Bundesliga

Pulisics Hoffnung: Mit Titel nach England

Dortmund: US-Amerikaner fühlt sich "klarer im Kopf"

Pulisics Hoffnung: Mit Titel nach England

Christian Pulisic am Samstag im Teamhotel in Marbella.

Christian Pulisic am Samstag im Teamhotel in Marbella. imago

Aus Dortmunds Trainingslager in Marbella (Spanien) berichtet Matthias Dersch

Auch Superhelden haben es manchmal schwer im Leben. Erst recht, wenn sie gar nicht mit Superkräften gesegnet sind, sondern nur manche Dinge besser können als andere. Christian Pulisic – in der Heimat zu Captain America hochgejazzt, kennt das. 20 Jahre alt ist er erst, und dennoch werden speziell daheim in den USA wahre Wunderdinge von ihm erwartet: Er soll die US-Nationalmannschaft zu neuem Glanz führen und nebenbei eine ganze Sportart auf ein neues Level hieven – und damit auf eine Stufe mit Basketball, Football, Baseball und Eishockey.

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"Wenn ich in Dortmund spiele, dann spüre ich diesen Druck nicht", sagt Pulisic, als er am Samstagmittag an einem schattigen Plätzchen auf der Terrasse des Teamhotels in Marbella Platz genommen hat. Man kann ihm das glauben, doch leichte Zweifel sind erlaubt. Denn seit dem überraschenden und vor allem schmerzhaften Aus in der WM-Qualifikation im Oktober 2017, ist Pulisic die Leichtigkeit abhandengekommen, die seinen Fußballstil zuvor so ausgemacht hatte.

Das war in den vergangenen Monaten auf dem Platz zu sehen. Das ist aber auch zu spüren, wenn man mit ihm, der Medienauftritte nie sonderlich prickelnd fand, spricht. Pulisic wirkt, als stünde er hinter einer unsichtbaren Mauer. Das Lächeln, so es denn kommt, ist schüchtern. Die Aussagen sind weitgehend standarisiert. Bloß nichts falsch machen, scheint die Devise des 20-Jährigen zu lauten.

Antrittsstark, direkt, zielstrebig – so hatten die BVB-Fans den im beschaulichen Hershey (Pennsylvania) geborenen US-Amerikaner kennengelernt, als er als 17-Jähriger die Bundesliga-Bühne betrat und serienweise neue Altersrekorde aufstellte. Doch mit der Zeit stockte seine Entwicklung, gelang ihm nicht mehr alles, kam die Stagnation auf einen hohen Level zwar, doch so deutlich, dass andere in Dortmund an ihm vorbei ins Rampenlicht preschten.

Sancho, Raphael Guerreiro, Bruun Larsen zogen an Pulisic vorbei

Jadon Sancho, Raphael Guerreiro, auch Jacob Bruun Larsen, sein Weggefährte aus gemeinsamen Jugendjahren in Dortmund, zogen in dieser Saison an ihm vorbei und degradierten ihn zum Nebendarsteller in einer jungen, hungrigen und fantasieanregenden Mannschaft. Nur fünf Mal stand er in der Bundesliga-Hinrunde in der Startelf, vier Mal davon an den ersten sechs Spieltagen. Auch seine Quote vor dem Tor (1 Treffer, 2 Assists) war nur durchschnittlich. Dass er angesichts dieser Zahlen nicht vor Selbstvertrauen strotzt, ist verständlich.

Die Reaktionen der BVB-Fans fielen milde aus, als er am 2. Januar seinen Wechsel zum FC Chelsea verkündete. Zum einen, weil die 64 Millionen Euro Ablöse, die der BVB für den für ein halbes Jahr zurückgeliehenen Pulisic kassiert, den Trennungsschmerz linderten. Zum anderen aber auch, weil sein Wert fürs Team längst nicht mehr so hoch war wie noch vor einiger Zeit, als er als frisches, unverbrauchtes und forsches Gesicht dazu aufschwang, sich zu einem neuen Gesicht des BVB zu entwickeln – und auch entsprechend vermarktet wurde.

Pulisic: "Mein Kopf ist jetzt definitiv ein bisschen klarer"

Die Klarheit bezüglich seiner Zukunft, die seit dem 2. Januar herrscht, soll Pulisic nun helfen, in der Rückrunde auch einen sportlich anständigen Abschied hinzubekommen. "Mein Kopf ist jetzt definitiv ein bisschen klarer", sagt er, "denn mir war es wichtig, dass wir das auf die richtige Weise lösen. Ich bin glücklich, dass ich das halbe Jahr noch mit meinen Mitspielern in Dortmund erleben darf. Und ich bin nicht hier, nur um meine Zeit zu Ende zu bringen. Ich will auch Leistung bringen." Pulisic möchte sich als Stammspieler verabschieden – und im Idealfall auch als Titelträger.

Die Chance dazu sieht er gegeben. "Wir stehen zurecht ganz oben und hatten ein großartiges Halbjahr", sagt er, "und wir haben weiter große Ambitionen. Wir wollen eine spezielle Saison spielen. Das Gefühl, dass das möglich ist, ist im Klub zu spüren." Als Deutscher Meister nach England – dieses Ende seiner dann fünfjährigen Zeit bei Borussia Dortmund dürfte sich Pulisic in seinen Träumen ausmalen, auch wenn er das so klar nicht zugegeben mag. Sein Einstieg in Chelsea, wo er laut eigener Aussage einen Kindheitstraum verwirklicht, würde durch die Silberware im Handgepäck sicher nicht komplizierter. Im Gegenteil. So eine Meisterschale sieht schließlich fast so aus wie der Schild der Comicfigur Captain America, nach der Pulisic seinen Spitznamen bekam.

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