Champions League

Bayern beim FC Liverpool: Zeit für den K.-o.-vac!

Bayern-Trainer ist ein Spezialist in Entscheidungsspielen

Zeit für den K.-o.-vac!

Alles oder nichts? Genau sein Ding: Niko Kovac, hier jubelnd gegen Benfica Lissabon.

Alles oder nichts? Genau sein Ding: Niko Kovac, hier jubelnd gegen Benfica Lissabon. imago

Knapp drei Jahre ist es her, dass Niko Kovac gemeinsam mit seinem Bruder Robert in die Bundesliga kam. Er sollte Frankfurt vor dem Abstieg retten. Seine Verpflichtung am 8. März 2016 kam überraschend, war der Kroate ja ein Neuling in Deutschlands Beletage. Die Eintracht stand damals auf dem Relegationsplatz, und weil sie dort auch nach dem 34. Spieltag noch stand, musste sie in die "Verlängerung" gegen den Zweitliga-Dritten Nürnberg. Letztlich setzte sie sich nach einem 1:1 zuhause mit einem 1:0-Auswärtssieg durch. Kovac war damit angekommen in der Bundesliga - und er bewies erstmals in Deutschland seine Fähigkeiten (Taktik, Motivation, Einstellung) in Entweder-oder-Situationen.

In Frankfurt folgte ihm die Mannschaft bedingungslos

Diese Qualität, sich in K.-o.-Duellen durchzusetzen, behielt er bei. So erreichte er im Folgejahr - erstaunlicherweise - das Pokalfinale. Das knappe 1:2 gegen Dortmund in Berlin war für die Frankfurter Fan-Gemeinde zu verschmerzen, allein der erste Einzug ins Endspiel seit 2006 wurde als Riesenerfolg anerkannt und gefeiert. Doch Kovac setzte noch einen drauf, weil ihm die Mannschaft bedingungslos folgte: In seiner dritten Saison bei der Eintracht übersprang er erneut all die Hürden auf dem Weg nach Berlin. Die letzte davon, das Halbfinale gegen Schalke, als schon feststehender neuer Bayern-Trainer.

Der Druck im Endspiel war im zweiten Anlauf größer. Die SGE-Anhänger wollten mehr, Kovac selbst musste gewinnen, um sein Standing beim neuen Arbeitgeber zu untermauern. Es gelang - mit taktischer Raffinesse: Er stellte beispielsweise Kevin-Prince Boateng, seinen spielstärksten und erfahrensten Profi, als Anspielstation und ersten aggressiven Verteidiger in die Spitze, versuchte zudem, die fußballerisch überlegenen Bayern herauszulocken und mit schnellen langen Bällen zu überrennen. Sein Plan funktionierte, 3:1 hieß es am Ende für Kovac.

Auch in München hat er schon brenzlige Situationen gemeistert

Der inzwischen 47-Jährige war bei der Eintracht für seine Überraschungsmomente bekannt. Er und K.-o.-Spiele - das passte, und das passte auch gleich bei Bayern: Kaum angekommen, gewann er mit seinem neuen Arbeitgeber das Supercup-Finale in Frankfurt, das nächste Spiel um die Wurst, mit 5:0. Auch seine Serie im Pokal hält, seit er die Münchner übernommen hat. Und dann gab es da noch ein weiteres brenzliges Spiel: die Champions-League-Partie gegen Benfica Lissabon nur drei Tage nach dem desaströsen 3:3 gegen Fortuna Düsseldorf in der Liga.

Bis jetzt ist meine Quote ganz gut. Ich hoffe, diese Serie hält an.

Niko Kovac

Für Bayern war das Weiterkommen praktisch nur noch Formsache, aber für Kovac ging es um alles. Am Wochenende zuvor hatte Präsident Uli Hoeneß von "uninspiriertem Fußball ohne Selbstvertrauen" gesprochen und gesagt, dass sich die Führungsetage nach dem Spiel gegen die Portugiesen "schon nochmal zusammensetzen und beim FC Bayern alles hinterfragen" müsse. Kovac musste also liefern in seinem vielleicht schwersten Spiel beim Rekordmeister. Ein mickriges 1:0 wäre gegen ein schwaches Lissabon vielleicht zu wenig gewesen, doch allem Widerstand zum Trotz stand nach 90 Minuten ein 5:1 auf der Anzeigetafel.

Kovac, der Mann für die K.-o.-Duelle, war wieder zur Stelle. Das Pokal-Finale 2017 bleibt sein einziges verlorenes Alles-oder-nichts-Spiel - schon als Nationaltrainer hatte er Kroatien via Play-offs zur WM 2014 geführt. Jetzt, an diesem Dienstag in Liverpool, ist er erneut gefragt, an der Anfield Road, gegen Jürgen Klopp, den Finalisten von 2018. Es ist wieder an der Zeit für den K.-o.-vac! "Bis jetzt", sagt der Trainer gegenüber dem kicker, "ist meine Quote ganz gut. Ich hoffe, diese Serie hält an."

Georg Holzner

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