Int. Fußball

Neue Regeln revolutionieren weltweites Transfersystem

FIFA: Dem "Kinderhandel" den Kampf angesagt

Neue Regeln revolutionieren weltweites Transfersystem

Das Regelwerk wurde gemeinsam mit der internationalen Spielergewerkschaft F.I.F.P.R.O. erarbeitet und der EU vorgelegt, die neue Bestimmungen angemahnt hatte.

"Das Bosman-Urteil von 1995 hatte Tor und Tür für alles und jedes geöffnet. Wir mussten das Beste geben, um die EU zu überzeugen, dass der Fußball Spezifitäten aufweist", sagt FIFA-Präsident Joseph Blatter. Am 5. März 2001 hatte die FIFA dem damaligen EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti ein Transfersystem vorgelegt, das unter der Bedingung genehmigt wurde, in den folgenden Jahren Anpassungen vorzunehmen. Daraus wurde nun ein völlig neues Werk. Erarbeitet von einer Task Force unter dem Vorsitz von DFB- Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder, der Mitglied der FIFA- Exekutive ist.

Der Status der Spieler wird neu definiert als Amateur oder Berufsspieler (bisher: Nicht-Amateur). Mit dem neuen Reglement sagt die FIFA dem "Kinderhandel" im Fußball den Kampf an, "Kidsnapping", wie es ein FIFA-Funktionär nannte, soll unterbunden werden. Grundsätzlich dürfen Spieler künftig erst ab dem 18. Lebensjahr international transferiert werden. Es gibt aber drei Ausnahmen, die Umgehungen befürchten lassen.

Spieler unter 18 Jahren können international den Verein wechseln, wenn "die Eltern des Spielers aus Gründen, die nichts mit dem Fußballsport zu tun haben, Wohnsitz im Land des neuen Vereins nehmen". Innerhalb der EU und des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) dürfen Spieler schon ab dem 16. Lebensjahr wechseln, wenn der Verein unter anderem eine schulische Ausbildung garantiert oder der Spieler höchstens 50 Kilometer von der Landesgrenze entfernt wohnt und der Verein des benachbarten Verbandes höchstens 50 Kilometer von der Landesgrenze ansässig ist.

Die wichtigsten Neuerungen:

Re-Amateurisierung: Ein Berufsspieler kann sich frühestens 30 Tage nach seinem letzten Spiel wieder als Amateur registrieren lassen, ohne dass eine Ausbildungsentschädigung fällig ist. Lässt sich der Spieler innerhalb von 30 Monaten wieder als Berufsspieler registrieren, hat der neue Verein eine Ausbildungsentschädigung zu leisten.

Spielerpass: Weltweit müssen alle Spieler einen Pass besitzen, in dem alle Klubs vermerkt sind, für die er ab dem 12. Lebensjahr gespielt hat.

Transferperioden: Nach Ende einer Saison dürfen Spieler innerhalb von maximal zwölf Wochen und nach der Vorrunde innerhalb von vier Wochen den Verein wechseln. Ausnahme: Arbeitslose Spieler dürfen auch außerhalb dieser Perioden einen Vertrag unterschreiben, ebenso Spieler, deren Vertrag "aus gerechtfertigtem Grund aufgelöst worden ist".

Vertragsauflösung: Ein Berufsspieler, der während der Saison in weniger als zehn Prozent der offiziellen Spiele zum Einsatz gekommen ist, darf seinen Vertrag innerhalb von 15 Tagen nach dem letzten Saisonspiel auflösen. Eine Ausbildungsentschädigung ist jedoch bei einem Klubwechsel fällig. Kam der Spieler wegen langer Verletzungspausen nicht auf zehn Prozent der Einsätze oder ist er zweiter Torwart, gilt die Bestimmung nicht. Einseitige Vertragsauflösungen während einer Saison sind verboten.

Vertragsbruch: Kündigt ein Verein einem Spieler im laufenden Vertrag ohne triftigen Grund, werden bei der Festlegung der auf jeden Fall zu zahlenden Entschädigung nationales Recht, die Besonderheiten des Sports und andere objektive Kriterien berücksichtigt für eine verbleibende Vertragslaufzeit bis maximal fünf Jahre. Kündigt ein Spieler im laufenden Vertrag, wird er mit Beginn der folgenden Saison zwischen vier und sechs Monaten gesperrt und kann zur Zahlung von Entschädigungen verurteilt werden. Stiftet ein Verein einen Spieler zum Vertragsbruch an, werden ihm Spielerverpflichtungen für die folgenden zwei Transferperioden untersagt. Diese Sanktionen gelten nicht nach dreijähriger Vereinszugehörigkeit eines Spielers unter 28 Jahren und zweijähriger Zugehörigkeit über 28 Jahren. Dann kann der Spieler mit Beginn der folgenden Saison wieder für einen neuen Klub spielen.

Vertragslaufzeit: Ein Vertrag darf höchstens über fünf Jahre abgeschlossen werden. Für Spieler unter 18 Jahren beträgt die maximale Vertragsdauer drei Jahre.

Vertragsverhandlungen: Vor Aufnahme von Verhandlungen mit einem Spieler muss dessen Verein schriftlich informiert werden. Ein Berufsspieler darf frühestens sechs Monate vor Vertragsablauf mit einem anderen Klub verhandeln.

Ausbildungsentschädigung: Vereine, die einen Spieler ab dem 12. Lebensjahr ausgebildet haben, erhalten bei dessen erstem Profivertrag und bei jedem Transfer des Spielers bis zum 23. Lebensjahr eine Entschädigung. Sie beträgt maximal 90 000 Euro pro Transfer. Höher kann die Entschädigung sein, wenn ein Spieler aus einem laufenden Vertrag den Verein wechselt. Dann werden innerhalb von 30 Tagen fünf Prozent der Ablösesumme unter allen Klubs aufgeteilt, für die der Spieler zwischen dem 12. und 23. Lebensjahr gespielt hat.

Für die Abstellung von Nationalspielern sollen die Klubs weiterhin keine Entschädigung erhalten. Dies dürfte der FIFA neuen Ärger durch die führenden Profiklubs einbringen.

Rainer Franzke