Europa League

Europa-Rückkehr des 1. FC Köln: Zwischen Euphorie und Ernüchterung

Nahezu "optimale" erste Hälfte reicht dem FC nicht

Europa-Rückkehr: Zwischen Euphorie und Ernüchterung

Jubel und Enttäuschung: Kölns Trainer Peter Stöger freute sich erst - und war dann bedient.

Jubel und Enttäuschung: Kölns Trainer Peter Stöger freute sich erst - und war dann bedient. imago

Folglich zeigte sich auch Peter Stöger einverstanden mit dem Auftritt seines Teams . "Eigentlich bin ich zufrieden, wie wir uns präsentiert haben. Wir haben drei Spiele verloren, wollten Kompaktheit sehen, wollten unangenehm für den Gegner sein. In der ersten Halbzeit hat das richtig gut funktioniert. Am Ende hat die bessere Mannschaft verdient gewonnen", resümierte der Trainer.

In London konnte der FC wieder in die Rolle schlüpfen, die ihm am besten liegt. Anders als in den verlorenen Spielen gegen den HSV und in Augsburg, in denen der Gegner den Kölnern die Initiative und um die 70 Prozent Spielanteile überlassen hatte, durfte der FC am Donnerstag die Rollen tauschen. Mit einem defensiv ausgerichteten Trio im zentralen Mittelfeld (Lehmann, Hector, Höger) und drei schnellen Offensivkräften (Zoller, Bittencourt, Cordoba) gab man den Engländern kaum Raum zu kombinieren und setzte vereinzelte Nadelstiche, die durch ein Traumtor von Jhon Cordoba veredelt wurden, als der Kolumbianer nach einem Klärungsversuch von David Ospina den weit aus seinem Tor geeilten Arsenal-Keeper mit einem Fernschuss überraschte.

Spielersteckbrief T. Horn
T. Horn

Horn Timo

Trainersteckbrief Stöger
Stöger

Stöger Peter

Europa League - Gruppenphase, 1. Spieltag
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"...dann konnten wir diesem Druck nicht mehr standhalten"

"In der ersten Halbzeit ist Vieles optimal gelaufen", stellte also FC-Torhüter Timo Horn fest, der aber eingestand: "Man hat in der zweiten Halbzeit schon gesehen: Wenn Arsenal angezogen hat, dass wir dann diesem Druck nicht mehr standhalten konnten. Das hatte sich angedeutet. Arsenal hat durch zwei Traumtore das Spiel gedreht." In der Tat. Sead Kolasinacs Volley-Hammer war genauso sehenswert wie der Schlenzer von Alexis Sanchez in den rechten Torwinkel.

Doch auch wenn nachher mancher mit dem Finger auf Jorge Meré deutete als Schuldigen für diesen Treffer, war dies dem spanischen Innenverteidiger, der mit Dominique Heintz ein gutes Duo in der Viererkette bildete, nicht wirklich anzulasten. Meré hatte Sanchez zwar parallel zur Strafraumlinie sogar leicht vom Tor weglaufend nicht gut genug am Abschluss hindern können, doch der Kunststoß des Chilenen, der quasi "um die Ecke" schoss, stellte absolute Extraklasse dar. Gravierender beim 1:2 war hingegen, dass Leonardo Bittencourt unbedrängt einen Fehlpass mitten in der Londoner Hälfte spielte, bei dem es Marcel Risse zudem versäumte, energisch entgegenzukommen. Den folgenden Konter schloss Sanchez brillant ab. "Einen Fehlpass wie vor dem 1:2 können wir uns auf diesem Niveau nicht erlauben", analysierte Horn treffend.

Lehmann: "Glaube, dass Arsenal uns unterschätzt hat"

Gegen Arsenal stieß der FC an seine Grenzen, auch wenn Arsene Wenger vor dem Derby gegen den FC Chelsea nur zwei Akteure in die Startelf berief, die am Wochenende beim letzten Premier-League-Spiel begonnen hatten. Die guten Ansätze auf dem Weg zurück zu alten Tugenden, müssen künftig konstant nachgewiesen werden. So erklärte Horn: "Das sind natürlich Weltklassespieler, auch wenn sie viele Spieler geschont haben. Aber in der Offensive waren sie sehr stark besetzt. Dem standzuhalten ist nicht so leicht. Da muss alles passen. Das war nur in der ersten Halbzeit der Fall." In der die Psyche womöglich eine entscheidende Rolle spielte. "Ich glaube, dass Arsenal uns unterschätzt hat", sagte Kapitän Matthias Lehmann, "gerade in der ersten Halbzeit hat man das gemerkt. Ich glaube, dass etwas drin war. Wir standen sehr kompakt und hatten gute Kontermöglichkeiten. Denen ist nicht viel eingefallen. Die Mitte war dicht." Bis in die zweite Hälfte.

Es hat sich teilweise wie ein Heimspiel angefühlt.

FC-Keeper Timo Horn

Die Niederlage in London hat die Europapokal-Euphorie nicht gebremst. Dafür sorgte auch das überwiegende Gros der friedfertigen Fans, die das Emirates gefühlt nach Müngersdorf verlagerten: "Es hat sich teilweise wie ein Heimspiel angefühlt", schwärmte Horn über den Support, "es ist sensationell, was der Stadt und den Fans das bedeutet. Deswegen wollen wir in der Europa League alles raushauen. Auch wenn wir mit einer Niederlage gestartet sind, haben wir noch alle Chancen."

Stöger kühl: "Habe mich aufs Spiel konzentriert"

Dass der FC seine erste internationale Partie seit 25 Jahren überhaupt absolvieren durfte, hing dabei am seidenen Faden. Ein versuchter Blocksturm von etwa 50 Kölner Fanatikern und chaotische Zustände vor dem Stadion hatten für eine einstündige Verschiebung der Partie gesorgt . Auswüchse, durch die das zuvor euphorische und sympathische Auftreten der Kölner Fans in London in den Hintergrund rückte, das selbst nicht FC-affinen Beobachtern Gänsehautmomente beschert hatte.

Entsprechend zurückhaltend und nüchtern waren die Kommentare der FC-Verantwortlichen. Denn: "Das Spiel stand relativ eng vor einer Absage", erklärte Manager Jörg Schmadtke. Und da durch die wenigen Chaoten unter den Kölner Fans in London (die Schätzungen schwankten zwischen 10.000 und 20.000) das so positive Bild getrübt worden war, wollte offenbar auch Stöger kein Loblied auf die Kölner Begleiter singen. Von einem Reporter gefragt, wie die "90 Minuten Vollgasveranstaltung" der Fans bei ihm angekommen sei, antwortet der Trainer eindeutig zurückhaltend: "Ich habe mich aufs Spiel konzentriert."

Stephan von Nocks