschend war die Stimmung in den Medien des Nachbarlands dagegen völlig anders. "Russisches Roulette", titelte die Zeitung "Olé", nachdem die Albiceleste auf den sechsten Platz abgerutscht war.

Spielersteckbrief Neymar
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WM-Qualifikation Südamerika - 11. Spieltag
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23
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18

Das bislang Undenkbare wird spätestens mit dem fußballerischen Offenbarungseid (vor allem nach dem Gegentor und im zweiten Abschnitt) des zweimaligen Weltmeisters beim "Superclasico" in Belo Horizonte zum realistischen Szenario: Zum erst zweiten Mal könnte Argentinien die Endrunden-Qualifikation verpassen - sportlich gescheitert war man nur 1970.

Brasilien zieht mit Ungarn gleich

Und "Olé" legte nach: "Argentinische Katastrophe in Belo Horizonte. Nicht mal Messi kann uns retten." Dabei war die Rückkehr des Hoffnungsträgers so sehr herbeigesehnt worden. Nach seiner Verletzungspause kehrte der 29-Jährige rechtzeitig zum Topspiel mit dem Erzrivalen ins argentinische Team zurück. Doch der Messi-Effekt verpuffte, weil Neymar und Brasilien phasenweise brillierten. Philippe Coutinho vom FC Liverpool mit einem sehenswerten Schuss in den rechten Winkel (25.) und Neymar (45.) selbst sorgten schon in der ersten Halbzeit für klare Verhältnisse.

Wenn einer nicht klar im Kopf ist, spielen die Beine auch nicht mit.

Lionel Messi zur schwachen Leistung

Für den Barça-Star war es ein besonderes Tor: Durch den 50. Treffer im 74. Länderspiel hob Neymar die Brasilianer auf eine Stufe mit den Ungarn, die zuvor als einzige Nation vier Spieler mit 50 oder mehr Toren in ihrer Geschichte vorzuweisen hatten. Für die Albiceleste kam es derweil noch dicker. Als Paulinho in der 58. Minute nach einer Konfusion in der argentinischen Abwehr das 3:0 schoss, gab es für Trainer Tite kein Halten mehr. Er spurtete zur Jubeltraube an der Eckfahne und stach mit seinem weißen Hemd aus dem gelben Knäuel heraus. "Ich bin wirklich glücklich", sagte er im Anschluss. "Das war leichter, als ich gedacht habe. So einen großen Sieg hätte ich nicht erwartet."

Trotz des 3:0 blieben die Brasilianer demütig. "Das ist ein besonderer Moment nach allem, was hier mit der Selecao passiert ist", so Verteidiger Thiago Silva stolz. 856 Tage nach der 1:7-Schmach im WM-Halbfinale gegen Deutschland war seinem Team ein wenig Rehabilitation gelungen.

Messi verärgert über Cordoba

Kein Halten mehr: Paulinho feiert gemeinsam mit Renato Augusto das 3:0.

Kein Halten mehr: Paulinho feiert gemeinsam mit Renato Augusto das 3:0. imago

Ganz anders war die Stimmungslage bei Messi. "Wir müssen im Kopf anfangen. Weil wenn einer nicht klar im Kopf ist, spielen die Beine auch nicht mit. Wir müssen diese Scheißsituation ändern", polterte "La Pulga" (dt. der Floh): "Es sind noch sieben Spiele, wir müssen dieses Spiel aus den Köpfen kriegen und uns gut auf das nächste vorbereiten." Das steigt schon am Mittwoch gegen Kolumbien.

Messi war schon ein wenig schockiert vom Zustand seiner Mannschaft. "Man muss zugeben: Es hätte noch viel schlimmer kommen können. Wir konnten nicht mehr reagieren, haben viele Räume gelassen." Gegen die Kolumbianer muss dringend eine Leistungssteigerung her. "Wir können keine Punkte mehr herschenken, schon gar nicht zu Hause. Es muss sich jetzt viel ändern." Die Fans bat Messi derweil "um Geduld", das 0:1 gegen Paraguay während seiner Abwesenheit hatte ihn getroffen.

"Das in Cordoba habe ich von zu Hause aus gesehen, sie haben uns ausgepfiffen und beschimpft. Das hilft nicht. Wenn das Umfeld nicht mitspielt, spürt man das sofort", forderte der Linksfuß die nötige Unterstützung. Sein Schlusswort: "Das einzig Gute ist, dass wir es noch selbst in der Hand haben. Aber so dürfen wir nicht weitermachen."

msc