Bundesliga

Stevens' Konzept wirft Fragen auf

Mauert der VfB Stuttgart auch beim HSV?

Stevens' Konzept wirft Fragen auf

Auf der Suche nach der richtigen Balance: Huub Stevens, Trainer vom Liga-Letzten VfB Stuttgart.

Auf der Suche nach der richtigen Balance: Huub Stevens, Trainer vom Liga-Letzten VfB Stuttgart. Getty Images

Filip Kostic will flanken, sein Ball landet unberührt und unverhofft direkt im Tor. So holte der VfB Stuttgart am vergangenen Samstag einen glücklichen Punkt in Mainz - und mancher fragte sich hinterher rhetorisch: Wie hätte es mit einem Tor auch sonst klappen sollen?

Acht der elf Spieler, die Trainer Huub Stevens am Bruchweg von Beginn an aufstellte, würden ihren Arbeitsbereich mit "Defensive" ausweisen, dazu kam Christian Gentner als Abräumer und Aufbauspieler in Personalunion. Nur Daniel Ginczek und Timo Werner besetzten nominell die Offensive. Stevens' Plan war eindeutig.

"Wir wollten etwas mehr Stabilität in unser Spiel bringen", sagte der Nachfolger von Offensivfreund Armin Veh. "Und das ist uns gelungen." Gegen einen nicht minder verunsicherten Gegner ließen Georg Niedermeier & Co. in der Tat nur wenig zu - bis dem VfB mal wieder eine Standardsituation zum Verhängnis wurde. Auch wenn diesmal kein Stellungsfehler verantwortlich war: Johannes Geis fügte dem Bundesliga-Schlusslicht das 14. Gegentor nach ruhendem Ball zu. Frankfurt und Leverkusen, die Zweitschlechtesten in dieser Statistik, mussten zehnmal nach gegnerischen Standards den Ball aus dem Netz holen.

Veh ist ein Trainer, der gerne offensiv spielt. Aber ich denke, das liegt uns nicht so.

Antonio Rüdiger

Erst einmal hinten sicher stehen, gelegentlich kontern und bei Rückstand eben offensiv wechseln: Auf diese Herangehensweise hatte Stevens schon in seiner ersten Amtszeit gesetzt, es ist die Taktik, die seine Spieler offiziell bevorzugen. "Veh ist ein Trainer, der gerne offensiv spielt", sagte Antonio Rüdiger unlängst, "aber ich denke, das liegt uns nicht so." Man würde lieber "abwarten und auf die Fehler des Gegners lauern". Auch Sven Ulreich lobt an Stevens, dass er "das spielen lässt, was man mit der Mannschaft auch spielen kann".

Zwei Fragen stehen dennoch im Raum: Wenn mit Adam Hlousek und Florian Klein zwei gelernte Außenverteidiger die offensiven Außenbahnen bekleiden, um Gotoku Sakai und Daniel Schwaab hinten zu unterstützen - wer soll die Tore schießen, ohne die ein Abstiegskampf nun einmal nicht zu bestehen ist? Und: Hat das Konzept zumindest defensiv positive Auswirkungen?

Der Gegentorschnitt vor der Pause ist gestiegen

Nur viermal traf der VfB in dieser Saison vor der Pause, genau einmal in den ersten 30 Minuten. Diese Problematik gab es also auch schon vor Stevens. Auffällig aber: Von 17 Gegentoren in der ersten Halbzeit (zwölf in den ersten 30 Minuten) fielen fünf unter Leitung des Niederländers. Der Schnitt ist - zumindest vorerst - also sogar angestiegen, dem neuen Defensivkonzept zum Trotz.

Am heutigen Dienstag (20 Uhr, LIVE! bei kicker.de) ist Stuttgart beim Hamburger SV zu Gast, der mit neun Saisontreffern nicht einmal der VfB-Abwehr Angstschweiß auf die Stirn treiben dürfte. Bleibt Stevens seinem Stabilitätscredo dennoch treu? Viele Alternativen hat er derzeit nicht: Daniel Didavi, Stevens' Offensiv-Versicherung in der Vorsaison, fehlt mit muskulären Problemen erneut , Alexandru Maxim, Daniel Ginczek und Martin Harnik sind noch fraglich. Trotzdem gäbe es Optionen - Kostic etwa, der in Mainz nach seiner Einwechslung für etwas Belebung sorgte, oder Sercan Sararer, der beim 4:1 in Freiburg zu einem ordentlichen Auswärtsspiel beitrug.

Rettet sich der VfB noch?

Dass sich Stevens nach dem schmerzhaften 0:4 gegen Schalke noch stärker auf die Sicherheit konzentrierte, ist verständlich, als probates Mittel gegen direkte Abstiegskonkurrenten muss es sich allerdings erst erweisen. Er wird die richtige Balance finden müssen, spätestens in der Winterpause. "Die Null muss stehen", Stevens' bekannteste Forderung, erfüllte der VfB in dieser Saison erst einmal, beim 1:0 gegen Hannover - unter Veh.

jpe