Wenn einer sich ein Urteil erlauben darf, worin sich die Förderung von Talenten in Deutschland und England unterscheidet, dann ist es Klopp. Zwischen 2001 und 2015 arbeitete der 49-Jährige als Fußballlehrer in Mainz und in Dortmund, für den FC Liverpool stand er bisher in 99 Pflichtspielen an der Seitenlinie. "Das Reservoir an Talenten ist nicht besser. Was in Deutschland besser ist: Es ist weniger Druck drin", betont Klopp. "In England bist du bis zur U 18 Jugendspieler, in Deutschland bis zur U 19. Ich finde, das ist ein ganz wichtiges Jahr. Wenn du es in England mit 18 noch nicht gepackt hast, wirst du schon angezweifelt."
Unter seiner Verantwortung werde der Druck auf Talente jedenfalls nicht erhöht, verspricht der Coach. "Ich fand es in Deutschland schon immer schlecht, dass einige Vereine ihre Amateurmannschaften abgemeldet haben, weil ich einfach diesen Zeitdruck nicht verstehe. Das wird auch in Liverpool nicht passieren, solange ich hier bin." Die Philosophie der Reds unterscheide sich von jener anderer Klubs. "Wir wollen den Jungs ein Umfeld geben, in dem sie sich zu allererst einmal, bis zu einem gewissen Alter, nicht unter Druck fühlen. Die Persönlichkeitsentwicklung fängt nicht damit an, dass man sich schon im Kindesalter durchsetzen muss."
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Der Fall Lionel Messi sei für ihn nicht beispielhaft. "Wir können immer gerne die Geschichte von Lionel Messi erzählen: Er war immer kleiner als alle anderen und musste sich immer durchsetzen. Aber trotzdem hat sich von den Millionen, die auch kleiner sind als andere, nur Lionel Messi durchgesetzt - schlicht weil er einfach unfassbar gut ist", führt Klopp aus. "Viele andere sind hängen geblieben, weil sie sich durchsetzen mussten und das noch nicht konnten. Vielleicht hätte man besser auf diese Jungs achtgegeben."
Im ausführlichen Interview verrät Jürgen Klopp, wieso die abgelaufene Saison für ihn eine atemberaubende war, welche Voraussetzungen der Trainerberuf heutzutage erfordert, woran er in Liverpool gemessen wird, weshalb Steven Gerrard noch etwas von ihm lernen kann und wieso er die Ansprüche von außen nicht spürt.
