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Fall Boateng: Polizei soll über Abbruch entscheiden

Testspiel bei Pro Patria abgebrochen - Sechs Stadionverbote verhängt

Fall Boateng: Polizei soll über Abbruch entscheiden

Hatte nach einer knappen halben Stunde genug gehört: Kevin-Prince Boateng.

Hatte nach einer knappen halben Stunde genug gehört: Kevin-Prince Boateng. picture alliance

Am Mittwochabend wurde bekannt, dass die Polizei in Italien künftig darüber entscheiden soll, ob ein Fußballspiel wegen rassistischer Vorfälle abgebrochen wird. Dies beschloss das Innenministerium bei einem Treffen mit Spitzenvertretern des italienischen Fußballverbandes in Rom. Der Schiedsrichter muss künftig der Polizei vor Ort rassistische Vorfälle melden, diese entscheide dann über einen Abbruch des Spiels, hieß es.

Die Politik reagierte damit auf die Vorfälle im Testspiel zwischen dem Viertligisten Pro Patria und dem AC Mailand. In der 26. Minute hatte der gebürtige Berliner genug: Er nahm den Ball auf und drosch ihn in Richtung der "Fans", die ihn beschimpft hatten. Danach zog Boateng sein Trikot aus und verließ den Platz. Milan-Kapitän Massimo Ambrosini winkte auch den Rest des Teams vom Spielfeld.

Die Partie im Stadio Carlo Speroni der lombardischen Stadt Busto Arsizio wurde abgebrochen und soll an einem anderen Termin nachgeholt werden. Auch Boatengs Teamkollegen M'Baye Niang, Urby Emanuelson und Sulley Muntari hatten sich rassistischen Beschimpfungen ausgesetzt gesehen.

"Wir sind enttäuscht und traurig über das, was passiert ist", sagte Milan-Coach Massimiliano Allegri. Für die anderen Fans sowie den Klub und die Spieler von Pro Patria täte es ihm leid, so der 45-Jährige, aber sein Team habe keine andere Entscheidung treffen können: "Milan spielt für das Recht aller Spieler auf Respekt. Wir müssen dieses unzivilisierte Gehabe stoppen. Ich hoffe, dass wir heute ein wichtiges Zeichen gesetzt haben."

Wir haben ein Zeichen gegen solche hässlichen Vorfälle gesetzt. Wir müssen derartigen Ereignissen ein Ende bereiten

Milan-Kapitän Massimo Ambrosini

Auch Ambrosini erklärte, das Team habe "in dieser Atmosphäre" nicht weiterspielen können: "Wir sind hergekommen, damit viele Menschen uns spielen sehen können. Aber wir haben ein Zeichen gegen solche hässlichen Vorfälle gesetzt. Wir müssen derartigen Ereignissen ein Ende bereiten."

Während der Unterbrechung hatten die Spieler von Pro Patria aus Busto Arsizio noch versucht, mit ihren Anhängern zu sprechen, um eine Fortsetzung des Spiels zu ermöglichen. Vereins-Präsident Pietro Vavassori verurteilte die rassistischen Rufe und zeigte Verständnis für Boatengs Reaktion. "Ich bin verbittert, verstehe aber Milans Entscheidung", sagte Vavassori. Seinen Angaben nach gehörten die Störenfriede nicht zu den Fan-Klubs des Vereins. "Die Herrschaften wurden ermittelt. Sie gehören nicht zu den Ultras von Pro Patria", betonte der Klub-Chef.

Der italienische Verbandspräsident Giancarlo Abete bezeichnete den Vorfall als "entsetzlich und nicht tolerierbar. Wir müssen mit aller Macht reagieren, um die wenigen Kriminellen zu isolieren, die dieses Freundschaftsspiel in einen Aufruhr verwandelt haben, der den ganzen italienischen Fußball beleidigt."