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Reinhard Grindel tritt mit sofortiger Wirkung als DFB-Präsident zurück

Koch und Rauball übernehmen interimsmäßig

Grindel tritt mit sofortiger Wirkung als DFB-Präsident zurück

Eine Verfehlung zu viel: Reinhard Grindel.

Eine Verfehlung zu viel: Reinhard Grindel. imago

Bereits am Montagabend hatte Grindel bei der Einweihung der Hall of Fame des deutschen Fußballs die Seitentür genommen, um unangenehmen Fragen aus dem Weg zu gehen . Gehetzt und sichtlich bedrückt brachte der Verbandschef die glanzvolle Eröffnung der Ruhmeshalle des deutschen Fußballs in Dortmund hinter sich.

Tags darauf zog er die Konsequenzen aus den Diskussionen. Wie der DFB inzwischen bestätigte, hat der 57-Jährige das Präsidium "heute im Rahmen einer Telefonkonferenz darüber informiert, dass er mit sofortiger Wirkung von seinem Amt als DFB-Präsident zurücktritt".

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Grindels Missgeschicke häuften sich zuletzt. In der heiklen Causa um die Fotos von Mesut Özil und Ilkay Gündogan mit dem umstrittenen türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan hatte er eine klare Linie vermissen lassen. Grindel musste sich vorwerfen lassen, er habe allein Özil zum Schuldigen für das WM-Scheitern gemacht.

Grindels Verfehlungen häuften sich immer mehr

Zuvor hatte es bereits Kritik wegen einer übereilten Vertragsverlängerung mit Bundestrainer Joachim Löw gegeben. Unglücklich wirkte Grindel auch, als er den Umgang von Löw mit der abrupten Ausmusterung der Weltmeister Thomas Müller, Mats Hummels und Jerome Boateng monierte - und dann schnell zurückrudern musste.

Auch wenn der Rücktritt richtig war, muss die Frage gestellt werden, warum keiner der letzten DFB-Präsidenten regulär aus dem Amt geschieden ist.

Andreas Rettig, Geschäftsführer FC St. Pauli

Hinzu kamen vergangene Woche Berichte über der Öffentlichkeit und angeblich auch Teilen des DFB-Präsidiums verschwiegene Zusatzeinnahmen in Höhe von 78.000 Euro. Zu Wochenbeginn gab es Schlagzeilen über eine geschenkte Luxusuhr aus fragwürdiger Quelle. Das Entscheidende dabei: Jemand aus Grindels unmittelbarem Umfeld streute seit Wochen die Informationen, um den DFB-Präsidenten in die Ecke zu treiben.

Der gesamte DFB ist erneut erheblich beschädigt. Von einer Erneuerung ist der größte Sportfachverband der Welt in seinem aktuellen Zustand und mit seiner Außendarstellung weit entfernt. "Auch wenn der Rücktritt richtig war, muss die Frage gestellt werden, warum keiner der letzten DFB-Präsidenten regulär aus dem Amt geschieden ist", sagte Andreas Rettig (Geschäftsführer FC St. Pauli). "Hier sollten mal die Strukturen auf dem Prüfstand gestellt werden."

Wer folgt auf Grindel? Koch und Rauball übernehmen vorerst

Bis zum Bundestag des DFB im kommenden September werden die beiden Vizepräsidenten Dr. Rainer Koch und Dr. Reinhard Rauball die Führung interimsmäßig übernehmen. "Unser Ziel ist es jetzt einen gemeinsamen Kandidaten von DFB und DFL außerhalb des Präsidiums zu finden, der die Anliegen des Amateurfußballs ebenso im Blick hat wie den Spitzenfußball", sagte Koch in einem kurzen Statement.

Philipp Lahm hatte bereits mitgeteilt, dass er keine Ambitionen auf das Amt hege. Ein geeigneter Kandidat muss jedenfalls Amateure (DFB) und Profis (DFL) wieder auf einen gemeinsamen Nenner bringen, um die Führungskrise nicht weiter ausarten zu lassen. Auch auf Christoph Metzelder würde das Profil zutreffen, allerdings ist er als Sportdirektor des FC Schalke 04 im Gespräch. Auch der derzeitige Generalsekretär des DFB, Dr. Friedrich Curtius, könnte bei der Neubesetzung eine Rolle spielen.

"Mit Respekt und Verständnis nehme ich den Rücktritt von Reinhard Grindel zur Kenntnis", wird Rauball im DFB-Statement zitiert. "Der Druck auf seine Person ist in den vergangenen Wochen auf unterschiedlichen Ebenen permanent gestiegen. Es ist daher im Sinne des deutschen Fußballs und seiner Handlungsfähigkeit, den Weg für einen personellen, aber auch strukturellen Neuanfang innerhalb des DFB freizumachen. Nicht nur sportlich, sondern auch mit Blick auf die Positionierung in der Gesellschaft steht der DFB vor enormen Herausforderungen. Diese Herausforderungen gilt es, mit großer Ernsthaftigkeit, Empathie und Gestaltungswillen anzugehen. Ziel muss es dabei sein, jenseits von Einzelinteressen immer nach den besten Lösungen für den deutschen Fußball zu streben."

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tru/mkr