In Wahrheit hatte sich das Fehlen des (selbst-)erklärten Leaders am Samstag natürlich nicht negativ bemerkbar gemacht. In vorderster Front wirbelten Eric Maxim Choupo-Moting und Dreifach-Torschütze Klaas Jan Huntelaar, dahinter sorgte speziell Meyer für weitere kreative Momente.
Boateng, den ein Infekt und Knöchelprobleme gleichzeitig auf Eis legten, ist für Schalke also keineswegs unersetzlich. Eine Erkenntnis, die freilich weder neu noch grundsätzlich außergewöhnlich wäre. Schließlich fehlten in den langzeitverletzten Jefferson Farfan und Julian Draxler weitere offensive "Hochkaräter", für die prinzipiell logischer Weise das gleiche gilt.
Der gravierende Unterschied jedoch: Während mit der für Januar avisierten Rückkehr des deutschen Nationalspielers und des peruanischen Flügelflitzers hohe Erwartungen verbunden sind, hat Boateng den Status eines Hoffnungsträgers inzwischen eingebüßt.
Zu unbefriedigend waren die Auftritte des Routiniers in seinen bisher sieben Liga-Spielen: Mit einem kicker-Notenschnitt von 4,50 ist Boateng (null Tore, ein Assist) neben Sidney Sam (4,57) der am schlechtesten bewertete Schalke-Profi und de facto bestenfalls noch Mitläufer.
Eine Rolle, die allerdings weder seinem Selbstverständnis entspricht noch den Erwartungen des Vereins, die aufgrund seiner sportlichen Vita wie seines Status als Großverdiener an Boateng zwangsläufig gekoppelt sind. Speziell diese Diskrepanz macht den „Fall Boateng“ unweigerlich brisant. "Wir müssen sehen, wie es sich entwickelt", sagte Trainer Roberto di Matteo am Wochenende.
Bezogen war das auf Boatengs Gesundheitszustand. Doch die Entwicklung der Liaison zwischen dem vertraglich bis 2017 gebundenen Mittelfeld-Allrounder und Schalke bleibt generell spannend. Beim 3:2 gegen Wolfsburg vor Wochenfrist hatte Boateng immerhin eine ordentliche Leistung gebracht (kicker-Note 3). Doch die muss künftig auch mindestens der Maßstab sein.