Nationalelf

Özil: Rücktritt mit Knalleffekt

Harte Vorwürfe gegen DFB, Medien und Sponsoren

Özil: Rücktritt mit Knalleffekt

Mesut Özil erklärte am Sonntag seinen Rücktritt aus der deutschen Nationalmannschaft.

Mesut Özil erklärte am Sonntag seinen Rücktritt aus der deutschen Nationalmannschaft. picture alliance

Natürlich verfasst Mesut Özil seine Beiträge in den sozialen Netzwerken nicht allesamt selbst. Der ganze Vorgang ist offenbar in Absprache mit seinem Berater Dr. Erkut Sögüt erfolgt. Eine öffentliche Erklärung hatte sich DFB-Präsident Reinhard Grindel vor zwei Wochen gewünscht - und bekam eine, die doch alle Wünsche offenlässt, weil er massiv wie kein anderer angegriffen wird: "Für Grindel war ich Deutscher, wenn wir gewonnen haben, und ein Migrant, wenn wir verloren haben."

Für Grindel war ich Deutscher, wenn wir gewonnen haben, und ein Migrant, wenn wir verloren haben.

Mesut Özil
Spielersteckbrief Özil
Özil

Özil Mesut

Der gebürtige Gelsenkirchener hatte rund zwei Stunden nach Teil eins die Fortsetzung folgen lassen, Teil drei kam dann pünktlich zur Tagesschau und klingt nach wie ein Donnerhall. Er verzichtet in seinen Statements nicht nur darauf, Fehler einzuräumen, er prangert für den Umgang mit dem umstrittenen Erdogan-Foto etliche einstige Wegbegleiter an. "Ich bin mir bewusst, dass das gemeinsame Bild eine große Resonanz in den deutschen Medien hervorgerufen hat. Für mich hatte es nichts mit Politik oder Wahlen zu tun – es bedeutete für mich eine Frage des Respekts vor dem höchsten Amt im Land meiner Familie." Respekt ist ein ganz zentraler Punkt in Özils Ausführungen. "Obwohl die deutsche Medienlandschaft etwas Gegenteiliges dargestellt hat: Die Wahrheit ist, dass eine Absage des Treffens mit dem Präsidenten eine Respektlosigkeit für alle meine Vorfahren gewesen wäre." Zum Ende des ersten Teils folgt ein ganz entscheidender Satz: "Wie auch immer das Ergebnis der letzten Wahl oder der Wahl davor gewesen wäre – ich hätte immer noch das Foto gemacht."

Özil feuert Breitseite gegen den DFB, Medien und Sponsoren

Fehlte in Teil eins die seitens des DFB erhoffte öffentliche Reue, folgte im zweiten Teil dann der Rundumschlag: gegen die Medien, den DFB und die Sponsoren. Ohne "Mercedes" zu nennen, feuerte Özil eine Breitseite, die nur gegen den DFB-Partner gehen konnte: "Der DFB-Sponsor nahm mich nach meinem Foto mit Präsident Erdogan aus der Kampagne heraus und sagte alle geplanten Werbeaktivitäten mit mir ab. Für sie war es nicht länger von Vorteil, mit mir gesehen zu werden und sie nannten es Krisenmanagement. Das ist deswegen ironisch, weil ein deutsches Ministerium ihre Produkte als illegal bezeichnet hat und ihre Software als illegal und unautorisiert, was ihre Kunden einem Risiko aussetzen würde. Hunderttausende Produkte werden zurückgerufen. Während ich vom DFB kritisiert wurde und meine Handlungen rechtfertigen sollte, wurde keine offizielle und öffentliche Stellungnahme von dem DFB-Sponsor eingefordert. Warum? Liege ich richtig, dass dies schlimmer ist als ein Foto mit dem Präsidenten des Landes meiner Eltern? Was sagt der DFB zu alldem?"

Mit schwerem Herzen und nach langer Überlegung werde ich nach den jüngsten Ereignissen nicht mehr für Deutschland spielen, solange ich dieses Gefühl von Rassismus und Respektlosigkeit verspüre.

Mesut Özil

Özil stellte Fragen, die nur eine Antwort zuließen. Der Bambi-Preisträger für Integration von 2010 strebt nicht mehr an, im Nationalteam wieder eingegliedert zu werden und machte dies um kurz nach 20 Uhr auch öffentlich, verbunden mit schweren Rassismus-Vorwürfen und einer Generalabrechnung mit dem DFB-Präsidenten: "Ich bin von Grindel enttäuscht, aber nicht überrascht. Ich fühlte mich ungewollt. Mit schwerem Herzen und nach langer Überlegung werde ich nach den jüngsten Ereignissen nicht mehr für Deutschland spielen, solange ich dieses Gefühl von Rassismus und Respektlosigkeit verspüre."

Sebastian Wolff

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