Beide hätten sie zu Helden werden können. Der Keeper und der zentrale Defensivspieler hatten sich zuvor die Bestnoten in diesem von Taktik geprägten Spiel verdient. Doch als es um Ganze ging, waren sie nicht auf der Höhe. Er sei nicht nervös gewesen, betonte der Profi von Aston Villa, der überraschend zu den Kandidaten zählte, die Louis van Gaal für das Glücksspiel vom Punkt auserwählt hatte. Die späte Auswechslung von Robin van Persie hatte es erzwungen. So rückte Vlaar, eigentlich die Nummer sechs bei den Elfmeter-Schützen, auf die Liste. Eine Berufung, die er natürlich nicht ablehnte: "Ich laufe nicht weg vor der Verantwortung."
Van Persie völlig entkräftet - Tragische Figur Vlaar
Mit der Herausnahme des schwachen van Persie hatte sich der Bondscoach der Möglichkeit beraubt, den Trick zu wiederholen, den er im Viertelfinale gegen Costa Rica so erfolgreich aus dem Hut gezaubert hatte. Nach der dritten Auswechslung war der Torwart-Tausch von Cillessen, dem für das Spiel besseren Schlussmann, gegen Tim Krul, dem Spezialisten für die Elfer, nicht mehr möglich. Van Gaal begründete seine Maßnahme logisch. Es klang überzeugend, als er betonte: "Es war notwendig, Robin van Persie vom Platz zu holen. Er fiel als Anspielstation aus, weil er sich kaum noch auf den Beinen halten konnte." Mit Huntelaar, so van Gaal weiter, habe er angestrebt, die Entscheidung noch im Laufe der Spielzeit zu erzwingen.
Spielersteckbrief Vlaar
Spielersteckbrief Sneijder
Weltmeisterschaft - Halbfinale
Es glückte nicht – und auch nicht beim Elfmeterschießen, der neuen holländischen Disziplin. Es verwunderte, dass ausgerechnet Vlaar dieses eröffnen durfte oder musste. Daran übte Ronald de Boer als TV-Experte herbe Kritik: "Es müssen immer die beiden besten Schützen beginnen und am Ende noch ein Guter zur Verfügung stehen." Für de Boer, der im Halbfinale 1998 den entscheidenden Elfer in der Partie gegen Brasilien verschoss, hätten Robben und Sneijder beginnen müssen, wobei der Profi aus Istanbul sich auch nicht als so treffsicher erwies, denn er vergab ebenso wie Vlaar.
Die Reihenfolge habe der Trainer festgelegt, berichtete hinterher Klaas-Jan Huntelaar, der es nicht so kritisch sah wie der Kommentator. "Ron Vlaar hatte unser Vertrauen", meinte der Schalker. "Er hat super gespielt und war heute unser bester Mann." Von daher, so der "Hunter" weiter, sei es besonders bitter, dass gerade er verschossen habe.
Besser mit 1:7 zu verlieren als durch ein Elfmeterschießen.
Louis van Gaal
Die Tragik an diesem kühlen und regnerischen Abend in der Corinthians-Arena erhöhte sich für den Bondscoach. Denn dieses von Langeweile geprägte Spiel hatte diese feine Pointe: Mit Sergio Romero erwies sich ein alter Bekannter für van Gaal als Elfmetertöter. Einst hat der Trainer, der in seinem 28. Länderspiel seiner zweiten Amtszeit die dritte Niederlage erlitt und damit das Aus verkraften musste, den Keeper in Alkmaar betreut. "Und ich habe ihm noch das Parieren der Elfmeter beigebracht", wurde der Holländer kurz nach Spielschluss zitiert.
Wenig später nahm er die Aussage zurück. Er habe nur einen Spaß machen wollen, meinte van Gaal, der geknickt wirkte. So nahm sich auch seine Stellungnahme aus, die recht pointiert so klang und auf das deutsche Traumresultat vom Vortag abzielte: "Besser mit 1:7 zu verlieren als durch ein Elfmeterschießen."
Wenig Lust auf Brasilia und das "kleine Finale"
Holland ist raus und Louis van Gaal hat sein großes Ziel nicht erreicht. Auch er hatte den Traum, seinem Land den ersten WM-Titel zu schenken. Es kam anders. Spiel um Platz drei in Brasilia, was der zu Manchester United gehende Coach als regelrechte Bestrafung empfinden muss. Seit Jahren fordere er dieses unsinnige Partie abzuschaffen, so van Gaal. "Wenn wir nun verlieren sollten, haben wir zweimal verloren hintereinander und fahren als großer Loser nach Hause."
