Nationalelf

Ballack ergreift Position für Frings - Löw "verwundert und enttäuscht"

Kapitän kritisiert Personalpolitik

Ballack ergreift Position für Frings - Löw "verwundert und enttäuscht"

Michael Ballack und Torsten Frings

Verdiente Nationalspieler: Michael Ballack stärkt Torsten Frings den Rücken. imago

Der Bundestrainer wies die von Ballack geäußerte Kritik an seiner Personalpolitik umgehend zurück. "Von den Aussagen von Michael Ballack bin ich total überrascht. Dass er nun über die Medien solche kritischen Töne äußert, verwundert und enttäuscht mich", sagte Löw in einer vom DFB am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme. "Als Kapitän ist er ein wichtiger Ansprechpartner für mich und daran wird sich auch nichts ändern. Aber die Aufstellung und die Personalpolitik ist in letzter Konsequenz die Entscheidung von mir und meinem Trainerteam. Für uns bleibt es unstrittig, dass wir wie bisher vom Leistungsprinzip und damit dem Konkurrenzkampf innerhalb des Kaders nicht abrücken werden."

Zu gewissen Aussagen im Interview von Michael Ballack wolle Löw sich im Detail nicht äußern. Grundsätzlich sei aber klar: "Wir behandeln alle Nationalspieler - ob jünger oder älter - mit dem notwendigen Respekt." Ummut über Ballacks öffentliche Kritik äußerte auch der DFB-Präsident: "Unsere Nationalmannschaft hat jetzt zwei erfolgreiche WM-Qualifikationsspiele bestritten und dabei besonders gegen Russland eine starke Leistung gezeigt. Das ist der Erfolg des gesamten Teams und des Trainerstabs. Wenn man glaubt, was in Zukunft noch besser machen zu können, empfehle ich allen, sich mit dem Bundestrainer auszutauschen und nicht über die Medien mit ihm zu reden", erklärte Theo Zwanziger.

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Ballack hatte Frings im Interview mit der "FAZ" zuvor den Rücken gestärkt: "Vielleicht befindet sich Torsten aktuell nicht in Topform, aber er spielt immer noch auf einem sehr hohen Niveau. Dieses Faktum kann niemand wegdiskutieren. Ich habe deshalb ein ungutes Gefühl, dass er diesen Konkurrenzkampf nicht gewinnen kann", sagte Ballack. Er wisse nicht, ob der Bundestrainer Frings schon abgeschrieben habe, "aber wenn man einen nicht mehr will, sollte man das ehrlich ansprechen", befand der 32-Jährige.

"Respekt und Loyalität ist doch das Wenigste, was man als verdienter Nationalspieler erwarten kann. Ich denke da auch an den einen oder anderen Fall aus der Vergangenheit - zum Beispiel Oliver Kahn. Es war ein Konkurrenzkampf mit Jens Lehmann ausgegeben worden, den er in meinen Augen nie gewinnen konnte. Oder bei Christian Wörns, der im Gegensatz zu Christoph Metzelder im selben Verein spielte und nicht auf der Bank saß", sagte Ballack. Er frage sich deshalb, ob es in der Vergangenheit in der Nationalelf Fälle gegeben habe, bei denen das Leistungsprinzip nicht angewendet worden sei.

Respekt und Loyalität ist das Wenigste, was man als verdienter Nationalspieler erwarten kann.

Michael Ballack, Kapitän der deutschen Nationalelf

Ballack kritisierte, dass gestandene Leistungsträger wie Frings, Miroslav Klose und auch er nach einer erfolgreichen EM "plötzlich in Frage gestellt und öffentlich angegriffen werden." Dabei denke er vor allem an Frings: "Er war und ist Stammspieler, einer, der im Verein regelmäßig auf hohem Niveau spielt und dies vor allem auch in der Champions League zeigt." Der DFB-Kapitän hofft, Frings werde nicht zu einer "Entscheidung verleitet, die Torsten und viele andere später bereuen werden." Zu Frings' Rücktrittsgedanken sagte Ballack: "Schlimm genug, dass es so weit gekommen ist. Torsten hat die Zeit erkannt. Er ist ein erfahrener Spieler und spürt genau, was um ihn herum geschieht."

Er hat in wichtigen Spielen für den Klub und für die Nationalmannschaft bewiesen, dass er Tore machen kann. Wo kommen wir denn hin, wenn das nicht mehr zählt?

Michael Ballack versteht Kuranyis Frust

Das Verschwinden Kevin Kuranyis aus dem Stadion während des Russland-Spiels bezeichnete Ballack als "nicht akzeptabel". Dennoch könne er den Frust des Schalkers gut verstehen. "Er sah doch, dass es für ihn schwer wird, obwohl er Jahr für Jahr Champions League spielt und seit Jahren Stammspieler bei einem Bundesliga-Spitzenklub ist. Er hat in wichtigen Spielen für den Klub und für die Nationalmannschaft bewiesen, dass er Tore machen kann. Wo kommen wir denn hin, wenn das nicht mehr zählt?", meinte Ballack.

Wir dürfen das Spiel nicht zu weit treiben.

Michael Ballack zum Konkurrenzkampf in der Nationalelf

Als Kritik am von Löw ausgerufenen Konkurrenzkampf will Ballack seine Position nicht verstanden wissen. "Es geht hier nicht um Erbhöfe, sondern einzig und allein um die Leistungen, wobei man da auch unterscheiden muss, wann und wo diese Leistungen erbracht werden." Es sei völlig in Ordnung, wenn der Bundestrainer junge Spieler auffordere, mehr Druck zu machen. "Aber wir dürfen das Spiel nicht zu weit treiben", warnte Ballack. Der WM-Titel in Südafrika 2010 sei möglich, aber nur mit einer intakten Hierarchie.

Irritiert zeigte sich Ballack allerdings darüber, dass Löw sich nach seiner Operation an beiden Füßen nicht gemeldet habe: "Das überrascht mich schon, weil es in der Vergangenheit bisher immer anders war." Trotz der langen Pause in der WM-Qualifikation bis März 2009 dürfte es in der deutschen Nationalmannschaft in den kommenden Wochen nicht langweilig werden.