Als ob er eine Vorahnung gehabt hätte. "Bruno wird für uns noch wichtig", hatte Klaus Allofs prophezeit in Leverkusen, wo Bruno Henrique eine Halbzeit lang vorspielen durfte. Mehr schlecht als recht, wie viele Beobachter meinten. Ganz ansprechend, wie Geschäftsführer Allofs und Trainer Dieter Hecking dem bislang nur als Joker in Erscheinung getretenen Brasilianer bescheinigten.
Dass Bruno Henriques Stunde doch so rasch schlagen und seine Wertigkeit ausgerechnet im Duell mit Real Madrid deutlich werden sollte, hatte indes niemand auf der Rechnung - wohl auch nicht der Mann auf der Bank der Madrilenen. Bruno Henrique avancierte zu Heckings Überraschungsgast, eine Personalie, mit der Zinedine Zidane, der große Gegenspieler des Coaches der "Wölfe" nicht gerechnet hatte.
Spielersteckbrief Bruno Henrique
Spielersteckbrief Marcelo
Champions League - Viertelfinale
Ein toller Abend!
Bruno Henrique
Es war der Tag des 25-Jährigen, der selbst in seiner Heimat ein eher unbeschriebenes Blatt war und ist. Für vier Millionen Euro im Winter vom Zweitligisten Goia geholt, trumpfte der Offensivspieler in seinem ersten Spiel in der Champions League auf dem rechten Flügel auf. "Ein toller Abend", kommentierte er nachher dieses Erlebnis, ohne sogleich in Überschwang zu verfallen. "Doch wir müssen weitermachen und weiter hart arbeiten."
Eine Devise, die er beispielhaft für seinen Werdegang bei dem Bundesligisten sieht. Gegen alle Widerstände und Anlaufschwierigkeiten, wie sie für Lateinamerikaner in Europa normal sind, hat er sich durchgebissen und nun triumphiert: "Ich habe hart gearbeitet, um in die Stammelf zu rücken."
Es glückte, es ging schneller, als manche vermutet hatten. Ausgerechnet gegen die Topelf aus Spanien. "Mit großer Vorfreude" ging Bruno Henrique in die Partie, kannte nach eigenem Bekunden keine Scheu vor den großen Namen. "Es sind alles Topspieler", sagte er nach dem Schlusspfiff, "doch ich konnte mich auf die Unterstützung der Kollegen verlassen."
Bruno Henrique lobt Mannschaftsleistung und Fans
Seine Analyse fiel zurückhaltend aus, keineswegs überschwänglich. Bruno Henrique stellte die "überragende Mannschaftsleistung" heraus, lobte die Unterstützung der Fans, die ihn bei seiner Auswechslung mit lauten "Bruno-Rufen" verabschiedet hatten, was auf ihn besonderen Eindruck gemacht hat: "Das wird immer in meinem Kopf bleiben."
Spielbericht
Der Junge, bis zum Mittwochabend eher ein unscheinbarer Vertreter im Starensemble der Niedersachsen, ist angekommen in Wolfsburg. So wie er gegen die "Königlichen" auftrumpfte, ist er mit seiner Schnelligkeit und seinem Spielverständnis, seiner Unbekümmertheit und seinen technischen Voraussetzungen eine weitere Option. Ein Beispiel seiner Klassse: die Vorlage zum 2:0 durch Arnold. "Ein toller Pass von Julian Draxler", schilderte der Flügelstürmer die Szene aus seiner Sicht. "Ich habe sofort erkannt, wie Maxi in den Strafraum kommt und den Ball gespielt." Im Training habe es schon mehrfach gut geklappt, was ihm schon häufig den Zuspruch des Trainers eingebracht hat. Nun funktionierte es auch im Ernstfall.
Duell der Brasilianer
Das Duell der Brasilianer: Bruno Henrique und Marcelo. Getty Images
Hauptsächlich hatte es Bruno Henrique mit Marcelo zu tun, dem Nationalspieler aus seinem Heimatland. Das Duell der Brasilianer: Hier der No-Name, dort der Star aus der Selecao. Wie er den Zweikampf gesehen hat? Bruno Henrique erwähnt brav die Qualitäten des großen Landsmanns, um dann doch ein bisschen offensiver zu werden: "Ich habe auch meine Qualitäten auf den Platz gebracht. Ich denke, ich habe ein gutes Spiel gemacht." Recht hat er. Bruno Henrique, so das Urteil der Außenstehenden, hat dieses Duell nicht nur wegen seiner Vorarbeit zum vorentscheidenden zweiten Tor gewonnen - um Längen.
