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Diallo: "Nur in der Bundesliga gibt es noch Fernschüsse"

Interview mit dem Verbandspräsidenten der Elfenbeinküste

Diallo: "Nur in der Bundesliga gibt es noch Fernschüsse"

Gespräch über die Elfenbeinküste - und die Bundesliga: Augustin Sidy Diallo (r.) mit kicker-Redakteur Hardy Hasselbruch.

Gespräch über die Elfenbeinküste - und die Bundesliga: Augustin Sidy Diallo (r.) mit kicker-Redakteur Hardy Hasselbruch. kicker

kicker: Monsieur Diallo, was ist der Grund Ihres Besuchs in Deutschland?

Augustin Sidy Diallo: Ich bin auf Einladung unseres Ausrüsters Puma hier. Wir haben eine sehr enge Verbindung. Ich bin auch gekommen, um den Pokal der Afrikameisterschaft zu präsentieren.

kicker: Auf der Internetseite Ihres Verbandes werden Sie als ein Mann mit Dynamik und Härte beschrieben. Was verstehen Sie darunter?

Diallo: Härte bedeutet, dass es keine Kompromisse gibt. Das ist unser Grundsatz. Die Dynamik dagegen geht nie von einer Person aus, sondern es sind alle Beteiligten, von den Funktionären bis hin zur Mannschaft. In meiner Amtszeit seit 2011 hat es nicht nur den Gewinn der Afrikameisterschaft gegeben, auf den wir immerhin 23 Jahre warten mussten, sondern auch den kontinentalen Titel bei der U 15. Diese Entwicklung möchte ich vorantreiben.

kicker: Sie sind seit September 2011 Verbandspräsident. Sind Sie zufrieden mit der Bilanz Ihrer Arbeit?

Diallo: Es sollte nicht so sein, dass der Titelgewinn ist wie ein Baum, der den Wald verdeckt. Statistisch gesehen, erlebten wir in meiner Amtszeit die erfolgreichste Phase des Verbandes. Aber das reicht uns nicht. Wir wollen mehr erreichen, haben ehrgeizige Ziele.

Wir wollen etwas Bleibendes schaffen. Für die nächsten Generationen.

Augustin Sidy Diallo

kicker: Die Elfenbeinküste ist Afrikameister. Erfüllt Sie das mit Stolz oder sehen Sie den Titel auch als Verpflichtung?

Diallo: Da ist zunächst Stolz, weil es das Resultat unserer guten Arbeit ist. Eine Verpflichtung dagegen ist es nicht. Natürlich haben wir Ziele, aber die kann man nicht nach einem System abrufen. Die sind abhängig von der Mannschaft.

kicker: Wie sehen Sie als Präsident Ihren Anspruch?

Diallo: Es geht doch darum, dass man etwas für die Zukunft aufbaut. Wir wollen etwas Bleibendes schaffen. Für die nächsten Generationen.

Afrika-Cup-Sieger

Jubel einer goldenen Generation: Yaya Touré & Co. gewannn 2015 in Äquatorialguinea den Afrika-Cup. imago

kicker: Unter welchen Vorzeichen sind die Ivorer denn bei der letzten Afrikameisterschaft angetreten?

Diallo: Natürlich hatten wir eine goldene Generation am Start. Und dennoch war es sehr schwierig. Auch weil uns der Kapitän fehlte: Didier Drogba. Aber für ihn ist Yaya Touré in die Bresche gesprungen. Dabei waren wir vor Turnierbeginn noch besorgt, weil wir in den Vorbereitungsspielen viele Gegentore kassierten. Gottseidank haben wir dann zwei junge Spieler gefunden, die unsere Abwehr stabilisiert haben. Das zeigt uns, dass wir eine gute Basis haben. Wir haben viele Talente. Ich glaube, wir sind ein Land des Fußballs wie Deutschland, das auch auf die Ausbildung seiner Talente bauen kann. In Deutschland funktioniert das seit gut zehn Jahren. Und so wollen wir es auch machen.

kicker: Die Elfenbeinküste war bei vergangenen drei WM-Endrunden vertreten. Sehen Sie Möglichkeit, dort regelmäßig dabei zu sein?

