2. Bundesliga

Schluss mit Hollywood in Paderborn

Eine 59-minütige Pressekonferenz nach Effenbergs Aus

Schluss mit Hollywood in Paderborn

Fand keine wirklich schlüssige Erklärung für seine Taten: Paderborns Klubchef Wilfried Finke.

Fand keine wirklich schlüssige Erklärung für seine Taten: Paderborns Klubchef Wilfried Finke. picture alliance

Den einen Grund für die Trennung von Effenberg habe es nicht gegeben. "Die Addition der Dinge war das Entscheidende, auch wenn das für manche nicht nachvollziehbar ist", sagte Paderborns Vereinspräsident und musste vor zehn Kamerateams und rund 50 Journalisten einräumen: "Die Symbiose Effenberg-Paderborn ist nicht gelungen." Neben der sportlich prekären Lage - seit zwölf Ligaspielen wartet der Tabellenvorletzte auf einen Sieg - sorgten auch die Affären und Negativschlagzeilen um Effenberg und dessen privates Umfeld für den Rauswurf. Das Fass zum Überlaufen brachte laut Finke, der in typischer Manier plauderte, schließlich die Meldung über die ungültige Trainerlizenz Effenbergs.

Paderborns Klubchef war zuletzt von anderen Verantwortlichen in der Vereinsführung zunehmend zum Handeln gedrängt worden. Am Mittwochnachmittag habe er noch einmal über die magere Leistung der Mannschaft beim 0:0 in Karlsruhe und die Gesamtsituation nachgedacht. Dann habe er sich, obwohl er den Trainer kurz vorher noch in einem Gespräch mit einem Bild-Reporter verteidigt hatte, zum Handeln entschieden. Man könnte auch formulieren: zur x-ten Rolle rückwärts.

Über den Kopf von Born hinweg

Effenberg wurde am Mittwochabend von Finke in einem Telefonat "über das Festnetz der deutschen Telekom" und im Rahmen eines "von Vernunft geprägten Dialogs" über die Trennung informiert. "Stefan Effenberg hat das in gewohnt professioneller Art beantwortet. Ich hatte das Gefühl, dass er so etwas schon erwartet und es vielleicht sogar ein Stück weit mit Erleichterung aufgenommen hat", schilderte Finke den Vorgang. Nach kicker-Informationen geschah der Rauswurf des Trainer übrigens über den Kopf von Manager Michael Born hinweg. Der Geschäftsführer Sport wurde nach der Entscheidung lediglich über die bereits beschlossenen Tatsachen informiert, was Borns geschwächte Position unterstreicht.

Ich hatte das Gefühl, dass er es ein Stück weit mit Erleichterung aufgenommen hat.

Wilfried Finke über Stefan Effenberg

Finke ließ am Donnerstag insgesamt kein gutes Haar an Effenberg, der den Rollenwechsel vom Spieler zum Trainer auf seiner ersten Station als Coach zu keiner Zeit bewältigt hat. Der SCP-Patriarch musste auf der fast 59 Minuten dauernden Pressekonferenz, auf der auch der neue Trainer René Müller vorgestellt wurde, zahlreiche eigene Fehler einräumen, tat das aber in nicht wirklich überzeugender Manier. Quintessenz dieser Thematik: "Hinterher ist man immer schlauer". Das ist ein bisschen einfach.

"Hollywood-Welt" steht Paderborn nicht

Die medialen Begleiterscheinungen der Trainerverpflichtung Effenbergs, der eine an Eskapaden nicht gerade arme Vergangenheit besitzt, hätte man absehen können. Man verschloss davor aber lange die Augen und hätte es wohl auch weiterhin getan, wenn sich der sportliche Erfolg eingestellt hätte. So aber schimpfte Finke am Donnerstag über die "Hollywood-Welt" und meinte: "Die steht uns Paderbornern nicht so gut zu Gesicht." Mit Müller sollen nun wieder Bodenständigkeit und Ruhe einkehren beim SCP, der zuvor drohte, zum "SC Effenberg zu degenerieren" (Finke). Und natürlich soll der sportliche Erfolg zurückkehren, am besten schon im Heimspiel am Samstag (13 Uhr, LIVE bei kicker.de) gegen Greuther Fürth.

Banger Blick nach oben: Wilfried Finke.

Banger Blick nach oben: Wilfried Finke. picture alliance

Auch wenn am Donnerstag im Klub Erleichterung zu spüren war, dass die unwürdige Episode nun beendet ist: Ganz so einfach dürfte es nicht werden, von hier auf jetzt zur Tagesordnung überzugehen. Dafür war die Veranstaltung am Donnerstagmittag in vielen Punkten zu grotesk. Um all die Widersprüche und Fehler im Detail zu schildern, bräuchte man Stunden - und entsprechend viele Zeilen. Das öffentlich ausgesprochene Ultimatum, die später folgende Jobgarantie, öffentliche Kritik am Trainer und so weiter und so fort. All das kann ja mal passieren, hinterher ist man ja immer schlauer. So lautete im Kern Finkes Erklärung für den monatelang anhaltenden Schlingerkurs und die zahlreichen, teils amateurhaften Fehler.

Saglik wird begnadigt

Nun sollen die Uhren wieder auf null gestellt werden. Dazu gehört auch, dass der auf Betreiben Finkes - und gegen den Willen Effenbergs - im Dezember zusammen mit Srdjan Lakic und Daniel Brückner suspendierte Stürmer Mahir Saglik ab sofort wieder zum Profikader gehört. Auch das eine irre Wendung in Paderborn. Begründet wurde die Maßnahme damit, dass Saglik der Mannschaft sportlich weiterhelfen könne. Dass er das angeblich nicht mehr könne, war vor zweieinhalb Monaten der Grund für den Rauswurf. Egal, die Suspendierung sei ja gar nicht so gemeint gewesen und nur ein kleiner Denkanstoß für Saglik. So jedenfalls klang Finkes Erläuterung in diesem Punkte. Lakic hingegen hat für den SCP offensichtlich keinen sportlichen Wert, weil er derzeit ohnehin verletzt ist. Daher wird er - Stand jetzt - auch nicht begnadigt. Und Brückner spielt inzwischen bei Drittligist Erfurt.

Osterland zur U 19 - oder weg

Eine weitere personelle Maßnahme betrifft Effenbergs Co-Trainer Sören Osterland. Der wurde zwar von Finke gelobt. Das aber ändert nichts daran, dass er nicht mehr die Profis betreuen soll, sondern zum A-Jugend-Trainer degradiert wird, wenn er das Angebot des Vereins denn annimmt. Ansonsten droht wohl die Trennung. Für Osterland rückt der bisherige U-19-Trainer Markus Feldhoff, der Müller bereits im Oktober nach der Entlassung von Markus Gellhaus als Assistent gedient hatte, von den Junioren zur ersten Mannschaft auf. Damit soll das Stühlerücken in Paderborn vorerst beendet sein. Ohne Konsequenzen bleibt die Episode für Finke. Mindestens 50 Prozent der Verantwortung für das Scheitern der Symbiose Effenberg-Paderborn geht zu seinen Lasten, beschädigte er Effenberg doch mehrfach. Von Rücktritt war am Donnerstag aber nicht die Rede. Ohne seinen Patriarchen würde der SCP in seiner momentanen Verfassung vermutlich auch vollends im Chaos versinken.

Jan Reinold