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Sieben peilen den Meistertitel an

ITALIEN: 1,3 Milliarden für neue Stars

Sieben peilen den Meistertitel an

Von den großen europäischen Fußball-Ländern startet Italien am kommenden Wochenende als letzte Liga in die neue Saison. Für die Millionen Tifosi zwischen Udine, Mailand, Turin, Rom und Bari aber ist ihre heißgeliebte Serie A immer noch die schönste, interessanteste, teuerste und beste Liga der Welt. Die nackten Fakten geben ihnen recht. Seit mehr als einem Jahrzehnt führt Italien mit einer Ausnahme die Europa-Rangliste an und hat in diesem Zeitraum auch die meisten internationalen Klub-Trophäen gewonnen.

Gewiss, in Spanien und Frankreich wird der Fußball wohl technisch gepflegter und attraktiver präsentiert und in Deutschland und England athletischer und schneller. Die Italiener aber haben offenkundig die effektivste Mischung aus Technik, Taktik, Tempo und den individuellen Tugenden von Top-Stars gefunden und sind deshalb zu Recht die Nummer eins.

Englands Premier-League ist zwar inzwischen dank des geschickten Marketings und vor allem wegen der Umwandlung vieler Klubs in börsennotierte Aktien-Gesellschaften umsatzstärker. Dennoch hat die Serie A mit 1,3 Milliarden Mark mehr Geld in neue Spieler investiert als alle anderen Konkurrenten (fast 800 Millionen wurden allerdings im Gegenzug auch durch Spieler-Verkäufe eingenommen).

Ein weiterer Vergleich verdeutlicht die unterschiedlichen Dimensionen: Die Bundesliga verzeichnete mit 200 Millionen Mark einen neuen Investitions-Rekord - so viel aber hat in Italien nach einer verkorksten Saison allein Inter Mailand für neue Stars ausgegeben!

In Deutschland, Spanien und England stehen mittlerweile mehr Legionäre unter Vertrag als in der Lire-Liga. Auch jenseits der Alpen aber spielen 161 Ausländer und vor allem ersetzt bei ihnen häufig die Klasse die Masse.

So erwarten die heißblütigen Tifosi wieder einmal die spannendste Saison aller Zeiten und diesmal haben sie auch allen Grund dazu. Mit Milan, Inter, Juve, Parma, Florenz und den beiden Hauptstadt-Vertretern Roma und Lazio peilen allein sieben Klubs den begehrten Titel an. Alle haben sich vor allem im Offensiv- Bereich ungemein verstärkt und präsentieren neue Traumpaare.

Bei Meister Milan soll der für 41,4 Millionen Mark geholte Ukrainer Andrej Schewtschenko den deutschen Torjäger Oliver Bierhoff in der Spitze unterstützen.

Beim Mailänder Ortsrivalen Inter soll neben dem brasilianischen Superstar Ronaldo nun der Italiener Christian Vieri glänzen, mit 91 Millionen Ablöse teuerster Fußballer aller Zeiten.

Zur Unterstützung für den filigranen Nationalstürmer Filippo Inzaghi verpflichtete Juve für 37,4 Millionen den stämmigen Serben Darko Kovacevic.

In Florenz will Sicherheitsapostel Giovanni Trapattoni mit dem Gespann Batistuta und Chiesa (kam für 30,3 Millionen aus Parma) die Flucht nach vorne antreten.

Parma selbst kaufte als Chiesa-Ersatz aus Udine für 64,6 Millionen den Liga-Torschützenkönig Amoroso. Der Brasilianer soll mit dem trefflichen Argentinier Crespo auf Torejagd gehen.

Beim AS Rom wird neben Delvecchio künftig der für 50,5 Millionen aus Genua geholte Vincenzo Montella stürmen.

Beim Nachbarn Lazio schließlich soll Simone Inzaghi die Fans über den Verlust von Vieri hinwegtrösten. Der jüngere Bruder des Juve- Stars kam für 28 Millionen aus Piacenza.

Die auflagenstärkste Sportzeitung der Welt "Gazzetta dello Sport" hat Juve auf den Favoritenschild gehoben. Der Rekordmeister und Vorjahres-Siebte hat zwar Nationaltorwart Peruzzi (Inter) und Weltmeister Deschamps (Chelsea) verloren. Dafür kamen aber Kovacevic und die ehemaligen Ajax-Stars Van der Sar und Oliseh. Größtes Faustpfand aber soll Alessandro Del Piero werden. Der Italiener deutete nach neunmonatiger Verletzungspause in der Vorbereitung bereits an, dass er zur früheren Schaffenskraft zurückfinden kann.

Gar nicht gut lief es dagegen in der Vorbereitung für Meister Milan und Oliver Bierhoff. Der deutsche Nationalstürmer aber war schon immer ein Mann für den Ernstfall und für gewisse Stunden. Mit der Titelverteidigung, der Champions League und der EM steht Bierhoff aber nun vor der größten Herausforderung seiner Karriere. Mal sehen, ob er auch sie besteht.

Heinz Wiskow