Diallo: Das ist unser Ziel. Wir haben eine Mannschaft dafür und inzwischen auch die entsprechende Organisation im Verband. Natürlich benötigt man auch immer das nötige Glück. Aber die regelmäßige Teilnahme sollte unser Ziel sein. Das würde der Entwicklung des Fußballs im Land guttun.

"Drogba war unsere Lokomotive"

kicker: In Europa sind die Erfolge der Ivorer fast ausschließlich mit dem Namen Didier Drogba verbunden. Aber er hat seinen Ruhestand genommen. Kommen neue Stars nach?

Diallo: Stimmt, die Elfenbeinküste wird immer mit dem Namen von Didier Drogba verbunden. Aber er hat auch der Elfenbeinküste viel zu verdanken. Als wir ihn zu den "Elefanten" geholt haben, spielte er noch in Guingamp. Als der damalige Nationaltrainer Robert Nouzaret ihn entdeckte, kannte ihn keiner. Auch dank der Einsätze für die Elfenbeinküste machte er sich für Olympique Marseille interessant. Und dort nahm seine Karriere Fahrt auf. Später wussten alle in der Fußballwelt, wer Drogba ist. Davon haben wir auch profitiert. Er war unsere Lokomotive.

kicker: Glauben Sie, dass die Phase der "Goldenen Generation" beendet ist?

Didier Drogba

War jahrelang das Aushängeschild der "Elefanten": Didier Drogba (hier bei der WM 2014). imago

Diallo: Täuschen Sie sich nicht! Es kommen immer neue Spieler nach. Es gibt immer neue Talente. Wie ich vorhin schon sagte: Vor der Afrikameisterschaft hatten wir Abwehrprobleme. Aber da kam Eric Bailly nach, der hat jetzt bei Villarreal eine tolle Entwicklung genommen. Aber in Spanien interessieren ja nur die beiden Großklubs.

kicker: Verfolgen Sie auch die Leistungen Ihrer Bundesligaspieler wie Salomon Kalou oder Serey Dié?

Diallo: Sicher verfolge ich die Entwicklung der beiden. Wie auch Konstant Djakpa in Frankfurt. Mit Kalou habe ich erst vor wenigen Tagen telefoniert. Serey Dié werde ich nach seiner Operation noch besuchen. Wir haben einen sehr engen Kontakt zu unseren Nationalspielern.

Wir verfolgen die Bundesliga sehr genau. Das ist auch der Verdienst von Beckenbauer. Er war beispielhaft, ein großer Spieler.

Augustin Sidy Diallo

kicker: Welche Bedeutung hat die Bundesliga in der Elfenbeinküste im Vergleich zu den anderen europäischen Top-Ligen?

Diallo: Wir verfolgen die Bundesliga sehr genau. Das ist auch der Verdienst von Beckenbauer. Er war beispielhaft, ein großer Spieler. Der Kaiser - auch wenn ich nur Französisch spreche, sein Spitzname bleibt unvergessen. Die Bundesliga hat den gleichen Stellenwert wie die Ligue 1 Frankreichs oder die Liga in Spanien. In der Elfenbeinküste wird die Bundesliga wegen ihres hohen Niveaus sehr geschätzt. Das ist Fußball pur! Wissen Sie, was das Besondere ist? Sie ist die einzige Liga, wo es noch Fernschüsse gibt!

kicker: Warum ziehen Sie dennoch französische Trainer den Deutschen vor?

Diallo: Irrtum!

kicker: Klar, es gab immerhin mit Schnittger, Pfister und Stielike drei deutsche Nationaltrainer.

Diallo: Soll ich Ihnen etwas sagen? Als ich 2011 zum Präsidenten gewählt wurde, habe ich als ersten Trainer Uli Stielike angerufen - leider stand er in Katar unter Vertrag. Er wäre mein erster Kandidat als Nationaltrainer gewesen. Wir haben seine Arbeit sehr geschätzt.

Interview: Hardy Hasselbruch