Junioren

Kommentar: Bittere Bestätigung der Alarmsignale

kicker-Redakteur Carsten Schröter-Lorenz zum DFB-Nachwuchs

Kommentar: Bittere Bestätigung der Alarmsignale

"Unser System ist in die Jahre gekommen": Junioren-Cheftrainer Meikel Schönweitz hat zumindest die Schwachstellen erkannt.

"Unser System ist in die Jahre gekommen": Junioren-Cheftrainer Meikel Schönweitz hat zumindest die Schwachstellen erkannt. imago

Die deutsche U-19-Auswahl hat die EM-Endrunde mit acht Nationen verpasst – zum zweiten Mal in Folge. Und bei den zwei Jahre Jüngeren sieht es nur leicht besser aus: Die U 17 belegte ebenfalls den zweiten Platz in der Qualifikationsgruppe, kann anders als die U 19 aber noch darauf hoffen, als einer von sieben besten der acht Gruppenzweiten zur Endrunde zugelassen zu werden, die allerdings auch doppelt so viele Teilnehmer umfasst wie beim Jahrgang 2000.

2000 ist ein gutes Stichwort. Im Jahr, als die aktuellen U-19-Akteure geboren wurden, erlebte die A-Nationalmannschaft um Bundestrainer Erich Ribbeck ihr EM-Debakel in Holland und Belgien. Als Mittel gegen die Krise wurden bald darauf die erfolgreichen Nachwuchsleistungszentren der Klubs etabliert – die Basis einiger Erfolge, nicht zuletzt des WM-Triumphs von 2014.

Schönweitz schon im November: "Wir müssen etwas verbessern"

Doch schon 2018 sah die Welt aus DFB-Sicht bedeutend schlechter aus. Schon vor dem historischen WM-Knockout hatte die U 19 nach einem 2:5 gegen Norwegen die EM-Endrunde und damit auch die U-20-WM im Mai 2019 verpasst. Die U 17 war nach einem 1:5 gegen Spanien in der Vorrunde des EM-Turniers ausgeschieden. Meikel Schönweitz, aktuell Cheftrainer der U-Nationalteams, räumte daraufhin im November 2018 im kicker-Interview ein: "Wir müssen etwas verbessern. Andere Nationen überholen uns, weil unser System in die Jahre gekommen ist."

Auch andere, wie zuletzt Rudi Völler, hoben mit Blick auf die Jahrgänge unterhalb des aktuellen A-Teams mahnend den Zeigefinger. Alle Alarmsignale erfuhren nun eine bittere Bestätigung. Wichtiger als reine Ergebnisse ist zwar die Entwicklung von künftigen A-Nationalspielern. Dass es inzwischen, wie von vielen Experten längst festgestellt, pro Jahrgang weniger Toptalente gibt, die Spiele entscheiden können, wurde jedoch ebenso einmal mehr deutlich.

Zugegeben, eine Systemkorrektur braucht Zeit. Aber Schönweitz dachte bei den Überholenden an Top-Nationen wie Frankreich und England - nicht an Norwegen. Dennoch ist es zum zweiten Mal binnen eines Jahres der Fußball-Nachwuchs des skandinavischen Landes mit seinen gut fünf Millionen Einwohnern, der der deutschen U-19-Auswahl die EM-Teilnahme verwehrt. Diesmal fiel die Niederlage nicht so drastisch aus, ein 1:0 reichte den Nordmännern gegen Guido Streichsbiers Auswahl.

Im U-19-Bereich ist Norwegen, dessen A-Nationalteam letztmals eben im Jahre 2000 an einem großen Turnier teilgenommen hat, also erfolgreicher als Deutschland. Das ist schwach und kann nicht der Anspruch des DFB sein, des größten Sportfachverbandes der Welt. Da hilft auch kein Klagen über mangelhafte Chancenverwertung, das im Einzelfall nachvollziehbar sein mag.

U 17 kann mit einem blauen Auge davonkommen

Auch die U 17 lieferte alles andere als eine Glanzleistung ab. Die Gegner: keine Fußball-Größen. 1:1 gegen Weißrussland, 3:3 gegen Island, das als Gruppensieger die EM-Teilnahme sicher hat, und 1:0 gegen Slowenien lauten die Ergebnisse. Das Team von Trainer Michael Feichtenbeiner kann jedoch noch mit einem blauen Auge davonkommen.

kicker-Redakteur Carsten Schröter-Lorenz

kicker-Redakteur Carsten Schröter-Lorenz kicker

Die positive Nachricht: Im Hintergrund laufen die Vorbereitungen für die dringend benötigte Systemkorrektur auf Hochtouren. Viele Klub-Vertreter bescheinigen Schönweitz und seinen Mitstreitern, die Probleme und wichtigen Themen erkannt zu haben. Nun ist es am DFB, möglichst schnell eine entsprechende Umsetzung zu bewerkstelligen. Wie lange es dauern wird? Noch nicht absehbar. Zunächst ist eher mit weiteren Nackenschlägen im Junioren-Bereich zu rechnen.