EM

Manolo: "Das war wie ein alter Stachel"

Interview mit Spaniens Oberfan vor dem Achtelfinale gegen Italien

Manolo: "Das war wie ein alter Stachel"

Weltberühmt: Spaniens Oberfan "Manolo, el del bombo". Manolo, der mit der Trommel.

Weltberühmt: Spaniens Oberfan "Manolo, el del bombo". Manolo, der mit der Trommel. imago

kicker: Sie waren zuletzt krank, jetzt sind Sie in Paris mit dabei gegen Italien. Trommeln Sie Spanien zum Sieg gegen Italien, Senor Manolo?

Manolo: Hombre. Die Seleccion hat ja schon tolle Sachen gezeigt, gegen Tschechien und vor allem gegen die Türkei. Aber ok, gegen Kroatien, das hat nicht so geklappt wie erwartet, jetzt muss ich auf jeden Fall dabei sein. Das könnte ich mir sonst nicht verzeihen.

kicker: Sie tragen das Trikot mit der 12. Fühlen Sie sich als Talisman?

Manolo: Ich bin ein leidenschaftlicher Fan, sonst würde ich doch nicht so verrückte Dinge machen, ich war ja schon dabei, als Spanien nicht so oft gewann. Aber stopp. Verrückt ist das nicht wirklich, es ist einfach nur eine große Leidenschaft.

kicker: Geben Sie es zu, Spanien braucht Manolo und die Trommel.

Manolo: Hombre, vor allem braucht es Tore. Aber klar, wenn meine Trommel für den nötigen Rhythmus sorgen sollte, dann: bienvenido. Und es ist doch auch eine super Sache, wenn sich viele Fans um die Trommel scharen. Vom Gefühl her und der Stimmung sowieso.

kicker: Tut das gut, ein bisschen Star zu sein?

Mir gefällt, was ich mache. Es ist ein Riesenspaß

Manolo: Mir gefällt, was ich mache, ich fühle mich wohl dabei. Es ist ein Riesenspaß. Ich möchte nichts anderes, ja das möchte ich nicht missen.

kicker: Sie haben 2010 den WM-Pokal geküsst, war das der größte Moment?

Manolo: Das war außergewöhnlich. Aber der größte Moment nicht unbedingt. Auch die beiden Europameisterschaften waren phänomenal, vor allem die erste.

kicker: 2008 war das gegen Deutschland in Wien. Fernando Torres traf zum Sieg.

Es tat so weh, als wäre es das eigene Gesicht

Manolo: Das war wie ein alter Stachel, der endlich gezogen wurde. Damals kam so viel zusammen. Erstmals hatte die Mannschaft das Viertelfinale überstanden, so viele Jahre des Leidens waren vorbei für uns Fans. Natürlich auch für die Spieler. Erinnern Sie noch das blutige Gesicht von Luis Enrique bei der WM 1994? Es tat so weh, als wäre es das eigene Gesicht. Ich war immer dabei, auch vom Gefühl her.

kicker: Seit wann genau dabei?

Mexiko war vom Gefühl her sogar die schönste WM

Manolo: 1982 in Spanien war ja zu Hause. Seit 1986 in Mexiko auf Reisen. Neun Welt- und sieben Europameisterschaften, und Mexiko war vom Gefühl her sogar die schönste WM, vielleicht ja auch, weil es das erste Turnier in der Fremde war. Das Land, die Leute, die Sprache, als Spanier hatte man da einen Vorteil, und der Fußball damals, 5:1 gegen Dänemark mit vier Toren von Butragueno, wir drehten fast durch - nur dann kam das Aus im Elfmeterschießen gegen Belgien. Ich habe trotzdem herrliche Erinnerungen.

kicker: Nun heißt der Gegner Italien, vor vier Jahren gab's das 4:0 im Finale.

Manolo: Ein Tanz, wunderbar. Aber das erste Mal war eben besonders, in Wien dieser Titel nach über 40 Jahren.

kicker: Was war am schlimmsten?

Manolo: Wie wir verschaukelt wurden 2002 bei der WM in Südkorea im Viertelfinale gegen Südkorea von diesem Schiedsrichter aus Ägypten, bestohlen worden sind wir, zwei Tore hat er Spanien aberkannt. Im Elfmeterschießen haben wir dann verloren.

kicker: Sie sprechen von "wir".

Die Trommel, die Seleccion und diese Reisen, das ist ja Teil meines Lebens

Manolo: Ja klar, die Trommel, die Seleccion und diese Reisen, das ist ja Teil meines Lebens. Fast 400 Spiele. Immer diese 10 Kilo schwere Trommel dabei. Muss schon sein.

kicker: Wie viele Trommeln waren das insgesamt?

Manolo: 13 oder 14. Für ein gesamtes Turnier brauche ich ungefähr fünf oder sechs Felle. Aber jetzt müssten zwei als Ersatz reichen.

kicker: Und wenn nicht?

Mit WM-Pokal: Manolo in seiner Bar in Valencia nahe des Mestalla-Stadions.

Mit WM-Pokal: Manolo in seiner Bar in Valencia nahe des Mestalla-Stadions. imago

Manolo: Ich habe meine Kontakte. Man kennt mich ja auch mittlerweile.

kicker: Fühlen Sie sich selbst als Legende?

Manolo: Das ist mir zu viel, aber natürlich fühle ich mich ein wenig angestachelt. Doch wichtig ist, dass die Seleccion gewinnt.

kicker: Wie lange bleiben Sie denn?

Manolo: Ich habe bis zum 12. Juli gebucht.

kicker: Das ist bis zwei Tage nach dem Finale.

Manolo: Wenn gefeiert wird in Paris, will ich mit dabei sein.

kicker: Ihre Bar in Valencia nahe des Mestalla-Stadions, was wird aus der in den nächsten Tagen?

Manolo: Hat geschlossen. Wird nur zu den Spielen der Seleccion geöffnet. Bis zum Finale.

Zur EM gehört weitaus mehr als nur der Fußball an sich: Land und Leute, Fans und Stimmung, Kultur und Kurioses. 14 kicker-Reporter sind vor Ort in Frankreich, um auch von außerhalb der Stadien zu berichten.

Interview: Jörg Wolfrum