EM

Daniel-Nivel-Stiftung will Feindbilder abbauen

Fans und Polizei sollen einander besser verstehen

Daniel-Nivel-Stiftung will Feindbilder abbauen

Arbeitsgruppenleiter der Daniel-Nivel-Stiftung: Der Soziologe und Fanforscher Gunter A. Pilz.

Arbeitsgruppenleiter der Daniel-Nivel-Stiftung: Der Soziologe und Fanforscher Gunter A. Pilz. picture alliance

Deutsche Hooligans prügelten den französischen Polizisten Daniel Nivel ins Koma. Gunter A. Pilz will den Vorfall auch 18 Jahre später nicht bloß als Angriff bezeichnen, er wählt eine bewusst drastischere Beschreibung: "Attentat." Es ist ihm von jeher ein besonderes Bedürfnis, sich für die Daniel-Nivel-Stiftung zu engagieren. Sie entstand im Herbst 2000 aus den Geldern, die später "auf Initiative des damaligen DFB-Präsidenten Egidius Braun gesammelt worden sind", sagt Pilz und verrät: "Die aktuelle Größenordnung beträgt etwa 1,3 Millionen Schweizer Franken."

Wie diese Summe zustande kommt? "Als Mitglieder zahlen die FIFA und die UEFA sowie der deutsche und der französische Fußballverband jährlich Gelder ein", sagt Pilz. Früher gehörten auch die Niederlande, England und Italien dazu, "sie sind aber inzwischen ausgeschieden". Zudem finden regelmäßig Benefizveranstaltungen statt.

Pilz: "Der Dialog ist dringend geboten"

Zweck der Stiftung ist unter anderem die Durchführung eigener Veranstaltungen wie Seminare, Tagungen und Kongresse, bei denen es in erster Linie darum geht, Gewaltursachen zu erforschen und zu bekämpfen. "Dem Anlass der Stiftungsgründung angemessen, liegt ein besonderer Schwerpunkt auf dem Abbau von Feindbildern zwischen Fans und Polizei und der Intensivierung des Dialogs zwischen Fans und Polizei", erläutert Pilz. "Hierzu wurden bereits vier Zukunftswerkstätten erfolgreich durchgeführt." Ihr Titel: "Fans und Polizei - Abbau von Feindbildern - Aufbau und Förderung eines Dialogs." Pilz betont: "Die Feedbacks zeigen, dass der Dialog nicht nur möglich, sondern auch dringend geboten ist und zum besseren gegenseitigen Verständnis und damit auch zum Abbau von Feindbildern beiträgt."

"Das Gewaltproblem werden wir damit nicht endgültig lösen"

Der 71-Jährige gibt sich keinen Illusionen hin. "Das Gewaltproblem werden wir damit nicht endgültig lösen", sagt er, "aber wir können durch den von der Nivel-Stiftung geförderten Dialog erreichen, dass sich einem neue Perspektiven eröffnen, die dabei helfen, die jeweils andere Seite besser zu verstehen." In diesem Zusammenhang gewährt Pilz Einblicke in seine eigenen Erkenntnisse: "Die Täter von damals waren gewaltbereite und -faszinierte Hooligans, allerdings hat man in Gesprächen mit ihnen durchaus feststellen können, dass sie die gravierenden Folgen der Ereignisse selbst überrascht und erschreckt haben."

Für den Angriff habe "neben enthemmenden, gruppendynamischen Ursachen auch die Tatsache eine Rolle gespielt, dass man damals einfach zu wenig voneinander wusste. Deutsche Hooligans waren es gewohnt, die Polizei zu attackieren – diese zog sich dann entweder zurück oder startete einen Gegenangriff. Daniel Nivel blieb stehen, so ergab das eine das andere."

Auf Einladung des DFB wird Nivel, der noch heute an den Folgen der Hooligan-Attacke leidet, am Sonntag das erste EM-Gruppenspiel Deutschlands gegen die Ukraine besuchen. Es ist ein weiteres Zeichen der Versöhnung.

Toni Lieto