Die Ausgangslage war klar. "Nur mit zwei Siegen gegen Island in den kommenden Spielen können wir an ihnen vorbeiziehen", gab Trainer Rainer Adrion als Devise aus. Nach den Absagen von Reus, Hummels, Großkreutz und Sven Bender musste er personell umdenken. Von den Nachnominierten Sukuta-Pasu, Moritz und Holtby stand aber keiner in der Startelf, die von Schalkes Höwedes aufs Feld geführt wurde.
Das deutsche Team erwischte einen guten Start: Bastians flankte von links in die Mitte, wo Josefsson Gebhart zu viel Platz ließ. Der Stuttgarter köpfte unbedrängt zum 1:0 ein (10.). Die kalte Dusche ließ allerdings nur drei Minuten auf sich warten. Nach einem Fehler von Badstuber gelangte der Ball über Bjarnason zu Sigthorsson, der von Höwedes nicht entschieden genug attackiert wurde und zum 1:1 einschoss (13.).
Der schnelle Ausgleich brachte den Europameister sichtlich aus dem Konzept. Gegen die nun besser sortierten Isländer, die früh störten und selbst immer wieder frech nach vorne spielten, tat sich das deutsche Team schwer. Der Spielfluss kam den Adrion-Schützlingen völlig abhanden. Außer einem Volleyschuss von Schürrle (34.), ein Zufallsprodukt nach einem langem Ball in die Spitze, brachten die Gastgeber bis zur Pause nicht mehr viel zustande.
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Nach dem Seitenwechsel war endlich wieder mehr Zug im Spiel der deutschen Mannschaft, bei der Sukuta-Pasu nun Schürrle ersetzte. Die Isländer gerieten zunehmend unter Druck und es dauerte nicht lange, bis sich das erhöhte Tempo auszahlte: Nach Gebharts abgeblocktem Schussversuch fiel der Ball Schieber vor die Füße, der den Ball aus acht Metern mit links unter die Latte drosch (50.).
Auch wenn der anfängliche Schwung nach etwa einer Stunde wieder nachließ, hatte das deutsche Team die Partie nun im Griff, schaffte es jedoch trotz guter Möglichkeiten (Sukuta-Pasu, Sam) nicht, das vorentscheidende dritte Tor zu erzielen. Das sollte sich wie so oft bitter rächen: Ein erster Warnschuss war die Chance von Eyjolfsson, der den Ball frei vor Ulreich über das Tor hob (73.). Vier Minuten später schlief die deutsche Abwehr jedoch erneut: Sigthorsson legte mit der Hacke auf für Vidarsson, dessen Schuss vom linken Innenpfosten ins Tor sprang - 2:2!
Der deutschen Mannschaft lief die Zeit davon. Die Schlussminuten waren dann an Dramatik kaum zu überbieten. Nach einem schönen Pass von Holtby säbelte der herausstürzende Björnsson drüber, Gebhart hatte nur noch das leere Tor vor sich und wollte nach seinem Schuss schon mit dem Jubeln anfangen. Da hatte er die Rechnung jedoch ohne den zurückeilenden Eyjolfsson gemacht, der den Ball noch an den Innenpfosten grätschte!
In der dritten Minute der Nachspielzeit war es wieder Gebhart, der den Ball am zweiten Pfosten mit der Fußspitze über Björnsson hob. Das erlösende 3:2? Nein, denn Kapitän Vidarsson rettete in artistischer Manier auf der Linie und rettete seinem Team damit das Unentschieden.
"Wir sind wahnsinnig enttäuscht, dass wir nicht gewonnen haben", sagte Adrion: "Am Ende haben uns die Durchschlagskraft und Kaltschnäuzigkeit gefehlt. Aber wir kämpfen weiter um die EM-Quali." Die Europameisterschaft 2011 in Dänemark findet aber so gut wie sicher ohne Titelverteidiger Deutschland statt. Die Adrion-Elf liegt bei noch drei ausstehenden Spielen fünf Punkte hinter den zweitplatzierten Isländern, die schon ein Spiel mehr absolviert haben. Am 11. August stehen sich beide Teams in Island erneut gegenüber. Nur die zehn Gruppensieger und die vier besten Gruppenzweiten qualifizieren sich für die Play-offs.