Int. Fußball

Man ahnt immer, was kommt

Aus Zürich kommentiert Jean-Julien Beer, kicker-Chefredaktion

Man ahnt immer, was kommt

Weltfußballer 2014: Cristiano Ronaldo

Weltfußballer 2014: Cristiano Ronaldo Getty Images

Früher half es auch, wenn man Europas Fußballer des Jahres war. Zwölfmal wurde Europas Bester in der Vergangenheit dann auch der Beste der Welt, weshalb sich im Vorjahr Franck Ribery größte Hoffnungen machte, bei der FIFA-Gala zu gewinnen. Doch für ihn galt nicht, was zuvor für einen van Basten, Baggio, Weah, Kaka, Ronaldinho, Cristiano Ronaldo oder Messi hilfreich war. Auch im vergangenen Jahr wurde davon abgewichen, für: Cristiano Ronaldo.

Seither gilt auch bei dieser Wahl, die seit 1991 von der FIFA organisiert wird: Man weiß nicht mehr, welche objektiven Kriterien noch wichtig sind - aber man ahnt wenigstens immer, was kommt.

Nun könnte man sagen: Es scheint immerhin hilfreich zu sein, wenn man ein Feldspieler ist. Doch das würde den gezeigten Leistungen von Cristiano Ronaldo beim Gewinn der Champions League und als Torschützenkönig der Primera Division diesmal nicht gerecht. Sein Problem jedoch: Bei der WM war von ihm in einer schwachen portugiesischen Mannschaft nicht viel zu sehen, Brasilien war Neuers große Showbühne. Cristiano Ronaldos Vorteil: die vielen Tore, das Offensivspektakel, vor allem aber seine Dominanz als weltweite Marke. Das ist wichtig bei der Logik dieser Wahl, weil bei der Stimmabgabe in den entlegensten Winkeln dieser Erde nicht immer nur die Leistungen der Kandidaten akribisch analysiert und verglichen werden, sondern Bekanntheit und Sympathien nicht zu unterschätzende Faktoren sind.

Heute reicht es deshalb tatsächlich, wenn man Messi oder Cristiano Ronaldo heißt. Deren fußballerische Klasse ist eine Sensation, sie prägen eine Epoche des Weltfußballs wie nur wenige vor ihnen. Ihr Wert als Marke ist nicht weniger sensationell, ihr Standing ist in aller Welt nicht zu toppen, in Zeiten wuchernder sozialer Netzwerke ohnehin nicht. Seit 2008 schon machen Messi und Cristiano Ronaldo deshalb den Titel Weltfußballer unter sich aus. Manuel Neuer hat das früh erkannt und auf die beiden "Weltmarken Messi und Cristiano Ronaldo" verwiesen.

Ein anderes Problem war diesmal sicher auch: Die Leistungen eines Torhüters und eines Angreifers lassen sich kaum miteinander vergleichen. Vielleicht wäre es deshalb eine Überlegung wert, grundsätzlich einen Preis für den besten Torwart der Welt zu vergeben, zeichnet die FIFA doch inzwischen ohnehin fast alles Mögliche schon mit Awards aus.

Ein großer Abend für den deutschen Fußball

Ein großer Abend war es für den deutschen Fußball trotzdem: Joachim Löw wurde als Weltmeister nun Welttrainer des Jahres, was dem Spanier Vicente del Bosque 2010 noch verwehrt geblieben und erst zwei Jahre später nachgeholt worden war. Nach dem deutschen Triumph im Vorjahr (Trainer des Jahres: Jupp Heynckes, vor Jürgen Klopp; im Team des Jahres: drei Bayern, nämlich Manuel Neuer, Franck Ribery und Philipp Lahm; Trainerin des Jahres: Silvia Neid; Fußballerin des Jahres: Nadine Angerer) darf sich der Fußball hierzulande darüber freuen, diese Titel durch Löw, Ralf Kellermann und Nadine Kessler sogar verteidigt zu haben.

Für den kicker war Löw schon zweimal Mann des Jahres, auch 2014. Doch nicht allein wegen seines Erfolges in Brasilien, sondern auch wegen seines enormen Anteils am hohen Ansehen der deutschen Nationalmannschaft in aller Welt.

Übrigens: Wissen Sie noch, wer von der FIFA als bester Feldspieler der WM in Brasilien ausgezeichnet wurde? Kein Weltmeister, sondern, richtig: Lionel Messi. Was dem Argentinier selbst unangenehm war. Und Cristiano Ronaldo war da halt schon im Urlaub. Gemessen daran ist es eine grandiose Einzelleistung von Manuel Neuer, dass es durch ihn wenigstens der deutsche Weltmeister-Torwart unter die letzten drei der Weltfußballer-Wahl in Zürich geschafft hat. Die nächste große FIFA-Wahl ist übrigens im Mai die des Präsidenten. Und wir ahnen, siehe oben, was kommt.

Jean-Julien Beer, kicker-Chefredaktion

Jean-Julien Beer, kicker-Chefredaktion kicker