Champions League

Tuchel kritisch: "Mantel des Schweigens" über die Taktik

BVB-Trainer erklärt das taktische Hin und Her

Tuchel kritisch: "Mantel des Schweigens" über die Taktik

Fehlte nur ein Frack: BVB-Trainer Thomas Tuchel während Dortmunds Heimspiel gegen Lissabon.

Fehlte nur ein Frack: BVB-Trainer Thomas Tuchel während Dortmunds Heimspiel gegen Lissabon. Getty Images

Die Augen weit aufgerissen, das Publikum im Rücken, hektische, schnelle Bewegungen mit beiden Händen: Zwischenzeitlich sah es bei Borussia Dortmunds Heimspiel gegen Sporting Lissabon aus, als würde Thomas Tuchel das furiose Finale einer Symphonie dirigieren. Was störte: Er trug Daunenjacke statt Frack - und seine Spieler wollten einfach nicht so recht auf ihn hören.

Das Ergebnis, konstatierte der BVB-Coach nach einem "sehr zähen" Spiel, das sich "wahnsinnig schwer angefühlt" habe, das Ergebnis "rahmen wir uns ein". Zum einen weil es schlichtweg schön war, das 1:0 bedeutete den Achtelfinaleinzug; zum anderen aber auch, weil es sonst nicht viel einzurahmen gab. Schon gar nicht in taktischer Hinsicht.

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Spielersteckbrief Ginter
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Ginter Matthias

"Über die Taktik hüllen wir den Mantel des Schweigens", sagte Tuchel im ZDF. "Ich habe mich schon entschieden, dass wir daraus keine Sitzung mehr machen." So selbstkritisch hat man den Taktikfuchs selten über seine Taktik urteilen hören.

Kann sein, dass die Idee nicht so gut war.

Thomas Tuchel

Begonnen hatte der BVB im 4-1-4-1-System, hatte mit Sporting jedoch immer wieder Probleme: Die Portugiesen störten durch ihre Fünferkette, die bei Ballbesitz zur Dreierkette mit zwei zusätzlichen offensiven Außen wurde, effektiv das Dortmunder Flügelspiel, agierten "überraschend offensiv", wie Matthias Ginter einräumte. Man habe daraufhin versucht, so Tuchel, "eine defensive Struktur zu finden, dass nicht unsere Offensiven ständig gebunden werden durch die offensiven Außenverteidiger".

Sporting baute mit drei Spielern auf - das wollte Tuchel nach der Pause dann nachmachen: Er stellte seinerseits auf Fünferkette plus Doppelsechs um, "um für kürzere Passabstände zu sorgen. Unsere Passabstände waren sehr, sehr lang. Und wenn alle Passabstände hintereinander sehr, sehr lang sind, gibt es (für den Gegner, d.Red.) einfach viel Zeit zu verschieben."

Sporting spielt den gleichen Taktikansatz mutiger

Das Problem laut Tuchel: Sporting habe das im Spielaufbau viel mutiger gemacht, seiner Mannschaft dagegen habe "die Selbstverständlichkeit" gefehlt, "mit den Innenverteidigern in die Räume reinzugehen". Tuchels Plan, durch die Umstellungen nach dem Seitenwechsel das Zentrum zu stärken "und darüber das Spiel zu kontrollieren", griff nicht.

Und so baute er in der 69. Minute ein drittes Mal um: Lukasz Piszczek und Sebastian Rode kamen für Gonzalo Castro und Mario Götze, die Borussia kehrte wieder zur Viererkette zurück. Raphael Guerreiro, der als Linksverteidiger begonnen und zur zweiten Halbzeit nach innen gerückt war, übernahm wieder die Außenbahn.

Dortmunds Probleme - für Ginter "eine Frage der Balance"

Das taktische Hin und Her machte den Sieg letztlich weder souveräner noch kaputt - warum wollten Tuchels Kniffe diesmal nicht funktionieren? "Kann sein, dass die Idee nicht so gut war", meinte er, vielleicht mangelte es auch an der Ausführung: Sporting agierte phasenweise einfach forscher. Auch Ginter räumte hinterher ein, dass die Mannschaft derzeit wegen der jüngsten Ergebnisse nicht "vor Selbstvertrauen strotzt", es sei im Moment "eine Frage der Balance". Gut verteidigen und gut angreifen - beides auf einmal fällt dem BVB gerade schwerer als gewohnt.

jpe