Champions League

So schadet der BVB dem deutschen Fußball

Kommentar von Thomas Hennecke zum Dortmunder Europa-Aus

So schadet der BVB dem deutschen Fußball

"Potpourri europäischer Unzulänglichkeiten": Der BVB, hier Jakub Blaszczykowski, scheiterte in Europa.

"Potpourri europäischer Unzulänglichkeiten": Der BVB, hier Jakub Blaszczykowski, scheiterte in Europa. Getty Images

Den Gang zur Südtribüne ersparte sich ein Großteil der BVB-Profis am Dienstagabend. Auf den Rängen war auch kaum noch jemand nach dieser am Ende schockierenden Selbstentblößung gegen Olympique Marseille - selbst die treuesten Fans der Borussia, die als "Gelbe Wand" auch an schwarzen Tagen bisher demonstrativ zu ihrer Mannschaft standen, hatten in Scharen die Flucht angetreten.

In stummer Resignation erlebten die in ihrer Zuneigung eigentlich unbeirrbaren Anhänger Tiefpunkt und Ende einer kläglichen Dortmunder Champions-League-Saison. Sie war für den Deutschen Meister als Reifeprüfung ausgerufen worden. Die bittere Erkenntnis nach vier Niederlagen, einem Hagel von Gegentoren und einem schmachvollen Ausscheiden: Auf oberster europäischer Wettbewerbsebene sind die westfälischen Elite-Jahrgänge mit Pauken und Trompeten durchgefallen.

Auch wenn die Champions League kein von Deutschland dominierter Wettbewerb ist und mit Bayern München (immerhin Finalist 2010) im Grunde seit Jahren nur einen zuverlässigen Repräsentanten der Bundesliga kennt - ein derart schwaches Bild darf der BVB nicht abgeben, so schadet er dem deutschen Fußball. Auf krasse Weise konterkariert Dortmund das Bild von der wieder kraftstrotzenden Liga, die im UEFA-Ranking Italien überholt und sich einen weiteren Startplatz in der Königsklasse erkämpft hatte.

Eine Riesenchance wurde leichtfertig und dilettantisch vertan.

Vor nicht einmal einem halben Jahr verneigten sich auch internationale Beobachter vor dem für Dortmund typischen Stilmix aus gesunder Aggression, einer hohen Organisationsdichte, mutigem Verteidigen und spielerischer Abenteuerlust. Diesen Fußball auf einer Imagekampagne nun auch in Europa zu verankern, ohne dabei gleich realitätsferne Titelfantasien zu entwickeln, wäre eine Riesenchance für den BVB gewesen. Sie wurde leichtfertig und dilettantisch vertan.

Die Borussia hat mit ihrem Potpourri europäischer Unzulänglichkeiten nicht nur der Liga, sondern auch sich selbst einen Bärendienst erwiesen. Dass sie nach 2010 (Europa League) sogar zum zweiten Mal auf die Nase flog, ist doppelt schlimm.

Thomas Hennecke (BVB-Experte des kicker)