EM

"Vulkan" Terim: "Ich bin auch nur ein Mensch"

Türkei-Trainer explodiert und deutet Abschied an

"Vulkan" Terim: "Ich bin auch nur ein Mensch"

Frustriert: Türkei-Coach Fatih Terim.

Frustriert: Türkei-Coach Fatih Terim. Getty Images

Aus Lens berichten Jörg Wolfrum und Frank Linkesch

"Ein Geschichts-Professor." Terim wiederholte es. "Ein Geschichts-Professor. In einer Show, die nichts mit Fußball zu tun hat." Es erinnerte ein wenig an Giovanni Trapattonis Wutrede 1998 bei Bayern München was sich da am Montag rund um das Abschlusstraining im Stadion Bollaert-Delelis zutrug.

Europameisterschaft - Tabelle - Gruppe D
Pl. Verein Punkte
1
Spanien Spanien
6
2
Kroatien Kroatien
4
3
Tschechien Tschechien
1
Trainersteckbrief Terim
Terim

Terim Fatih

Türkei - Vereinsdaten
Türkei

Gründungsdatum

01.01.1923

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Was der Historiker gemacht hatte im Türkischen TV: die Nationalelf kritisiert. Und Terim. Der dazu: "Ich kann es nicht fassen. Ich hoffe, unsere Kritiker werden irgendwann auch mal in der Verantwortung stehen." Dann bekämen sie auch diese Art Kritik ab, die er, Terim, nun aushalten müsse. "Nicht ich bin der, der sich schämen muss, sondern die, die das von mir verlangen."

Zugleich kündigte der Coach kryptisch seinen Abschied vom Amt des Nationaltrainers an, dabei steht er ja noch bis 2018 unter Vertrag. Jedoch sei vor dem entscheidenden Spiel der Gruppe D am Dienstag um 21 Uhr in Lens nicht der Moment, darüber zu reden. "Die Zeit, Antworten zu geben", sie komme noch.

Terim war in diesen EM-Tagen heftig kritisiert worden. Wegen taktischer und personeller Aspekte, etwa, dass er den Leverkusener Hakan Calhanoglu auf rechts spielen ließ. Terim reagierte überaus pikiert am Montag, nach dem Motto: Als ob ich nichts von Fußball verstehe.

Frust über das bisherige Abschneiden

Was war das nun? Verletzter Stolz? Frust? Gewiss. Im kicker hatte er ja sogar angekündigt, dass er mit seiner Auswahl diesmal ganz weit kommen wolle im Turnier. "Unser Ziel ist höher." Höher als "Fünfter, Sechter oder Achter", wohlgemerkt. Und nun droht nach zwei Offenbarungseiden gegen Kroatien beim 0:1 und dem 0:3 gegen Spanien ein blamables Aus in der Gruppenphase. Torlos womöglich.

Terim gab daher zu: "Ich bin verärgert, ich bin frustriert. Natürlich. Aber ich bin auch nur ein Mensch." Manche haben ja immer gedacht, er sei ein Vulkan, so wie er da an der Seitenauslinie oft genug explodiert. Autoritärer Trainer und väterlicher Freund, zwischen diesen beiden Polen bewegt er sich seit Jahren, ob als Coach mehrfach bei Galatasaray oder nun mittlerweile zum dritten Mal als Nationaltrainer, zum dritten Mal bei einer EM.

Er kennt das Geschäft, daher überrascht der Ausbruch des 62 Jahre alten Hasen. Doch dem ging es diesmal nicht nur um Fußball. "Auch ich bin nicht aus Stahl, auch ich habe Gefühle. Und meine Familie ist das Wichtigste für mich." Die dürfe niemand verletzten. Nicht nur der Coach selbst, auch seine Tochter war dieser Tage ja im Netz beleidigt worden. Es ist eine große, unschöne Gemengelage die Terim derzeit mit sich ausmacht - und man merkt, dass er sich trotz aller Eruption immer noch auf die Zunge beißt.

Zuletzt hatte hat selbst Staatspräsident Recep Erdogan in Richtung der aufgebrachten Anhänger gedonnert: "Schämt Ihr euch nicht?" Das war gemünzt gewesen mit Blick auf die Pfiffe gegen Barca-Profi Arda Turan und dessen schwachen Auftritt. Kritik offenbar verboten. "Ich bin der, der kritisiert werden sollte", hatte Terim vor ein paar Tagen noch gesagt nachdem Star Arda ausgepfiffen worden war. Doch nun, als er, Terim, kritisiert wurde, passte ihm offenbar nicht, wer ihn da kritisierte.