WM

Sabella: "Sie waren Krieger"

Messi muss sich übergeben

Sabella: "Sie waren Krieger"

Konsterniert und stolz: Argentiniens Coach Alejandro Sabella.

Konsterniert und stolz: Argentiniens Coach Alejandro Sabella. Getty Images

Aus Rio de Janeiro berichtet Jörg Wolfrum

"Morgen ist ein neuer Tag", das hat am Abend nach der Finalniederlage auch Argentiniens Nationaltrainer Alejandro Sabella gesagt. Natürlich überwiege die Traurigkeit. "Wer im Finale ist, will es gewinnen." Aber sein Team habe alles gegeben, eine wunderbare WM gespielt und wenn man bedenkt, dass es gegen Deutschland ging, dann war dies sicher auch unser bestes Spiel", verbarg der 59-Jährige nicht den Stolz auf seine Jungs. "Sie haben Geschichte geschrieben."

Spielersteckbrief Messi
Messi

Messi Lionel

Spielersteckbrief Mascherano
Mascherano

Mascherano Javier

Weltmeisterschaft - Finale
mehr Infos
Trainersteckbrief Sabella
Sabella

Sabella Alejandro

Und das solle bitte ganz Argentinien anerkennen. "Denn manchmal halten wir uns ja für besser, als wir sind", sagte der Coach mit Blick Richtung allfällige Kritik und Fatalismus aus und in der Heimat, "nur" Zweiter geworden zu sein. Zweiter bei der ersten Finalteilnahme seit 24 Jahren immerhin, seit den Zeiten des sich damals schon im Sinkflug befindlichen Diego Maradona.

Denn manchmal halten wir uns ja für besser, als wir sind.

Alejandro Sabella

Doch natürlich überwog am Sonntagabend im Maracana aus argentinischer Sicht dieses "nur". Als habe sich die Christusstatue bewusst abgewendet von der Albiceleste, dabei schaut die doch stets gen Süden, also eher vorbei am legendären Rund. Aber knapp daneben ist bekanntlich auch vorbei. Und so war es bei Möglichkeiten von Gonzalo Higuain oder Lionel Messi vor der Pause, bei Messi erneut gleich nach dem Wechsel und ganz am Ende der Verlängerung gewesen, da hätte der viermalige Weltfußballer bei einem Freistoß zumindest noch das Elfmeterschießen retten können: Doch sein Schuss ging weit über das Tor.

Dass er unmittelbar nach dem Match als "Bester Spieler der WM" ausgezeichnet wurde, das war dem vierfachen Torschützen dieses Turniers gerade egal: "Das interessiert mich überhaupt nicht. Das einzige was ich wollte, ist der WM-Pokal", sagte ein enttäuschter Star. "Und ich wollte ihnen den Argentinien präsentieren." Doch er nahm sich auch selbst in die Pflicht: "Wir hatten Chancen, ich hatte Chancen, aber wir haben sie nicht genutzt." Mit seiner Einschätzung, dass Argentinien "besser war", hatte er dann aber doch eher nur die Fans der Albiceleste auf seiner Seite.

Dieser Schmerz wird ein Leben lang bleiben.

Javier Mascherano

"Dieser Schmerz wird ein Leben lang bleiben", erklärte etwas später Javier Mascherano, der "Jefecito", wie sie ihn nennen, der kleine Chef, der aber eigentlich ein Großer ist und ganz bestimmt eine gute WM gespielt hat, im Halbfinale gegen Ende der Verlängerung mit seinem Tackling gegen Arjen Robben das Gegentor verhindert und damit das Elfmeterschießen und letztlich den Finaleinzug auf den Weg brachte.

Doch ausgerechnet im Endspiel zeigte Mascherano seine schwächste Turnier-Leistung: Abspielfehler, Ballverluste – und am Ende war er mit beteiligt in der Entstehung des Gegentores durch Mario Götze. "Wir haben alles gegeben, bis uns die Kraft ausging", so der Barça-Spieler mit Tränen in den Augen, was später auch Joachim Löw bestätigte: "Wir haben gemerkt, dass Argentinien in der Verlängerung immer müder wurde."

Tränen gab es auch bei Angel di Maria, der sich im Viertelfinale gegen Belgien eine Oberschenkelverletzung zugezogen hatte und seither nicht mehr zum Einsatz kam. Sein Ersatz Ezequiel Lavezzi zeigte vor der Pause klasse Leistung, auch Coach Sabella räumte das ein. Ausgewechselt habe er den Spieler von PSG, um mit Sergio Aguero einen weiteren Stürmer bringen zu können. Der allerdings war kaum zu sehen, zumindest nur wenig positiv.

Messi übergibt sich, aber er geht voran

Wie ein wahrer Kapitän ging indes Messi nach einer für ihn ja schlechten Saison im finalen Match wie auch nach Spielschluss vorne weg. Wie er da so stand und auf die Ehrungen wartete, das war kein Vergleich zu dem 1990 nach dem 0:1 von Rom völlig in Tränen aufgelösten Diego Maradona. Dabei hatte sich Messi in der ersten Halbzeit auf dem Platz übergeben müssen.

Aber manchmal wird der 27-Jährige ja unterschätzt, gerade in schwierigen Situationen zeigt er eine angesichts seiner sonst so zurückhaltenden Art immer wieder überraschende Festigkeit im Gegenwind: angeeignet als "Floh" auf den Bolzplätzen und Klassenzimmern seiner Heimatstadt Rosario, wo er sich früh gegen Größerer und Kräftigere zu behaupten lernte.

Auch bei ihm ging wie bei Sabella der Blick nach vorne, Messi richtete ihn zunächst mal gezielt auf den Trainer: "Ich hoffe, er macht weiter." Noch hat sich der Coach nicht geäußert, vielmehr wiederholte er nach Schlusspfiff, dass noch nichts entschieden sei.

Viel lieber lobte er nochmal sein Team: "Ich bin stolz auf die Spieler. Sie waren Krieger. In der Kabine habe daher zunächst die Ruhe von Guerrerros geherrscht", so der - glaubt man seinem Berater - scheidende Trainer, wobei er prompt nachschob: "Vielleicht ist das Wort nicht angemessen in Bezug auf Fußball, aber in diesem Fall stimmt es, denn in dieser Mannschaft hat jeder alles für jeden und für Argentinien gegeben." Und noch einmal Mascherano, dieser - zumindest heute - Kämpfer von trauriger Gestalt: "Wir gehen erhobenen Hauptes."

Und sie akzeptierten die Niederlage sportlich. Auch hier kein Vergleich zu 1990, als die damals ebenfalls in blau spielende Generation den Gegner am Ende zusammentrat.

Bilder zur Partie Deutschland - Argentinien