Der Start verläuft bilderbuchmäßig. In der D-Jugend wechselt Schulz zu Hannover 96, durchläuft alle Jugendmannschaften und feiert am 15. März 2008 sein Bundesligadebüt. Trainer damals: Dieter Hecking. "Ich bin ihm dankbar, dass er mir die Chance gegeben hat", so Schulz. Alles auf die Karte Fußball will er dennoch nicht setzen.
Parallel absolviert er eine Ausbildung zum Bürokaufmann und wird nicht nur deswegen zu einem "Ausnahmespieler" im 96-Kader. Während seine Kollegen mit dicken Autos vorfahren, kommt Schulz im 45 PS starken Polo um die Ecke. "Polo-Profi" – so tauft ihn der Boulevard. "Ich habe nie großen Wert auf irgendwelche Statussymbole gelegt", sagt Schulz, der mittlerweile einen Golf fährt. Den Polo aber gibt es noch. "Er steht bei meinem Bruder in der Garage."
23 Bundesligaspiele absolviert Schulz für 96, ein Highlight bleibt unvergessen: sein erstes und bislang einziges Erstligator beim 3:0 gegen den HSV. Schulz: "Ich habe einfach draufgehalten, auf einmal war der Ball drin." Ein selten schönes Tor gegen Frank Rost, das Eigengewächs war mit seinem Führungstreffer der Matchwinner: "Das war wie im Traum."
Nach der Verletzung nicht mehr gefragt
Der Rückschlag erfolgt 2009 in Kaiserslautern. Weil 96 seinen Vertrag finanziell nicht an seinen neuen Status als vollwertiges Kadermitglied anpassen wollte, hatte er sich zum Wechsel in die Pfalz entschieden. 2. Liga – dort läuft es zunächst wie geschmiert. Schulz erkämpft sich einen Stammplatz und ist nicht mehr der "Lehrling" wie bei seinem Heimatklub. "Ich hatte einen anderen Stellenwert", äußert sich der Mittelfeldakteur. Dann folgt der Schock: Am 15. Spieltag reißt ihm das hintere Kreuzband im rechten Knie fast durch.
Als er Monate später zurückkehrt, steht der FCK als Aufsteiger so gut wie fest. Die Mannschaft hatte sich gefunden, verstärkt sich in der Bundesliga mit Christian Tiffert auf seiner Position. "Für Trainer Marco Kurz gab es wenig Anlass, etwas zu verändern", gibt Schulz zu. Für Schulz schon. Nach nur drei Einsätzen in der Bundesligasaison 2010/2011 entscheidet er sich zu einem großen Schritt zurück.
"Die Abneigung der Gegner hat man immer gespürt."
Bastian Schulz gibt zu, dass es während seiner Zeit in Leipzig ruppig auf dem Platz zuging.
Der Abstieg geht hinunter bis Liga vier. RB Leipzig klopft an, Schulz lässt sich überzeugen von diesem "interessanten Projekt". Nach viel Tradition in Hannover und Kaiserslautern nun ein Klub aus der Retorte. Ein anderes Gefühl? "Die Abneigung der Gegner hat man immer gespürt", erzählt Schulz, "aber das wird gefühlt von Jahr zu Jahr weniger. Den Leuten in Leipzig gibt der Verein unheimlich viel." Zum Beispiel den Aufstieg in die 3. Liga im vergangenen Sommer. Schulz gehört zu den Köpfen des Teams. Im September will ihm Trainer Alexander Zorniger eine Verschnaufpause geben, lässt ihn auf der Bank. Aus der Verschnaufpause wird ein Dauerzustand. "Mit der Reservistenrolle konnte ich nicht zufrieden sein." Schulz sucht das Gespräch mit Sportchef Ralf Rangnick. Im Winter kommt es zum Abschied.
Da konnte er noch lachen: Schulz feiert im Sommer 2013 Leipzigs Aufstieg. Ein halbes Jahr später verlässt er den Klub. Imago
Die Rückkehr nach Niedersachsen ist die Folge. Wolfsburg statt Hannover. Die U 23 statt der Profis. Trainer Valerien Ismael, mit dem er bei 96 zusammengespielt hat, holt ihn zum VfL. Zwar wieder Regionalliga, doch das soll sich ändern. "Wir wollen aufsteigen, ich will mit meinem Verhalten und meiner Leistung ein Vorbild sein." Und die Bundesliga? Dieter Hecking, einst sein Coach bei 96, hat das Sagen bei den VfL-Profis. Für Schulz könnte sich der Kreis schließen. "Natürlich träume ich davon, noch mal Bundesliga zu spielen. Der Trainer weiß: Wenn Not am Mann ist, kann er auf mich zählen."
Priorität genießt jedoch der Aufstieg mit dem Unterbau. Bastian Schulz ist älter geworden, seine Einstellung aber hat sich nicht verändert. Fußball ist nicht alles. Nun studiert er BWL an der Fern-Uni Oldenburg. Auch hier hat er ein großes Ziel vor Augen: Demnächst will er seinen Bachelor machen.
Thomas Hiete