Weltmeisterschaft

Analyse

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Spieler des Spiels

Sinisa Mihajlovic Abwehr

1,5
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Spielnote

3,5
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Tore und Karten

0:1 Mijatovic (13')

0:2 Stojkovic (54')

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Deutschland
Deutschland

Köpke5 - Wörns2, Thon3, Kohler2 - Heinrich3,5, Hamann5,5 , Jeremies3,5, Ziege5 , Möller3 - Klinsmann3,5, Bierhoff3

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Jugoslawien
Jugoslawien

Kralj3 - Djorovic3,5, Mihajlovic1,5 , Z. Petrovic2,5 - S. Komljenovic3, Jokanovic3, Jugovic2, Stankovic3,5 , Stojkovic2 - Kovacevic4 , Mijatovic3,5

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Schiedsrichter-Team

Kim Milton Nielsen Dänemark

1,5
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Spielinfo
Stadion Bollaert-Delelis
Zuschauer 41.275 (ausverkauft)
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Fußball ist ein verrücktes Spiel: Die 90 Minuten im zweiten Gruppenspiel gegen die Jugoslawen stellten einmal mehr unter Beweis, daß oft nicht das tatsächliche Können und die Physis entscheidend sind für Erfolg oder Mißerfolg, sondern die mentale Verfassung. Selten hat man eine deutsche Mannschaft über einen solch langen Zeitraum so desolat erlebt, selten - exakt 73 Minuten lang - sich so lethargisch, so langsam, so ineffizient bewegen sehen. Der Europameister schien einer klaren, ernüchternden Niederlage entgegenzulaufen. Doch der bekannte deutsche Kampfgeist und alle sonstigen Tugenden, die uns nachgesagt werden, entfalteten sich mit dem Glücksschuß des kurz zuvor eingewechselten Tarnat. Sein Freistoß wurde ausgerechnet vom besten Spieler auf dem Platz, Jugoslawiens Abwehrchef Mihajlovic, unhaltbar zum 1:2 abgefälscht. Das Ausgleichstor einer wie befreit wirkenden deutschen Mannschaft gegen die plötzlich völlig konsternierten Jugoslawen, die die deutsche Auswahl vorher völlig im Griff und in manchen Szenen fast düpiert hatten, war fast schon logisch. Dieses 2:2 ist das erste Unentschieden gegen die Jugoslawen bei einer WM, nach vier Siegen und einer Niederlage. Der Gruppensieg entscheidet sich am Donnerstag im Spiel in Montpellier gegen den Iran, wobei die deutsche Mannschaft nach dem 2:0 gegen die USA ein Tor Vorsprung gegenüber den Jugoslawen hat. Allein um den starken Holländern im Achtelfinale aus dem Wege zu gehen, muß die deutsche Elf mit aller Macht den ersten Platz in der Gruppe F anstreben. Ob Bundestrainer Berti Vogts gegen den Iran der gleichen Mannschaft die Chance zur Bewährung gibt oder ob er sein Team völlig umkrempelt, wird er nach den Trainingseindrücken der nächsten Tage entscheiden müssen. Vor allem aber müssen die Spieler endlich Fußball mit Herz und Tempo zeigen. Diese notwendigen Tugenden legten sie in den bisherigen 180 WM-Minuten nur in ganz wenigen Phasen an den Tag. Nicht erst das frühe 0:1 zeigte an diesem warmen, aber nicht zu heißen Nachmittag in Lens, daß im deutschen Team eine kaum erklärbare Schläfrigkeit vorherrschte. Zwar wirkten zumindest die Manndecker Wörns und Kohler gegen die Weltklassestürmer Mijatovic und Kovacevic bissig und immer auf der Hut, aber schon bei Libero Olaf Thon setzte eine unerklärliche Unruhe ein. Der Schalker agierte wie gewohnt vor der Abwehr, anstatt gegen die schnellen und ballgewandten Jugoslawen erst einmal hinten für Ruhe und Sicherheit zu sorgen. Schon nach den ersten gefährlichen Attacken machte sich bei ihm und seinen Vorderleuten eine erstaunliche Nervosität breit. Dietmar Hamann war völlig von der Rolle und zog den bisherigen Shooting- Star Jens Jeremies, der gar nicht wußte, welches der vielen Löcher er zuerst stopfen sollte, ebenfalls in die Krise hinein. Jörg Heinrich auf der rechten Seite bemühte sich zwar um Schwung nach vorne, hatte aber dafür in der Defensive Schwierigkeiten mit der starken linken Seite der Jugoslawen. Auf der anderen Außenbahn zeigte Christian Ziege eine indiskutable Vorstellung, er wurde nach etlichen mißglückten Flankenversuchen schon vor der Pause von den Fans massiv ausgepfiffen. Lediglich Andreas Möller versuchte, mit Initiative und Tempowechseln für Druck zu sorgen. Mit Ausnahme einiger Ansätze scheiterte jedoch auch er, weil der wie gewohnt emsig rackernde Jürgen Klinsmann wenig und der total unter Normalform spielende Oliver Bierhoff rein gar nichts zeigte. Vogts versuchte mit dem Einsatz von Lothar Matthäus nach dem Seitenwechsel eine moralische Wende herbeizuführen, doch in der Hamann-Rolle war der Rekord- Nationalspieler lange Zeit verschenkt. Auch Ulf Kirstens Einwechslung für den nachlassenden Möller brachte nicht die gewünschte Wirkung, zumal sich Klinsmann nun aus dem Sturmzentrum zurückfallen ließ und damit der Druck nur unmerklich zunahm. Nach dem Fehler des an diesem Tage unsicheren Köpke beim 0:2 schien das Spiel in einem Desaster zu enden: Selten hat man eine deutsche Mannschaft so mutlos, so tatenlos, so wirr spielen sehen wie in dieser Phase. Erst mit der Hereinnahme von Tarnat, der in den vergangenen Wochen völlig außer Form war, und seinem glücklichen Freistoß zum 1:2 kam das Erwachen. Bierhoffs Kopfballtor nach der sechsten Ecke brachte endgültig die Wende. Und hätte die deutsche Mannschaft nicht in den Schlußminuten mit zehn Akteuren weiterspielen müssen - Klinsmann ging nach einem Freistoß-K.o. und wurde vom Platz getragen -, wäre sogar noch ein Sieg möglich gewesen. So aber gaben sich beide Mannschaften am Ende mit dem 2:2 zufrieden.