Aus dem VfB-Trainingslager berichtet Martin Messerer
Er ist eine imposante Erscheinung. 1,90 Meter groß, dynamisch, schnell und auf dem Platz einfach präsent. Antonio Rüdiger (21) ist als Innenverteidiger beim VfB Stuttgart gesetzt. So war es jedenfalls in der schwierigen vergangenen Saison. Drei Trainer brauchten die Schwaben bis zum Klassenerhalt. Doch egal ob Bruno Labbadia, Thomas Schneider oder Huub Stevens die Kommandos gaben, Rüdiger spielte immer - wenn er nicht gerade wegen einer Roten Karte fehlte. Wie am 1. Spieltag in Mainz oder nach der Partie in Hamburg. Drei Spiele Sperre musste er nach dem dort erhaltenen Platzverweis absitzen.
Dass er sich noch besser beherrschen muss, hat er sich nun für die neue Saison vorgenommen. "Mit einer Roten Karte schießt man sich ins Abseits", sagt er, deshalb will er unbedachte Fouls unterlassen. Aber er sagt auch: "Mir ist egal, ob ich auf dem Platz ein Stinkstiefel bin. Das werde ich nicht verändern." Aggressivität und Einsatz will er beibehalten, doch Ellbogenschläge oder Fußtritte abstellen.
Bobic sagte Porto ab
Dass er auf der Fußballbühne geschätzt wird, zeigten die Länderspielnominierung vor der WM gegen Polen und diverse Angebote, die kürzlich auf dem Schreibtisch von VfB-Sportvorstand Fredi Bobic landeten. Das interessanteste war wohl vom Champions-League-Qualifikanten FC Porto. Doch Bobics Reaktion war unmissverständlich: Rüdiger wurde als "unverkäuflich" deklariert.
"Das hat mich gefreut und war eine große Ehre für mich", bekennt sich der Sohn eines deutschen Vaters und einer Mutter, die aus Sierra Leone stammt, zum VfB. Bis 2017 läuft sein Vertrag. Ob er mit seinem aktuellen Verein bis dahin sein Ziel erreicht, ist mehr als fraglich. Denn Rüdiger drängt es "in die Champions League", das ist zwar auch für die Schwaben immer ein Reizwort, aber gerade nach den letzten beiden Jahren scheint die Königsklasse nicht gerade das allererste Ziel des VfB sein zu können.
Neben der Beherrschung fordert sein neuer Trainer Armin Veh vor allem zwei Dinge ein. Rüdiger soll öfter mal mit dem Ball antreten. Diese Tempoläufe, die er auch auf dem Platz des SK Hippach immer wieder ansetzt, erinnern ein wenig an Lucio (früher Leverkusen und FC Bayern). "Bei Lucio brachte das immer Gefahr für den Gegner", erinnert sich Rüdiger an den Brasilianer, der in dieser Hinsicht als Vorbild taugt. Und aktuell arbeitet Rüdiger auch an seinem Offensivkopfball. Jetzt, da mit Maxim und Didavi zwei Frei- und Eckstoßspezialisten im Kader stehen, könnte sich die eine oder andere Möglichkeit auftun.
Auch wenn Rüdiger relativ bescheiden sagt, dass sich "ein junger Spieler nie zu sicher sein soll", ist er auch bei Veh gesetzt. Zwar suchen die Stuttgarter noch einen erfahrenen Innenverteidiger, aber nicht für, sondern neben Rüdiger.
Rüdiger trauert Traoré nach - und freut sich auf den ersten Spieltag
Besondere Vorfreude packt ihn, wenn er ans erste Bundesligaspiel denkt. Denn das führt ihn und den VfB nach Mönchengladbach. Dort spielt inzwischen Ex-Kollege Ibrahima Traoré. Zwei dicke Freunde, die auch derzeit nahezu täglich telefonieren. "Ich hätte ihn gerne noch hier. Er ist ein sehr, sehr guter Spieler", trauert Rüdiger dem Abgang hinterher. Obwohl Traoré mehr über die Seite kommt, "werden wir schon das eine oder andere Mal aufeinandertreffen. Gladbach spielt sehr variabel." Der kleine, wieselflinke Traoré gegen den großen, schlaksigen Rüdiger - dies könnte eines der interessantesten Duelle des ersten Spieltags werden.