Was für ein Fight! Was für ein Krimi! Und was für ein bitterer K.-o. im Elfmeterschießen! Sie hatten vorher gewusst, was sie erwartet. "Wahrscheinlich", sagte Mittelfeldspieler Marius Sowislo verschmitzt, "sind eher die Laufschuhe gefragt als die Fußballschuhe." Und Trainer Härtel gab die Richtung vorm DFB-Pokal-Duell mit Bayer Leverkusen vor: "Es geht nur über eine gute Organisation, um Leverkusens Wahnsinnsqualität standzuhalten." Sein Team, das in der ersten Runde des DFB-Pokals Bundesligist Augsburg ausgeschaltet hatte, aber in der Regionalliga bis zum 6:0 in Bautzen am Wochenende äußerst mäßig unterwegs war, befolgte die Marschroute konsequent.
Selbst der frühe Rückstand durch Hakan Calhanoglu, bei dem FCM-Keeper Jan Glinker Pate stand, irritierte den Außenseiter nur kurzzeitig. Ausgerechnet der Ex-Leverkusener Christoph Siefkes markierte den Ausgleich für den Europacupsieger von 1974. Der gebürtige Dessauer war im Winter aus Leverkusen gekommen und hatte zuvor für Bayers zweite Mannschaft seit 2010 in der Regionalliga West insgesamt 78 Einsätze (elf Tore) bestritten – unterbrochen nur von einer Leih-Saison bei Carl Zeiss Jena (2011/12).
So mutig wie seine Mannschaft agierte auch Trainer Härtel, der 2011 denselben DFB-Fußballlehrer-Lehrgang wie Bayer-Coach Roger Schmidt absolviert und vor allem in dessen Salzburger Zeit regen Telefonkontakt zum Kollegen gehalten hatte. Nach einer Stunde Spielzeit nahm Härtel einen Dreifach-Wechsel vor und brachte Hebisch, Steinborn und Fuchs für Torschütze Siefkes, Schlosser und Beck – ungeachtet der schon da drohenden Verlängerung.
Die Magdeburger hatten den Bundesligisten aus Leverkusen am Rande einer Niederlage: Hier gewinnt Niklas Brandt (re.) einen Zweikampf gegen Kyriakos Papadopoulos. imago
Die kam tatsächlich, mit seinem Treffer zum zwischenzeitlichen 2:1 brachte Niklas Brandt Kollegen und Fans zur Ekstase. Nach Papadopoulos’ 2:2 ging es ins Elfmeterschießen, das erst nach Lars Fuchs’ Fehlschuss beendet war. Am Sonntag ist wieder Alltag beim DDR-Rekordpokalsieger (sieben Triumphe wie auch Dresden). Dann empfangen die Magdeburger den FC Carl Zeiss Jena. Auch wenn das Spiel des Jahres gerade hinter ihnen liegt – für den FCM geht es dann erneut um viel.
Hans-Günter Klemm