Int. Fußball

Ter Stegen oder Bravo - der Kampf um den Kasten

Konkurrenzkampf im Barça-Tor eröffnet

Ter Stegen oder Bravo - der Kampf um den Kasten

Kampf um den Platz im Tor: Claudio Bravo (li.) und Marc-André ter Stegen (re.).

Kampf um den Platz im Tor: Claudio Bravo (li.) und Marc-André ter Stegen (re.). imago

Aus dem Camp Nou berichtet Jörg Wolfrum

Es war fast ein bisschen wie einst in der Schule - oder wie im Kabarett. Wahlweise. Aber so ist das mit Luis Enrique, der sich an den Medien so gerne reibt wie früher auf dem Platz als nimmermüder Kämpfer an den Gegnern. 1:1 hatte sein Barca eben gegen Bilbao gespielt. Nur 1:1 im Rückspiel nach der 0:4-Klatsche am Freitag bei Athletic. Damit war der spanische Supercup verloren - und gestoppt damit auch die Jagd auf den Titel-Sechserpack, den Barça - und nur Barça und damals unter Pep Guardiola - 2009 geschafft hatte. Vier Titel bleiben es vorerst unter seiner Ägide: Champions League, Meisterschaft, Pokal, Europäischer Supercup. Vielleicht kommt zum Jahresende noch die Klub-WM dazu. Aber darum ging es Luis Enrique in diesem Moment überhaupt nicht.

Spielersteckbrief ter Stegen
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Martinez Garcia Luis Enrique

FC Barcelona - Vereinsdaten
FC Barcelona

Gründungsdatum

29.11.1899

Vereinsfarben

Blau-Rot

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Der spanische Supercup

"Es scheint ja, als ob Sie eben nicht dagewesen waren oder nicht zugehört haben", tadelte der 45-Jährige nach dem Supercup einen Fragesteller, der meinte, den Barça-Trainer mit dessen eigenen Mitteln schlagen zu können. Ob vielleicht am Montag im Camp Nou "Liga-Torhüter" Claudio Bravo gespielt habe, weil ja der Supercup ein Match zwischen Meister und Pokalsieger ist. Bekanntlich war ja der Chilene Bravo in der Vorsaison bei den Ligaspielen im Einsatz gewesen, Marc-André ter Stegen im Pokal. Und weil der Ex-Gladbacher am Freitag beim 0:4 in Bilbao im Tor stand... Ob also deshalb Bravo nun im Camp Nou ran durfte, so der Ansatz des Medienmannes.

Konkurrenzkampf im Tor eröffnet

Luis Enrique aber wies den Fragesteller zurecht: Er habe "doch eben gesagt, was ich gesagt habe". Was er nur Augenblicke zuvor gesagt hatte, war das: "Nein, entschieden ist nichts." Gemeint war: das Torhüterduell zwischen ter Stegen und Bravo. Damit eröffnete der Coach also den Konkurrenzkampf neu, und er tat dies mit einem weiteren fast slapstickartigen Satz: Anders als in der Vorsaison, könne er nun "was auch immer machen. Je nachdem, wie ich das empfinde. Mal dieses, mal jenes. Dass ich letztes Jahr eine bestimmte Entscheidung getroffen habe, heißt nicht, dass ich diese Entscheidung auch jetzt wieder so treffe".

Dass ich letztes Jahr eine bestimmte Entscheidung getroffen habe, heißt nicht, dass ich diese auch jetzt wieder so treffe.

