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Polizist wegen Mordes angeklagt

Auch Kirche soll sich an Allianz gegen Gewalt beteiligen

Polizist wegen Mordes angeklagt

Randale in Rom

Randale in Rom: Mit einer Allianz gegen Gewalt sollen solche Auswüchse rund um den Calcio in Zukunft verhindert werden. dpa

Ligapräsident Antonio Matarrese forderte Kardinal Tarcisio Bertone, Staatssekretär im Vatikan, auf, die katholische Kirche in einer Kommission zu vertreten, die Vorschläge für eine tiefgreifende Erneuerung des Calcio vorlegen wird. Dem Rat sollen außerdem Klubpräsidenten, Vertreter der Sicherheitskräfte und Journalisten beitreten.

Auswärtskurven sollen geschlossen bleiben

In der Serie A soll der Spielbetrieb nach der Länderspielpause weitergehen. Allerdings wird es für den Spieltag am 24./25. November in allen Profiligen die Sperrung von Fankurven in verschiedenen Stadien geben. Ein entsprechender Beschluss wurde am Freitag verabschiedet. Zudem wird das in einem ersten Maßnahmenpaket bereits am Montag beschlossene Reiseverbot für Ultras angewendet. In der Serie A dürfen die Ultras von Atalanta am letzten November-Wochenende nicht ins Giuseppe-Meazza-Stadion zum Duell mit Spitzenreiter und Meister Inter Mailand reisen. Gleiches gilt für Anhänger des AS Rom, der beim FC Genua antritt, und von Catania Calcio, das zu Gast beim SSC Neapel ist. Auch gegen Tifosi von Sampdoria Genua, AC Florenz, FC Turin und US Palermo soll ein Reiseverbot verhängt werden. In den Serien B und C waren die Partien des kommenden Wochenendes bereits am Montag abgesagt worden.

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Verbandspräsident Giancarlo Abete rief die Klubchefs zu einer Allianz gegen die Gewalt auf. "Der Einsatz gegen Hooligans muss für uns alle die absolute Priorität sein", sagte Abete. Er lobte die Initiative des Präsidenten von Atalanta Bergamo, Ivan Ruggeri, der die Hooligans aus dem Stadion verbannen will. "In den letzten Jahren haben mehrere Klubs das Bedürfnis verspürt, verstärkt auf Distanz zu den Ultras zu gehen. Es gibt Klubchefs, die unter Polizeischutz stehen, weil sie von Hooligans bedroht werden", erklärte Abete im Interview mit "La Gazzetta dello Sport". Der gesamte Kader und Vorstand von Atalanta hatten einen Offenen Brief unterzeichnet, der in allen großen Zeitungen abgedruckt wurde: "Diese Delinquenten wollen wir nicht mehr sehen, weder im Stadion noch beim Training", hieß es darin.

Wie viele andere Fußballstars forderte auch Luca Toni, dass die "Randalierer besiegt werden müssen". "Was in Italien passiert, ist nicht normal. Auch deshalb bin ich froh, in München zu sein", gab der Stürmer des FC Bayern im Trainingslager der Nationalmannschaft in Coverciano zu. Nationalmannschaftskapitän Fabio Cannavaro äußerte sich ähnlich. "Wenn das so weitergeht, stirbt der Calcio, der schon seine Glaubwürdigkeit verloren hat", sagte Milans Kaka.

Polizist wird wegen Mordes angeklagt

Unterdessen hat die Staatsanwaltschaft in Arezzo bestätigt, dass der Polizist, der Sandri am Sonntag erschoss, wegen Mordes angeklagt wird. Dies teilte der Anwalt des Polizisten am Donnerstag mit. Zuvor war dem 31-jährigen Beamten nur fahrlässige Tötung vorgeworfen worden. Zeugen hatten ausgesagt, der Polizist habe gezielt geschossen. Der Beamte hingegen gab an, erst einen Warnschuss in die Luft abgegeben zu haben. Der zweite Schuss habe sich aus Versehen gelöst. "Es ist eine unverzeihliche Tat, weil Waffen die absolut letzte Lösung sein sollten", sagte Staatsanwalt, Ennio di Cicco. Zuvor hatte der Vater von Sandri drastische Worte gefunden. "Mein Sohn ist von einem Mörder getötet worden. Ich verlange Gerechtigkeit, der Mörder muss zahlen", sagte Giorgio Sandri und forderte eine harte Strafe. Sein Sohn habe nichts mit der Hooligan-Szene zu tun gehabt, fügte Sandri hinzu.

Sandri Mitglied bei den Hooligans?

In einer Reportage des staatlichen italienischen Fernsehens RAI wurde unterdessen die Frage aufgeworfen, ob der getötete Lazio-Fan möglicherweise nicht doch Mitglied der Hooliganszene gewesen sei. In seinen Taschen seien Steine gefunden worden. Aus der Fernseh-Reportage geht hervor, dass Sandri und weitere vier Lazio-Fans, die sich mit ihm auf der Autobahnraststätte unweit der toskanischen Stadt Arezzo befanden, einen organisierten Angriff auf Tifosi von Juventus Turin starten wollten.

Fahndung läuft auf Hochtouren

Der Tod des Lazio-Fans hatte in vielen italienischen Städten Gewaltausbrüche zur Folge gehabt. Die Fahndung nach den Randalierern läuft auf Hochtouren. Nach den schweren Krawallen in Rom hat die Polizei bereits 40 Hooligans identifiziert, die in der Nacht zum Montag den Sitz des NOK in Rom verwüstet und drei Polizeikasernen angegriffen hatten. Dafür drohen ihnen eine Anklage wegen "terroristischer Aktionen" und Haftstrafen von bis zu zehn Jahren.