WM

Suarez für ein Spiel gesperrt

Hier ein Held, dort ein Schurke

Suarez für ein Spiel gesperrt

Luis Suarez (ob.)

Der Held da, wo er hingehört: Luis Suarez (ob.) ermöglichte den Halbfinal-Einzug der "Celeste". imago

"Viele Leute, die nun feiern, haben so etwas noch nie erlebt. Es gab viele frustrierende Jahre. Nach 40 Jahren hoffe ich, dass sie jetzt drei oder vier Tage lang feiern", so Trainer Oscar Tabarez nach dem Einzug ins Halbfinale.

Ein ganzes Land feiert Luis Suarez, den neuen Nationalhelden. Den Mann, dessen persönliches Unglück im Viertelfinal-Drama von Johannesburg das historische Glück der "Celeste" ermöglichte, die erstmals seit 1970 im Halbfinale einer Weltmeisterschaft steht. Der Mann, der Montevideo nach dem Nervenspiel im Elfmeterschießen ein riesengroßes Fest in Himmelblau feiern ließ. Flaggen und Trikots sind ausverkauft.

Spielbericht

"Das war die Parade der WM. Jetzt habe ich die Hand Gottes", so der Torjäger von Ajax Amsterdam, der in der 120. Minute im Stile eines Klasse-Keepers auf der Linie das 2:1 für Ghana und damit das Aus der Südamerikaner verhindert hatte. Nach seinem Feldverweis spiegelte sich noch Entsetzen in seinem Gesicht. Entsetzen, dass sich nach dem Fehlschuss von Asamoah Gyan, der letzten Aktion in der Verlängerung, in Freude und Entzücken verwandelte. Erst recht, nachdem seine Kameraden in Soccer City den Einzug ins Semifinale perfekt gemacht hatten.

Suarez nur ein Spiel gesperrt

Suarez fehlt erwartungsgemäß im Halbfinale gegen seine Wahlheimat Niederlande. Die Disziplinarkommission der FIFA sperrte den 23-Jährigen am Samstag für die Partie am Dienstag gegen Oranje. Im Finale oder im Spiel um Platz drei könnte Suarez wieder mitwirken.

Der "Tag, der Uruguay für immer verändert": "El Pais" präsentierte im Überschwang nationaler Hochgefühle tiefgängige Schlagzeilen. Und Coach Tabarez kommentierte mit stolzgeschwellter Brust: "Die einzigen, die mehr als dieses Team erreicht haben, sind unsere Weltmeister von 1930 und 1950. Sie sind längst in die Geschichte eingegangen und unsere Idole. Aber dann kommen wir. Unglaublich!"

"El loco" bleibt cool

Zwar schaffte es auch die "Celeste" nicht, vom Punkt keine Nerven zu zeigen, doch dank zweier Paraden des "echten" Torhüters Fernando Muslera und der Kaltschnäuzigkeit von Sebastian Abreu reichte es aber, um eine ganze Nation vom dritten WM-Stern träumen zu lassen. "Manche nennen es verrückt. Ich dagegen nenne es Klasse", sagte Tabarez, nachdem Abreu den letzten Elfmeter lässig ins Tor der Black Stars gechippt hatte.

"So schieße ich halt. Ich bin mir bei der Ausführung sicher. Das Team unterstützt mich und gibt mir das Selbstvertrauen dafür", sagte Abreu. Beim wieder einmal überragenden Forlan klang das aber ein wenig anders: "Mein Gott! Ich habe ihm hinterhergebrüllt, es zu lassen, nicht zu lupfen, sondern das Ding einfach reinzuhauen." In Uruguay heußt Abreu übrigens "El loco" – der Verrückte.

Tabarez kam auch nicht auf die Idee, dass die Aktion von Suarez unfair gewesen sein könnte: "Wir haben ganz sicher nicht betrogen. Es gab eine Rote Karte und den Elfmeter. Ihn Betrüger zu nennen, ist dumm. Wir können nichts dafür, dass Ghana anschließend im Elfmeterschießen nicht alle Schüsse verwandelt hat."

Die Diskussion um Luis Suarez war eine Diskussion der Verlierer. Für Uruguay ist klar: Der Stürmer war mit seinem Reflex der Retter. "Das war der absolute Wahnsinn. Wir haben gelitten. Bei jedem Elfmeter dachte ich, ich würde gleich ohnmächtig werden. Luis hat das Spiel für uns gewonnen", sagte Diego Forlan.

Doch in Afrika ist die neue "Hand Gottes" die Hand des Teufels. Der ganze Kontinent fühlt sich um eine historische Nacht betrogen. "Handballer" Luis Suarez ist hier ein Nationalheld, dort ein Schurke.

Der Held wird auf der Tribüne sitzen, kann aber im Vorfeld wertvolle Dienste leisten. Der Ajax-Stürmer, Torschützenkönig der Ehrendivision, wird mit Tabarez intensive Gesprache führen: "Ich werde dem Trainer über alle Stärken und Schwächen berichten", sagte der 23-Jährige.