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Wohin führt der Arsenal-Weg?

England: Wenger verteidigt das Konzept

Wohin führt der Arsenal-Weg?

Bald ruiniert oder weltweit führend? Mal wieder müssen die Arsenal-Macher ihren Weg verteidigen.

Bald ruiniert oder weltweit führend? Mal wieder müssen die Arsenal-Macher ihren Weg verteidigen. picture alliance

Am vergangenen Samstag stieg der Arsenal-Tross in ein Privatflugzeug, um in 14 Minuten ins knapp 170 Kilometer entfernte Norwich zu jetten. Nicht nur Naturschützer schüttelten da mit dem Kopf, und doch machen sich die Fans Sorgen, die sie - so ist die Fußball-Logik nun mal - als essenzieller einschätzen: Ist der Weg, den der FC Arsenal seit vielen Jahren verfolgt, noch der richtige?

Dieser Weg hat eine klare Maxime: Finanzielle Gesundheit geht über alles. Das hat die Gunners zu einem Champions-League-Dauergast, aber auch zu einem Luxus-Ausbildungsklub gemacht. Kapitän und Klub-Ikone Robin van Persie wurde im Sommer fast schulterzuckend zu Manchester United verkauft. Während die Konkurrenz, ob aus Chelsea oder Manchester, mit Millionensummen um sich wirft, ist Arsenal einer der solidesten Klubs Europas.

Premier League - Tabelle
Pl. Verein Punkte
1
FC Chelsea FC Chelsea
22
2
Manchester United Manchester United
21
3
Manchester City Manchester City
21
Trainersteckbrief Wenger
Wenger

Wenger Arsene

FC Arsenal - Vereinsdaten
FC Arsenal

Gründungsdatum

01.05.1886

Vereinsfarben

Rot-Weiß

mehr Infos
FC Arsenal - Die letzten Spiele
FC Everton Everton (H)
2
:
1
Manchester United ManUnited (A)
0
:
1

Doch was ist dieser Kurs wert, wenn seit sieben Jahren kein Titel mehr gewonnen wurde? Die Jahreshauptversammlung am Donnerstagabend offenbarte mal wieder den Graben zwischen Klubführung und Fangemeinde. Nach den jüngsten Niederlagen in Liga (0:1 in Norwich) und Champions League (0:2 gegen Schalke) schwant der Anhängerschaft schon wieder Böses. Die Verantwortlichen ruinieren den Verein, meinte ein erboster Aktionär gar. Der ansehnliche Fußball, den Arsenal auch in dieser Saison phasenweise schon wieder präsentierte, ist für viele nur noch ein schwacher Trost.

Sie können jeden Klub in der Welt fragen: Willst du den Ligapokal gewinnen oder nächste Saison Champions League spielen?

Arsene Wenger

Auch Arsene Wenger träumt von Titeln, und doch steht der Teammanager seit seinem Amtsantritt 1996 mit Haut und Haaren hinter dem Arsenal-Kurs. "Ich glaube, das ist ganz leicht zu verstehen. Sie können jeden Klub in der Welt fragen: Willst du den Ligapokal gewinnen oder nächste Saison Champions League spielen? Alle werden Ihnen die gleiche Antwort geben." Die Qualifikation für die Königsklasse ist Jahr für Jahr oberste sportliche Priorität - derzeit sind die Gunners zum 14. Mal in Folge dabei.

Wenger erfindet kurzerhand einen neuen Titel

In Wengers Augen macht das Arsenal zu einem ganz besonderen Titelhamster: "Für mich gibt es fünf Titel: Der wichtigste ist der Premier-League-Titel, der zweitwichtigste der Champions-League-Titel, der drittwichtigste die Champions-League-Qualifikation. Der viertwichtigste ist der FA-Cup-, der fünfwichtigste der Ligapokal-Titel." So tickt er, so tickt der Klub, dem seit dem Sommer auch Lukas Podolski angehört. "Wenn du die besten Spieler locken willst, fragen die nicht: 'Habt ihr den Ligapokal gewonnen?' Sie fragen: 'Spielt ihr in der Champions League?'"

Und doch haben Rivalen wie Chelsea oder Manchester City zusätzlich noch Titel zu bieten - weil sie anders als Arsenal bereit sind, zulasten eines ausgeglichenen Haushalts millionenschwere Investitionen zu tätigen, anstatt vorrangig Talente anzulocken, die erst fit gemacht werden müssen für den europäischen Spitzenfußball. Woran liegt das? Hier kommt "Silent Stan" ins Spiel.

Stan Kroenke, ein US-amerikanischer Unternehmer, ist Haupteigner des FC Arsenal und auch in der NBA (Denver Nuggets), der NHL (Colorado Avalanche), der NFL (St. Louis Rams) und der MLS (Colorado Rapids) involviert. Am Donnerstag sprach er, so berichtet der "Guardian", erstmals seit Beginn seiner Investitionen 2007 öffentlich über seine Ambitionen mit Arsenal.

Arsenals Hoffnung besteht aus drei Worten

"Ich bereue nur eines", sagte Kroenke, konfrontiert mit den Sorgen von Fans und Aktionären. "Und zwar, dass ich mich hier noch nicht früher engagiert habe." Das Konzept, nur auszugeben, was man auch hat, und dem Verein keine Schulden aufzubürden, habe auch bei seinen Engagements in den USA Erfolg gebracht. Er glaubt: "Wir haben eine aufregende Zukunft vor uns."

Dass das keine hinhaltende Phrase bleiben muss, liegt an drei Worten: Financial Fair Play. Nicht wenige Experten sehen darum ja auch für die nachhaltig wirtschaftende Bundesliga goldene Zeiten anbrechen, sofern die UEFA auf die strenge Umsetzung des Modells pocht. Finanzieller Erfolg sei nun mal "relevant, weil es unsere Vision vom Fußball unterstützt", sagte Geschäftsführer Ivan Gazidis am Donnerstag und frohlockte: "In den nächsten zwei Jahren werden wir die finanziellen Ressourcen haben, um mit den weltweit führenden Klubs mitzuhalten."

Wir sind jetzt in der Lage, diesen großartigen Klub zu neuen Höhen zu treiben.

Geschäftsführer Ivan Gazidis

Müssen sich die Fans, die Saison für Saison steigende Ticketpreise ertragen müssen, also bis dahin mit dritten Plätzen und Viertelfinalteilnahmen abfinden? "Niemand bei Arsenal ist jemals mit dem Zweitbesten zufrieden gewesen", versichert Gazidis. "Wir sind jetzt in der Lage, diesen großartigen Klub zu neuen Höhen zu treiben."

Arsenal bleibt sich treu, unbeirrbar verfolgen die Macher ihre Strategie, die Wenger an vorderster sportlicher Front voller Überzeugung mitträgt. Gazidis lobt: "Arsene macht im Wettstreit gegen die Ausgaben, die unsere Hauptkonkurrenten tätigen, einen ausgezeichneten Job." Seit Jahren prallt Kritik am 63-Jährigen ab, in der Vereinsspitze wissen sie, was sie an ihm haben. Die Geduld der Fans wird da billigend weiter strapaziert - damit schon bald wahr wird, was sich der ganze Klub wünscht: dass der so entbehrungsreiche Arsenal-Weg eins wird mit der Erfolgsspur.