Nationalelf

DFB-Präsident Reinhard Grindel zur Erdogan-Affäre: 2014 wurde die Vielfalt der Mannschaft angenommen

DFB-Präsident zur "Erdogan-Affäre"

Grindel: 2014 wurde die Vielfalt der Mannschaft angenommen

Im Kreuzfeuer: Mesut Özil und Ilkay Gündogan.

Im Kreuzfeuer: Mesut Özil und Ilkay Gündogan. imago

Wenige Wochen vor der WM - und generell - als deutscher Nationalspieler ein Foto mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan zu teilen und auf ein Trikot "mit großem Respekt für meinen Präsidenten" zu schreiben, war keine Aktion, die in Deutschland gut ankam. Das haben Mesut Özil und Ilkay Gündogan inzwischen deutlich erfahren.

Das Problem daran war auch, wie der DFB mit der Thematik umgegangen ist - sie wurde schlichtweg unterschätzt. Das inszenierte Gegentreffen mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier besänftigte die Gemüter keineswegs. Bei der WM-Generalprobe gegen Saudi-Arabien (2:1), die Özil wegen Knieproblemen verpasste, wurde Gündogan bei seiner Einwechslung und jedem folgenden Ballkontakt gnadenlos ausgepfiffen. Später teilte er ein Foto von sich und schrieb dazu, er sei "immer noch stolz, für dieses Land zu spielen".

Spielersteckbrief Özil
Özil

Özil Mesut

Spielersteckbrief Gündogan
Gündogan

Gündogan Ilkay

Er habe "alles gemacht", befand DFB-Präsident Reinhard Grindel am Mittwoch, "was man zur Einordnung tun kann. Er hat sich sofort und umfassend geäußert. Klargestellt, Fehler eingeräumt, dieses Gespräch beim Bundespräsidenten geführt. Trotzdem ist er ausgepfiffen worden".

Ich sage ihnen, da muss es etwas geben, was von den Ursachen her wesentlich tiefer liegt.

Grindel sieht das Problem nicht beim DFB

Grindel ist sich sicher, dass das Problem nicht nur bei den beiden liegt, sondern vielmehr an der generellen Integrationspolitik in Deutschland. "Ich sage ihnen, da muss es etwas geben, was von den Ursachen her wesentlich tiefer liegt - das geht über die beiden Spieler hinaus. Wir müssen einsehen, dass wir 2014 eine andere, eine überaus positive Einstellung zur Integration hatten. Da wurden wenige Probleme gesehen; die Vielfalt, die unsere Mannschaft ja ausgestrahlt hat, wurde angenommen."

Jetzt, vor dem Hintergrund der Flüchtlings-Debatte in und um die Bundesrepublik, "hat sich etwas verändert. Die Menschen sehen Probleme und sie erwarten deswegen Klarheit. Insbesondere auch in Bekenntnis zu Werten und auch eben zu unserem Land."

Grindel sieht die Fehler nicht beim Verband

Dass Gündogan und Özil durch die Fotos mit dem türkischen Präsidenten das Gegenteil bewirkt haben, scheint auch Grindel aufgefallen zu sein: "Was stimmen muss, ist das klare Bekenntnis zu den Werten, für die unser Land und auch der DFB steht. Und natürlich auch diese Mannschaft." Deswegen, so schätzt es der 56-Jährige ein, sei sich der DFB in seinen Handlungen keiner Schuld bewusst: "Als DFB haben wir ganz klare Position bezogen."

Wie kann es angesichts der bevorstehenden Weltmeisterschaft aber weitergehen, wenn zwei keinesfalls unwichtige Spieler derartige Störgeräusche umschwirren? Unklar, vor allem da Özil im Gegensatz zu seinem Kollegen noch kein Wort über den "Vorfall" verloren hat. "Die relativ einfache Antwort wäre: Wenn Mesut Özil sich besser geäußert hätte, wäre das alles vorbei... Das Beispiel von Ilkay Gündogan zeigt, dass das nicht unbedingt so sein muss."

Grindel "will betonen, dass wir es hier - wie so häufig - mit einem gesamtgesellschaftlichen Problem zu tun haben. Ein Problem, das, weil wir im Fußball Spiegelbild der Gesellschaft sind, auch uns trifft. Wir, Joachim Löw, Oliver Bierhoff, Friedrich Curtius und ich, haben mehrfach die Lage besprochen und sie können davon ausgehen, dass wir alle Alternativen, was man denn so tun kann, auch besprochen haben. Sie werden feststellen, dass es im Alternativverhalten, was dann vielleicht zu einem besseren Krisenmanagement führt, gar nicht so viele andere überzeugende Wege gibt."

Grindels Vorschlag: "Wenn schon nicht in Interviews, dann auf dem Platz"

Grindels Lösung: "Jetzt sollten wir uns wieder darauf beziehen, dass der Fußball auch eine Integrationskraft hat. Dass wir zusammenhalten, dass wir zusammen jetzt das tun, was glaube ich eine richtige Antwort ist. Dass jeder sich für Deutschland einsetzt; mit allem, was er hat. Wenn er schon in Interviews keine Antwort geben will, dann aber auf dem Platz."

Er wisse von Özil und Gündogan, dass sie dazu bereit seien. "Und deshalb verdienen sie die Unterstützung unserer Fans. Ich gehe davon aus, dass die Einstellung der Fans am Sonntag", wenn der Weltmeister die Gruppe F gegen Mexiko eröffnet (17 Uhr, LIVE! bei kicker.de), "überragend sein wird - dass sie alles dafür tun, der Mannschaft den Rücken zu stärken."

mkr