Europa League

Die Ruhe vor dem Sturm

Bremen: Trio wieder im Training

Die Ruhe vor dem Sturm

UEFA-Pokal

Es ist angerichtet: Die Metropole am Bosporus erwartet das UEFA-Cup-Finale. picture alliance

Wer vom Atatürk-Flughafen in das Zentrum am Bosporus fährt, spürt in der quirligen Millionen-Metropole an der Grenze zweier Kontinente noch nichts von dem Fußball-Fieber, das bald ausbrechen wird. Noch dominieren die Touristen, die ohnehin da sind und die Sehenswürdigkeiten am Goldenen Horn bevölkern, das Bild der wuseligen City. Doch am Montag mischten sich immer mehr Farbtupfer in dieses Bild: Grün-Weiß an vielen Stellen. Die Werder-Fans trafen so langsam ein und nahmen Besitz von dem Endspiel-Ort. Rund 5000 Anhänger des Bundesligisten haben sich über den Klub eine Karte für das Endspiel besorgt, wollen die Schaaf-Truppe unterstützen, obwohl sie eindeutig in der Unterzahl sein werden. Denn aus der Ukraine werden etwa 7000 Supporter erwartet.

Davala macht Werder Mut

"Das Stadion wird zu Werder halten", macht Ümit Davala, der Ex-Bremer, der nun in seiner Heimat im Trainergeschäft tätig ist, seinem ehemaligen Klub und der Anhängerschaft Mut. Zuletzt als Assistent von Michael Skibbe bei Galatasaray Istanbul tätig, gemeinsam mit dem früheren Co-Trainer Rudi Völlers beurlaubt, lebt der Double-Gewinner von 2004 in Istanbul und wird natürlich als Ehrengast von Werder am Mittwoch auf der Tribüne sitzen. "Istanbul freut sich auf dieses Endspiel", sagt Davala gegenüber kicker online. Ab Dienstag würden auch die zahllosen türkischen Zeitungen mit der gezielten Berichterstattung über Werder und Schachtjor beginnen. Heute haben noch die Storys über die Türkische Liga dominiert, wie Mehmet Demircan, Reporter des kicker-Partnerblattes "Fanatic", in Deutschland ebenso wie in seiner Heimat bewandert, erklärt: "Unsere Meisterschaft ist halt so spannend wie nie." Was nachzulesen ist: Außenseiter Sivasspor sitzt Besiktas, der letzten Hoffnung Istanbuls, mit zwei Punkten Rückstand im Nacken, Trabzonspor lauert zwei Spieltage vor Saisonende drei Punkte hinter Besiktas.

Sükrü Saracoglu

Der Ort des Geschehens: Im Sükrü-Saracoglu-Stadion werden rund 55000 Zuschauern sein. imago

Doch ab morgen werden sich auch die heißblütigen türkischen Fans auf das europäische Finale stürzen. Die Arena, die übrigens auf der anderen Seite des Bosporus und somit auf asiatischem Boden liegt, ist fast ausverkauft. Rund 55000 Plätze fasst das Stadion, noch gut 10000 Tickets gehen in den Verkauf. "Es wird voll werden", prognostiziert Sportjournalist Mehmet. "Da bin ich ganz sicher."

Finale wird zur Generalprobe für die Türkei

Es wäre ganz im Sinne der Veranstalter in der Türkei. Mahmut Özgener, Präsident des Fußball-Verbands, hat schließlich einen Plan, den er seit Jahren verfolgt. Die Türkei will ein großes Turnier: 2016 soll die Europameisteschaft in dem Land stattfinden. Dafür tun die Türken alles. Das UEFA-Cup-Finale gilt als zweite Generalprobe. Die erste fand bereits vor vier Jahren statt. Ebenfalls in Istanbul, als sich der AC Milan und der FC Liverpool in einem denkwürdigen Finale um die Champions League gegenüber standen. Zur Erinnerung: Milan führte 3:0, scheinbar unaufholbar. Die Engländer glichen aus. Es ging in die Verlängerung, ins Elfmeterschießen. Liverpool gewann. Auch Didi Hamann, damals noch erste Wahl, verwandelte einen Strafstoß.

Nun also die zweite Plattform, um sich und die Organisationsfähigkeit darzustellen. Denn die Türken, die sich schon offiziell beworben haben, erwartet starke Konkurrenz. Auch Frankreich und Italien rechnen sich Chancen aus sowie das skandinavische Duo Dänemark und Schweden, die eine Doppelbewerbung entworfen haben. Die Entscheidung, wo die übernächste EM stattfindet, fällt in einem Jahr - genau am 27. Mai 2010.

Fragen Sie nach bei Franz Beckenbauer und seinen Bemühungen im nationalen Dienst vor der Weltmeisterschaft 2006! Wie es bei Bewerbungskampagnen üblich ist, tun die türkischen Gastgeber alles, um eine gelungene Präsentation hinzulegen und die Gäste aus Europa exklusiv zu betreuen. So findet am Vorabend des Endspiels in einem Istanbuler Nobelhotel ein offizielles Dinner statt, zu dem die UEFA einige Honoratioren eingeladen hat. Die Bemer werden mit einer 20-köpfigen Delegation daran teilnehmen, zu der auch Willi Lemke, der UN-Beauftragte für Sport zählt, der als Vorsitzender den Aufsichtsrat anführt.

Mit an Bord des Charterfliegers, der die Mannschaft am Dienstag nach Istanbul bringen wird, ist übrigens auch ein alter Bekannter, der zuletzt bei den Grün-weißen immer gefehlt hatte: Jürgen L. Born, der wegen der angeblichen Finanzaffäre um Claudio Pizarro zurückgetretene frühere Vorsitzende, den der Erstlgist eingeladen hat. Der Ex-Boss hat sich soeben von einer schweren Operation erholt und freut sich auf die Reise: "Schön, dass ich dabei sein darf." Born wird indes nicht im Mannschaftshotel "Four Seasons" untergebracht, sondern in der Luxusherberge "Swiss Hotel", wo VIPs und Presse wohnen werden.

Training mit Naldo, Rosenberg und Pizarro

Vorschau

Wenn Werder heute zu dem größten Spiel nach dem Sieg im Europacup der Pokalsieger 1992 aufbrechen wird, haben sich die Personalsorgen ein wenig reduziert. Trainer Thomas Schaaf konnte beim letzten Training auf deutschen Boden vor dem Abflug aufatmen. Die angeschlagenen und zuletzt geschonten Naldo (Leiste), Markus Rosenberg und Claudio Pizarro (beide muskuläre Probleme) wirkten wieder mit, können eingeplant werden. Dafür absolvierte Kapitän Frank Baumann, der leichte Beschwerden an den Adduktoren spürte, ein individuelles Übungsprogramm, Der Routinier gab danach jedoch Entwarnung: "Ich gehe davon aus, dass ich am Mittwoch spielen kann."