Die Skepsis war groß. Wieder einmal wartete der 1.FC Saarbrücken im Sommer mit einer für die Liga namhaften Neuverpflichtung auf. Taylor lagen Angebote aus der 2.und 3. Liga vor, doch der Torjäger entschied sich für den finanziell oft großzügigen Drittligaabsteiger. Kritiker sprachen davon, hier wolle einer lieber noch einmal absahnen, statt mit Leistung zu überzeugen. Zwei Monate später allerdings hat der US-Amerikaner eindrucksvoll das Gegenteil bewiesen.
Mehrere Stationen auf drei Kontinenten hat der 32-Jährige bereits hinter sich, doch in Saarbrücken blüht er noch einmal so richtig auf. Dabei war die Karriere des in Columbus, Ohio, geborenen Angreifers mindestens zweimal an einem Wendepunkt angelangt, die Fortsetzung ungewiss. So machte Taylor einen großen Umweg, um im Saarland noch einmal Fuß zu fassen und anzugreifen. "Ich war froh, dass es mit Saarbrücken geklappt hat. Ich habe mich bei meinem damaligen Münsteraner Mannschaftskollegen Clement Halet erkundigt, und er hat mir gesagt, wie schön es hier ist", nahm der Kalifornier, der das Orange County bei Los Angeles als seine Heimat bezeichnet, den Tipp des Franzosen an. "Wir sind aus Columbus weg, als ich drei Jahre alt war", erinnert sich Taylor. "Fußball hat mir am meisten Spaß gemacht, deshalb habe ich im HighschoolTeam angefangen und war auch auf der University of California im Team", so Taylor.
Phantastisch, wenn man in ein fremdes Stadion kommt und unser Fanblock schon voll ist.
Taylor über die Unterstützung der Fans
Nach dem Ende der Saison 2007 bei den Portland Timbers kam die erste Wende im Leben des Matthew Taylor. "Ich ging zurück nach Los Angeles, spielte in einem privat finanzierten Team namens Hollywood United. Der Besitzer hatte auch einen Verein in Sydney und wollte, dass ich da anfange", schildert Taylor, wie er nach Australien kam. Doch zu seiner Verwunderung waren die Ausländerplätze bereits belegt, sodass es stattdessen in Adelaide weiterging. "Dort war ein gebürtiger Deutscher im Team. Dessen Berater brachte mich mit Zweitligist TuS Koblenz in Verbindung. Deutsch habe ich dann quasi in der Kabine gelernt." Der Einstand unter Uwe Rapolder glückte mit vier Toren in den ersten Spielen. Über den Zweitligisten FSV Frankfurt und Drittligist Rot-Weiss Ahlen kam Taylor zu Zweitligist SC Paderborn, seiner bislang erfolgreichsten Station. Unter dem aktuellen Leverkusen-Coach Roger Schmidt erzielte Taylor in 30 Spielen 17 Tore. Aus der 2. Liga verabschiedete sich der Angreifer dann, um bei Drittligist Preußen Münster direkt mit dem Toreschießen weiterzumachen. "Das erste Jahr lief gut. Dann wurde im Herbst der Trainer gewechselt, und ich kam nicht mehr so oft zum Zug", sagt er über die vergangenen zwölf Monate.
In seiner neuen Heimat Saarbrücken hat Taylor mittlerweile sechsmal getroffen, steht damit an der Spitze der Torjägerliste. Beim 1:0-Erfolg in Mannheim ging Taylor zuletzt zwar leer aus, gegen Hoffenheim II will er am Freitag aber wieder treffen: "Es ist phantastisch, wenn man in ein fremdes Stadion kommt und unser Fanblock schon voll ist", freut sich der Kalifornier über die Unterstützung der Saarbrücker Fans. Skeptiker oder gar Kritiker gibt es dort schon lange nicht mehr.
Horst Fried