Zehn Punkte aus den direkten Duellen - der Weg zur Hamburger Derby-Meisterschaft ist für Norderstedt geebnet: Nur der SC Victoria kann dem Team von Trainer Thomas Seeliger den imaginären Titel noch streitig machen. Doch dem Coach ist egal, gegen wen die Punkte zum Klassenerhalt geholt werden. Nach dem 3:0 beim FC St. Pauli II freute er sich hauptsächlich über die Entwicklung seiner Mannschaft.
Acht Punkte holte Norderstedt im September, nun sind es gegen dieselben Gegner in der Rückrunde schon wieder sechs. "Niemand hätte erwartet, dass wir diese Erfolge annähernd wiederholen könnten. Aber wir sind offensichtlich auch stärker geworden und haben wieder einmal bewiesen, dass wir in dieser Liga mit fast allen Mannschaften mithalten können", sagte der 47-Jährige, dessen Team vor den beiden Derbys mehr als drei Monate auf einen Sieg warten musste.
Der Aufsteiger ist taktisch gereift, kassierte in den vergangenen vier Partien nur ein Gegentor und hielt auch vor vier Wochen gegen Spitzenreiter Wolfsburg II 88 Minuten lang ein 0:0. Großen Anteil daran hat Juri Marxen: Der erst 19 Jahre alte Rechtsverteidiger hat die Lücke im System geschlossen und entwickelt sich zu einer echten Stütze. Gegen seinen Ex-Klub HSV ließ er bei seinem zehnten Regionalligaeinsatz dem hochgepriesenen Josef Shirdel keinen Stich, auch St. Paulis Fabian Graudenz hatte wenig zu lachen. Und im Mittelfeld gewöhnt sich auch Kapitän Philipp Koch immer mehr an das höhere Tempo in der Liga.
Im Angriff drückt der Schuh
Die Abkehr vom Hurra-Stil der ersten Monate birgt aber auch Konfliktpotential - zumal Seeliger nach der guten und überlegenen ersten Hälfte an der Hoheluft kritisierte: "Wir brauchen einfach zu viele Torchancen. Die Ausbeute ist mangelhaft." Dabei schmorten seine Top-Stürmer Jan Lüneburg und Jürgen Tunjic einträchtig auf der Bank, während zuletzt die Mittelfeldspieler Björn Nadler und Jan-Marc Schneider als einzige Spitze aufliefen. "Jan hat mit seinem Tor die richtige Antwort gegeben. Beide werden in der Saison noch sehr wichtig für uns sein", beschwichtigt Seeliger die aufkeimende Diskussion, "es ist toll, wie sich gerade Jürgen mit seinen 38 Jahren in den Dienst der Mannschaft stellt."
Harald Borchardt