Luis Enrique zur Torhüter-Rotation

Der Kampf um den Kasten ist also neu ausgerufen. Demnach können sich weder Marc-André ter Stegen noch Claudio Bravo sicher sein - nicht einmal in Sachen Rotation. In der vergangenen Saison kam der Deutsche in der Champions League und im Pokal zum Einsatz, sein Konkurrent aus Südamerika dafür in der Meisterschaft. Beide machten ihre Sache zumeist bestens, ter Stegen fing ganze 16 Gegentore, obwohl er, wenn die Königsklasse pausierte, oft wochenlang nicht im Einsatz war. Einem Fehler in der Frühphase der vergangenen Saison bei der Niederlage in der Gruppenphase der Champions League folgten meist gute bis herausragende Leistungen, die Bravo in der Liga konterte. Gelobt wurden beide, der 23-jährige ter Stegen gar von Haudegen Gerard Piqué, der am Montag kurz nach der Pause aufgrund einer Verbalattacke gegen den Schiesrichterassistenten vom Platz flog: "Wie er den Ball auch unter Druck verarbeitet, ist beeindruckend." Ex-Nationalkeeper Santiago Cañizares hatte erst diese Woche im kicker beide Torleute gelobt: "Barça hat zwei Keeper von Weltformat."

Ter Stegen nur bei einem Gegentreffer unglücklich

Vier Gegentore im Hinspiel: Marc-André ter Stegen.

Vier Gegentore im Hinspiel: Marc-André ter Stegen. imago

Am Freitag beim 0:4 hatte ter Stegen jedoch beim ersten Gegentreffer unglücklich ausgesehen, als er ausserhalb des Strafraums nach einer Kopfballabwehr von Mikel San José mit einem Schuss aus 50 Metern überlistet wurde. Bei den anderen drei Gegentoren, darunter einem Elfmeter, war er indes machtlos gewesen, wie letztlich auch eine Woche zuvor bei den Gegentoren beim 5:4 im europäischen Supercup gegen Sevilla.

Luis Enrique erklärte nun am Montag im Camp Nou: "Ich sage ihnen nie, ob sie spielen, ich will sie beide bestens vorbereitet haben. Es ist ihre Leistung und meine Eindrücke, die darüber entscheiden, wer spielt oder nicht." Alles offen also. Von den Kontrahenten war im Stadion nichts zu vernehmen, wie der Rest der Mannschaft schlichen auch die Torhüter durch einen Seitenausgang, und ohne Statements abzugeben, aus dem Stadion.

Der Gegner zum Ligaauftakt: Bilbao

Am Samstag geht es zum Ligaauftakt gleich erneut nach Bilbao. Luis Enrique jedoch freut's: "Ich schätze diesen Verein sehr." Von einem Kräfteverschleiß angesichts von drei Supercupspielen binnen einer Woche kurz vor Start der Meisterschaft will der Coach nichts wissen, das sei vielmehr ein mentaler Stimulus gewesen: "Wir durften diese drei Spiele ja machen, weil wir vergangene Saison unsere Hausaufgaben so gut gemacht haben." Allerdings mahnte der Trainer auch: "Wir wollen unseren Fans weiter Freude bereiten. Aber die Gegner wissen, was sie gegen uns machen müssen." Hin und wieder sei es eben "gut zu verlieren, um zu erkennen, wie schwierig es ist, zu gewinnen".

Gewonnen haben derweil die Pokalfinal-Verlierer aus Bilbao ihren ersten Titel. Seit 31 Jahren. Damals war man Meister und gewann den Pokal. Zwar gab auch Trainer Ernesto Valverde zu: "Das hier ist keine Meisterschaft und auch kein Pokalsieg. Aber dieser Titel hat eine immense Bedeutung für diesen Klub." Die stolzen Löwen, 2009, 2012 und 2015 Barça im Pokalfinale unterlegen, 2012 zudem Atletico Madrid im Finale der Europa League - nun dieser, wenn auch kleine, Titel. "Aber", so Aritz Aduriz, der Lionel Messis 1:0 ausglich und bereits im Hinspiel dreimal getroffen hatte, "wer ausser Barça kann heute schon Titel gewinnen"?

Bilbao hat es geschafft, "weil unser Wille keine Grenzen hat, und unser Mannschaftsgeist nicht zu übertreffen ist", schloss Aduriz.