Nationalelf

Leere Plätze bei der deutschen Nationalelf: Manager Oliver Bierhoff warnt vor Übersättigung

"Irgendwann knallt es"

Leere Plätze: Bierhoff warnt vor Übersättigung

Leere Plätze: Nicht mal die Kölner Fans konnten beim Test gegen England alle Lücken in Dortmund füllen.

Leere Plätze: Nicht mal die Kölner Fans konnten beim Test gegen England alle Lücken in Dortmund füllen. imago

Auf satte 30.000 schätzte Lukas Podolski am Mittwochabend nach seinem Abschiedsspiel den Anteil der Kölner Fans auf den Rängen . Die Zahl mag ein wenig dem Überschwang, dem Ohrwurm "Ich bin nur 'ne Kölsche Jung" geschuldet gewesen sein, und doch stellte sich die Frage: Wie hätte es in Dortmunds Stadion wohl ausgesehen, wenn nicht zufällig einer der beliebtesten Nationalspieler überhaupt verabschiedet worden wäre?

Mit 60.109 Zuschauern war der Signal-Iduna-Park trotz der Fanschwemme aus Köln nicht ausverkauft. Ohne Podolski wäre es vermutlich ein ganz schön trostloser Test gegen England geworden, die Fortsetzung eines Trends: Nur in zwei der letzten sieben Heimspiele der deutschen Nationalmannschaft waren alle Tickets vergriffen. Beim DFB macht man sich längst Gedanken - in einem größeren Zusammenhang allerdings.

"Volle Stadien sind keine Selbstläufer"

"Ich mache mir schon ein bisschen Sorgen um den Fußball, weil man merkt, dass immer mehr starke Player da sind, und immer mehr ausschließlich nur an die Profitmaximierung denken. Darin besteht ein Risiko, irgendwann knallt es dann mal", prophezeit Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Man spüre Anzeichen einer Übersättigung.

"Wir waren von 2005 bis 2014 eigentlich immer ausverkauft bei Heimspielen, jetzt sehen wir, dass volle Stadien keine Selbstläufer sind", sagt er. Offenbar sind viele Fans nicht mehr bereit, Preise zwischen 25 und 100 Euro für eine sportlich wertlose Partie wie jene gegen England (1:0) zu bezahlen. Beim nächsten Heimspiel, dem WM-Qualifikationsspiel gegen San Marino in Nürnberg am 10. Juni, drohen erneut leere Plätze, nicht ermäßigte Tickets kosten zwischen 25 und 80 Euro.

Ein Bankvorstand sagte ihm: "Fühlt sich an wie das Investmentbanking 2005"

"Die Merchandising-Erlöse stagnieren oder sinken, nicht nur bei der Nationalmannschaft", sagt Bierhoff. "Sie sind immer noch auf einem hohen Niveau, aber sie gehen zurück. Ich spüre auch, wenn ich mit Sponsoren spreche, da wird nicht mehr blind hinter dem Fußball hergerannt." Man dürfe die Unterstützung der Fans nicht für selbstverständlich halten.

Er habe "kürzlich mit einem Bankvorstand gesprochen", erzählt Bierhoff. "Der sagte, das fühlt sich ein bisschen so an wie das Investmentbanking 2005. Jeder marschiert, schaut, wo geht noch ein bisschen mehr rauszuholen, was können wir machen, um es noch größer und bedeutender zu machen", berichtet Bierhoff. Darunter leide "am Ende die Entwicklung und Qualität des Fußballs".

Bierhoff schlägt Verknappung vor - siehe NFL

Ein Beispiel: die Nationenliga, die 2018 für die Nationalteams in Europa kommt . "So richtig habe ich den Nutzen auch noch nicht verstanden, zumindest nicht aus der Sicht der großen Fußball-Nationen", kritisiert Bierhoff. "Man hat am Ende das Gefühl, die UEFA muss nochmal Geld erwirtschaften und macht deshalb den Wettbewerb."

Aus seiner Sicht schlägt sie damit genau den falschen Weg ein - er bringt stattdessen eine Reduzierung der Klubs in den Top-Ligen ins Gespräch. "Die englische, spanische, deutsche oder italienische Liga könnten auch entscheiden, das Feld jeweils auf 16 Mannschaften zu reduzieren. Und jeder einzelne Verein muss überlegen, ob er noch den dritten Sponsorencup spielen muss", so Bierhoff. In der - höchst lukrativen - NFL gebe es beispielsweise auch nur 17 Spieltage in der regulären Saison.

jpe

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