Bundesliga

Trainer Pal Dardai: "Hertha gegen Hertha - das verstehe ich nicht"

Coach hofft auf schnelle Lösung im Streit mit den Ultras

Dardai: "Hertha gegen Hertha - das verstehe ich nicht"

Will endlich wieder Ruhe im Klub: Hertha-Trainer Pal Dardai.

Will endlich wieder Ruhe im Klub: Hertha-Trainer Pal Dardai. imago

Er habe "kein Hörgerät für die Kabine", erklärte Dardai. "Aber bestimmt diskutieren die Jungs auch in der Kabine über das Thema. Wichtig ist, dass die Ruhe zurückkehrt, weil Hertha seit dreieinhalb Jahren sehr erfolgreich ist."

Von Ruhe ist der Klub derzeit weit entfernt. Der Konflikt nimmt stattdessen immer groteskere Züge an. Am Mittwochabend hatte sich der Dissens mit Teilen der Fans nochmals zugespitzt. Die Fanhilfe Hertha B.S.C. erstattete Anzeige gegen Geschäftsführer Michael Preetz wegen "Beleidigung und übler Nachrede". In einer vom Förderkreis Ostkurve veröffentlichten Erklärung hieß es, man sei es "allen verletzten Herthanern schuldig, uns gegen die herabwürdigenden Anfeindungen und falschen Anfeindungen der Geschäftsführung zu wehren".

Trainersteckbrief Dardai
Dardai

Dardai Pal

Hertha BSC - Vereinsdaten
Hertha BSC

Gründungsdatum

25.07.1892

Vereinsfarben

Blau-Weiß

mehr Infos
Bundesliga - 11. Spieltag
mehr Infos

Zudem hieß es in der Erklärung, dass Personen, die bei der Auseinandersetzung in Dortmund bei Herthas Auswärtsspiel vor zwölf Tagen Verletzungen davontrugen, die Berliner Rechtsanwaltskanzlei Lau & Meyer mit der Einreichung von Strafanzeigen gegen die Verantwortlichen des Polizeieinsatzes beauftragt hätten. Michael Preetz hatte nach den Vorkommnissen in Dortmund von "einer Katastrophe und einer ganz bitteren Stunde für den Fußball und für Hertha BSC" gesprochen. Bei den Auseinandersetzungen waren nach Polizeiangaben 45 Menschen verletzt worden. Die Berliner Anhänger bewerteten den Polizeieinsatz als unverhältnismäßig.

Als Reaktion auf die Randale von Dortmund hatte Hertha vor einer Woche vorm Heimspiel gegen RB Leipzig (0:3) Banner, Blockfahnen und Doppelhalter im Stadion verboten. Die Folge war ein Stimmungsboykott der Ostkurve - und eine fast bizarre Atmosphäre im Stadion.

Ultras fehlen beim Runden Tisch

Das Verhältnis zwischen der Führungsetage des Bundesligisten und den einflussreichsten Ultra-Gruppierungen ist seit längerem auch wegen der von Klubseite massiv forcierten Digitalisierung immens belastet, mittlerweile ist es auf einem Tiefpunkt angekommen. Damit die Ultras an einem geplanten Runden Tisch teilnehmen können, hatte die Geschäftsführung zuletzt ein Vorgespräch zur Bedingung gemacht. Die Ultras lehnten das ab, ihre führende Gruppierung, "Die Harlekins", hatte auf ihrer Homepage erklärt: "Anstatt die Chance zu ergreifen, bei einem Runden Tisch verschiedene kritische Themen zu diskutieren, geht die Geschäftsführung mit dieser Erpressung mal wieder auf Konfrontation." Ein Ende der Eiszeit scheint nicht in Sicht. Bei dem Runden Tisch von Geschäftsführung und mehreren Fan-Gruppierungen, der für diesen Donnerstagabend geplant ist, werden die Ultras fehlen.

Emotional aufgeladene Partie in Düsseldorf

Unabhängig von den Problemen mit Teilen der Fan-Szene: Auch das Spiel am Samstag bei Fortuna Düsseldorf (15.30 Uhr, LIVE! bei kicker.de) ist nach den Vorkommnissen im Relegationsrückspiel 2012 , das als Skandalspiel in die Geschichte einging, emotional aufgeladen. Das seinerzeit mehrfach unterbrochene Spiel endete 2:2, Hertha stieg ab. Der Einspruch des Klubs gegen die Spielwertung wurde vom Sportgericht später abgewiesen, mehrere Spieler - auf Berliner Seite Levan Kobiashvili, Christian Lell, André Mijatovic und Thomas Kraft - wurden gesperrt, Kobiashvili nach einem Angriff gegen Schiedsrichter Wolfgang Stark sogar bis Ende Dezember 2012.

Rehhagel und die "Halbangst"

Der damalige Hertha-Trainer Otto Rehhagel ("Kobiashvili ist der fairste Spieler seit dem Zweiten Weltkrieg.") sagte seinerzeit in der Verhandlung vorm Sportgericht, er habe sich während des Platzsturms in Düsseldorf an die Bombennächte im Zweiten Weltkrieg erinnert gefühlt, die er mit seinen Eltern in einem Essener Bunker verbracht habe. Auf die Nachfrage des Gerichts, ob er Angst gehabt habe, antwortete Rehhagel mit dem legendär gewordenen Begriff: "Halbangst."

Dardai: "Wir haben genug Probleme hier, die Düsseldorfer auch"

Pal Dardai, der an jenem Mai-Abend 2012 zu Hause vorm Fernseher saß, will sich vor der Rückkehr an die Stätte des Skandalspiels "mit der Vergangenheit nullkommanull beschäftigen". Er sagte am Donnerstag: "Wenn ich ehrlich bin, hat das von beiden Seiten damals nicht gut ausgesehen. Es war eine komische Situation, aber ich war nicht dabei. Ich will das nicht mehr so hochhängen, das ist Vergangenheit. Wir haben genug Probleme hier, die Düsseldorfer auch. Das Wichtigste ist, dass wir uns auf Fußball konzentrieren." Der Hinweis klang in diesen in und um Hertha sehr unruhigen Herbst-Tagen noch ein bisschen angebrachter als sonst.

Steffen Rohr