Champions League

"Effenberg bin ich lieber aus dem Weg gegangen"

10 Jahre nach Barcelona: Interview mit Ole Gunnar Solskjaer

"Effenberg bin ich lieber aus dem Weg gegangen"

Ole Gunnar Solskjaer trifft in Barcelona zum 2:1

Moment für die Ewigkeit: Ole Gunnar Solskjaer trifft in Barcelona zum 2:1 und fügt den Bayern die "Mutter aller Niederlagen" bei. imago

kicker: Herr Solskjaer, heute vor genau zehn Jahren ...

Ole Gunnar Solskjaer: ... denkt in Deutschland wirklich noch jemand freiwillig daran? Für euch Deutsche muss dieser Tag doch ein riesiger Schock gewesen sein.

kicker: Es ist aber auch ein Stück Fußball-Geschichte. Oliver Kahn hat das 1:2 von Barcelona damals schließlich als "Mutter aller Niederlagen" bezeichnet.

Solskjaer: So freundlich hätte ich mich ziemlich sicher nicht ausgedrückt, wenn ich auf Seiten der Bayern gewesen wäre.

kicker: Wie haben Sie die entscheidenden 102 Sekunden damals erlebt?

Solskjaer: Ganz ehrlich, ich hatte nicht mehr an den Ausgleich geglaubt. Wir sind zwar angerannt, aber die Bayern waren brandgefährlich. Dann die letzte Ecke. Becks bringt sie rein und irgendwie kommt der Ball zu Sheringham. Tor! Da dachte ich, alles explodiert in meinem Kopf.

Da dachte ich, alles explodiert in meinem Kopf.

Ole Gunnar Solskjaer über den Wahnsinn von Barcelona

kicker: Und kurz darauf dann die wirklich allerletzte Ecke...

Solskjaer: ...Genau! Die Bayern wirkten ohnehin schon total am Boden. Wieder Becks, dann verlängert Sheringham und ich halte eben den Fuß hin.

kicker: Haben Sie sofort registriert, was da gerade passiert war?

Solskjaer: Zunächst mal habe ich mich über das Tor gefreut. Aber erst nach ein paar Sekunden war mir klar, wir haben das Ding wirklich noch gewonnen! Ich war wie in Trance.

Ole Gunnar Solskjaer

Held von Barcelona: Ole Gunnar Solskjaer mit dem Henkelpott. imago

kicker: Wie haben Sie die Bayern nach dem Spiel erlebt? Hatten Sie Mitleid?

Solskjaer: Schwer zu sagen, zehn Jahre danach. Jedenfalls habe ich einigen die Hand gegeben und "Sorry" gesagt. Andere habe ich lieber in Ruhe gelassen. Effenberg zum Beispiel, dem bin ich in dem Moment lieber aus dem Weg gegangen.

kicker: Bei den Bayern soll dieses Drama die Basis gelegt haben für den Champions-League-Sieg zwei Jahre später.

Solskjaer: Ich kann mir das gut vorstellen. Wenn man es schafft, eine solche Niederlage in neue Motivation zu übertragen, dann wächst man über sich hinaus.

kicker: Nun sind Sie hier als Botschafter für Manchester United hier in Rom. Wird es morgen gegen Barcelona wirklich das von vielen erhoffte Fußball-Fest geben?

Solskjaer: Es wird ein tolles Spiel auf höchstem Niveau, keine Frage. Aber ein Fest? Ein 4:4 erwarte ich sicher nicht, dafür steht zuviel auf dem Spiel. United wird hoffentlich hinten gut stehen und vorne haben wir überragende Leute, die den Rest besorgen.

kicker: Keine Angst vor Messi & Co.?

Ole Gunnar Solskjaer und Sir Alex Ferguson

Den großen Sir Alex beerben? Noch denkt Ole Gunnar Solskjaer nicht daran. imago

Solskjaer: Man hat doch im Halbfinale gesehen, wie schwer Sie sich tun, gegen eine gute Defensive. Zauberfußball habe ich da von Barça nicht gesehen. Eher ein sehr, sehr glückliches 1:1. Aber ich will mich nicht beschweren. Es ist ein Traumfinale.

kicker: Das wie endet?

Solskjaer: 3:1 für United!

kicker: Seit vorigem Jahr sind Sie Trainer der zweiten Mannschaft von Manchester United. Haben Sie Ambitionen, Sir Alex einmal zu beerben?

Solskjaer: Das würde ja bedeuten, dass Fergie aufhört. Ich hoffe doch, bis dahin dauert es noch ein paar Jahre.

kicker: Ein Angebot, norwegischer Nationaltrainer zu werden, sollen Sie angeblich abgelehnt haben.

Solskjaer: Dafür bin ich definitiv noch zu jung. Wenn schon Trainer, dann erst mal bei einem Verein. Norwegen muss noch ein wenig warten.