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"The best we never had": Le Tissier wird 50

Immer für Southampton, nur achtmal für England

"The best we never had": Le Tissier wird 50

Auf positive Art ein Sonderling: In den 1990er-Jahren begeisterte Matthew Le Tissier die Fußballwelt.

Auf positive Art ein Sonderling: In den 1990er-Jahren begeisterte Matthew Le Tissier die Fußballwelt. imago

Fast auf den Tag genau 25 Jahre ist es her, dass der Jubilar im Heimspiel seines FC Southampton gegen Newcastle United eine grottenschlechte Kopfballablage serviert bekam. Einen eigentlich folgerichtigen Gegenangriff verhinderte die Nummer 7, indem sie ihren linken Fuß hinter sich streckte, die Kugel mit der Hacke über sich hob und umgehend am zweiten anstürmenden Verteidiger vorbeilegte. Der dritte Gegenspieler wurde gekonnt überlupft, ohne, dass der "Saints"-Star seine Laufrichtung ändern musste. Und bevor der Ball wieder auf dem Boden aufkam, schob er ihn aus zehn Metern volley ins lange Eck.

Diese unwahrscheinliche Abfolge von Handlungen, die der Torschütze mehr joggend als sprintend zurücklegte, hatte man vielleicht einst beim großen Pelé gesehen oder würde man heutzutage, wenn überhaupt, von Zlatan Ibrahimovic oder im Videospiel "FIFA" erwarten. Nicht unbedingt von dem 1968 auf der Kanalinsel Guernsey geborenen und mit einer stattlichen Wirtshausschlägervisage ausgestatteten Matthew Paul Le Tissier.

FC Southampton - Vereinsdaten
FC Southampton

Gründungsdatum

01.01.1885

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Auszeichnungen und Rekorde

Doch das unscheinbare Ausnahmetalent war Gleichaltrigen dank seines Spielverständnisses - physisch fiel Le Tissier höchstens negativ auf - schon im Jugendbereich so weit voraus, dass ihm bereits mit 17 Jahren ein Profivertrag des FC Southampton vorlag.

1990 wurde der Mittelfeldspieler zum "PFA Young Player Of The Year" ausgezeichnet, gleich mehrfach für das Tor des Monats. 1994 schoss er 25 Tore in der Liga, die wenigsten waren - standesgemäß - unansehnlich. Als erstem Nicht-Stürmer gelangen MLT 100 Liga-Tore im englischen Top-Flight, von seinen 49 Elfmetern konnte der Kunstschütze 48 verwandeln - die beste Quote der englischen Vereinsgeschichte. Für einen Meistertitel sollte es in Southampton nie reichen. Chelsea, Tottenham oder Manchester United, selbst internationale Spitzenvereine streckten die Fühler nach Le Tissier aus, der sich, auch aus Dankbarkeit, aber nie locken ließ.

Ausgerechnet Hoddle

Eine unglückliche Liaison: Für die "Three Lions" lief Le Tissier nur achtmal auf. imago

Zwischen 1994 und 1997 wurde der Rechtsfuß, insbesondere von Nationaltrainer Terry Venables, achtmal bei den "Three Lions" eingesetzt. Nachfolger Glenn Hoddle jedoch, einst selbst ein vergleichbarer Spielertyp, sägte Le Tissier vor der WM 1998 ab. Es sollte bei lediglich acht Länderspiel-Einsätzen für den Hochbegabten bleiben, weshalb viele Fans auf der Insel bedauern, dass Le Tissier der beste Nationalspieler sei, "they never had" - den sie niemals (wirklich) hatten. Karrierefördernde Vereinswechsel oder andere Formen der Anpassung waren für MLT aber ohnehin nie infrage gekommen. "Ich spielte so, wie ich spielen wollte. Bei größeren Vereinen wäre das wahrscheinlich nicht möglich gewesen."

Ein berühmter Fan aus Katalonien

Wie der optisch unorthodox anmutende aber fußballerisch geniale Le Tissier junge Fans auch über die britischen Inseln hinaus begeisterte, belegt die Aussage eines der ganz großen Namen seines Sports. So gibt Barcelona-Legende Xavi Hernandez an, dass Le Tissier in Kindertagen sein großes Idol war. "Unsere ganze Familie war besessen von ihm, weil er diese unfassbaren Tore schoss." Außerdem faszinierte den Weltmeister von 2010, dass der 1,87 Meter-Mann "einfach an sieben oder acht Spielern vorbeidribbeln konnte, ohne Geschwindigkeit aufzunehmen. Für mich war das sensationell."

Unsere ganze Familie war damals besessen von ihm, weil er diese unfassbaren Tore schoss.

Xavi Hernandez über Matthew Le Tissier

Maradona-Vergleiche - der Beste der Vereinsgeschichte

Manolo Gabbiadini, 2017 vom SSC Neapel nach Southampton gewechselt, ordnete die Bedeutung der Hampshire-Ikone wiefolgt ein: "Es ist ein bisschen wie mit Maradona in Neapel, hier haben sie Le Tissier." Konsequent wurde der heutige Spielerberater und Experte 2012 von den Soton-Fans zum besten Spieler der Vereinsgeschichte gewählt. Vielleicht auch wegen seiner Popularität, zu großem Teil aber, weil es keinen Besseren gab. Sie nennen ihn "Le God".

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