Regionalliga

"Den könnte ich zu Magath schicken"

München: Talentschmied Hermann Gerland (51) ist von Stefano Celozzi (16) überzeugt

"Den könnte ich zu Magath schicken"

Dynamisch: Stefano Celozzi (Mitte) befindet sich bei den Bayern stark im Vorwärtsgang.

Dynamisch: Stefano Celozzi (Mitte) befindet sich bei den Bayern stark im Vorwärtsgang. Kicker

Da sein Wechsel feststand, von den B-Junioren des SSV Ulm zu den A-Jugendlichen des Rekordmeisters, rief er dort an und fragte, ob er denn - bitteschön - zum Training kommen dürfe. Da seine neue Mannschaft noch Pause hatte, wurde Stefano zu Hermann Gerland geschickt, Trainer der Zweiten, die in der Regionalliga Süd spielt. Was dann passierte, beschreibt der Trainer so: "Im Sprint: ganz vorne. Bei den Ausdauerläufen: ganz vorne. Am Ball: sehr sicher. Im Zweikampf: Der lässt sich nichts gefallen."

Gerland beschloss, gestützt durch seine Eindrücke aus Testspielen gegen die zweiten Mannschaften von Dortmund und Hertha BSC, dieses Talent auf Dauer bei sich einzusetzen - trotz des Alters. "Kurt Niedermayer, der Trainer unserer A-Junioren, hat Stefano überhaupt nicht gesehen. Hermann Gerland hat ihn einfach nicht mehr hergegeben", sagt Werner Kern, der Koordinator des Nachwuchsbereiches der Bayern. In dem einstündigen Ausdauertest, so Stefano heute, "hätte ich auch noch etwas schneller laufen können".

Die für Nationalspieler obligatorische Erlaubnis vom Landesjugendverband für Senioren-Einsätze wurde eingeholt, auch die Einverständniserklärung der Eltern - und Stefano Celozzi debütierte exakt im Alter von 16 Jahren und 277 Tagen in der Regionalliga, eroberte sich sofort einen Stammplatz. "Er wird ihn so schnell nicht wieder verlieren", prognostiziert Gerland und hält noch höhere Weihen in nicht allzu ferner Zukunft für möglich: "Wenn Felix Magath Leute zum Training braucht, weil zum Beispiel viele Nationalspieler unterwegs sind, dann fragt er bei mir nach. Ich will mich nicht blamieren, deswegen weiß der Felix: Wer von mir kommt, der ist gut. Wenn ich keinen habe, von dem ich überzeugt bin, würde ich keinen schicken. Stefano könnte ich zu Magath schicken." Wer steckt hinter diesem jungen Mann, der am 2. November seinen gerade erst 17. Geburtstag?

Celozzi durchlief alle deutschen U-Teams, er ist Sohn italienischer Einwanderer. Vater Piu trainiert eine Ulmer Jugend, die Brüder Marco (18) und Riccardo (14) sind ebenfalls Fußballer. Stefano spielte immer höher, als es seinem Alter entsprach: C statt D, B I statt B II, und als die A-Junioren des SSV in der Junioren-Bundesliga in Abstiegsgefahr gerieten, wurde er mit Deniz Yilmaz, der jetzt ebenfalls zu den Bayern ging, nach oben geschickt. "Die beiden sind sehr positiv aufgefallen und haben entscheidend dazu beigetragen, dass der Abstieg vermieden wurde", erinnert sich Uwe Spies, Ex-Profi in Freiburg und Duisburg, zu dieser Zeit Leiter der Ulmer Fußballabteilung, jetzt Sportdirektor beim VfR Aalen. Stürmer Yilmaz ist ebenfalls Jahrgang 1988, hat mit der Türkei erfolgreich bei der U-17-WM und auch schon bei Gerland gespielt. Doch im Moment ist Celozzi, rund zehn Monate jünger, weiter.

Das war nicht immer so, in Ulm erfreute sich Yilmaz oft einer größeren Beliebtheit, er sorgte für spektakuläre Dribblings und viele Tore. Mittelfeldspieler Celozzi zeichnete sich mehr durch Vorarbeiten aus. "Wir haben viel über diese Rollenverteilung gesprochen. Es war für Stefanos Persönlichkeitsentwicklung wichtig zu erfahren, wie man sich fühlt, wenn man nicht immer die Nummer eins ist", sagt Peter Trefzger, B-Juniorentrainer in Ulm, im Zivilberuf im Behindertenheim Tannenburg als Pädagoge tätig. Er war es auch, der seinem Schützling im Sommer 2004 von einem Wechsel zu Interessenten wie VfB Stuttgart oder Dortmund abriet.

Da wäre es wohl zu früh gewesen. Dass der Tipp zeitgemäß und schlau war, zeigt die Entwicklung bei Bayern. Der Vertrag des Talentes wurde vorzeitig verlängert, bis 2009, die Bezüge angehoben. Trotzdem wird darauf geachtet, dass der Nachwuchsmann ein normales Leben führt. Er wohnt im Jugendhaus der Bayern, geht in München zur Schule, um ein Fachabitur zu erlangen, und fährt mit öffentlichen Verkehrsmitteln: "Ein Mofa oder einen Roller habe ich nicht und brauche ich auch nicht." Mit Vorschusslorbeeren und Prognosen ist man vorsichtig an der Säbener Straße. Klar ist, dass Celozzi nicht wegen einer kurzfristigen körperlichen Entwicklung weiter ist als Gleichaltrige. Im Gegenteil, mit nur 1,71 Meter lichter Höhe erinnert er an Philipp Lahm (1,70) und kommt ebenso auf der Außenbahn zum Zuge. Bisher nur auf der rechten, ein Wechsel auf die andere Seite wurde noch nicht probiert, scheint aber möglich. Gerland: "Stefano ist Rechtsfuß, stellt sich mit links aber nicht ungeschickt an."

Der Trainer, nicht nur der harte Hund, der er oft zu sein scheint, achtet darauf, dass er den 16-jährigen Fußballer nicht überbeansprucht. Wird es zuviel, darf Stefano auch einmal die eine oder andere Trainingseinheit aussetzen. "Oder", so Hermann Gerland, "unsere Christa Schweinberger brät ihm ein schönes Steak, dann kommt er wieder zu Kräften." Christa Schweinberger ist die gute Seele der Juniorenabteilung der Bayern. In ihren Kochtöpfen hat so manche Karriere ihren Anfang genommen.

Thomas Roth