Bundesliga

Schipplock: "Das Schwierigste ist, Selbstvertrauen aufzubauen"

Darmstadts HSV-Leihgabe wartet seit 1665 Minuten auf ein Tor

Schipplock: "Das Schwierigste ist, Selbstvertrauen aufzubauen"

Ist derzeit vom Hamburger SV an Darmstadt 98 ausgeliehen: Sven Schipplock.

Ist derzeit vom Hamburger SV an Darmstadt 98 ausgeliehen: Sven Schipplock. picture alliance

kicker: Drei Trainer in einer Saison – ist das Neuland in Ihrer Profikarriere, Herr Schipplock?

Sven Schipplock: Nein, ich habe sogar schon einmal vier erlebt, in Hoffenheim: Nach Markus Babbel kamen Frank Kramer, Marco Kurz und dann Markus Gisdol.

Spielersteckbrief Schipplock
Schipplock

Schipplock Sven

kicker: Kommt man in so einer Situation als Spieler ins Grübeln, welchen Anteil man selbst daran hat?

Schipplock: Man denkt vielleicht mal kurz darüber nach, aber man wird es sich nicht persönlich ankreiden. Heutzutage ist es einfach so, dass der Trainer der Erste ist, der fliegt, wenn die Mannschaft nicht funktioniert. Für uns Spieler ist es auch nicht immer einfach, sich auf neue Personen einzustellen. Klar ist aber auch: Wenn wir unseren Job richtig gut gemacht hätten, gäbe es vermutlich keinen Trainerwechsel.

kicker: Welchen Eindruck macht Torsten Frings?

Schipplock: Einen guten. Er bringt viel Schwung rein, fordert uns extrem, und der Spaß bleibt nicht außen vor. Es ist Zug drin und jeder zieht mit.

kicker: Wie wichtig ist der Spaß, damit die Köpfe wieder hochgehen? Bei acht Bundesliganiederlagen nacheinander gab es vor der Winterpause sicher extrem wenig zu lachen.

Egal, wie viele Chancen man vergibt, man muss es immer weiter versuchen - wie der Vertreter, der immer weiter an Türen klingelt.

Sven Schipplock

Schipplock: Ich glaube, es ist mit das Schwierigste in so einer Situation, wieder Selbstvertrauen aufzubauen und den Spaß zurückzugewinnen, den der Sport normalerweise mit sich bringt. Man braucht beides, um sein Können umzusetzen. Verunsicherung und nachdenklich zu sein, wirkt eher leistungshemmend. Wichtig ist jetzt, die Köpfe frei zu bekommen, wieder Spaß reinkriegen und das Selbstbewusstsein auf den richtigen Stand bringen.

kicker: Hat Ihnen Ramon Berndroth auch von der Staubsaugervertreter-Mentalität erzählt?

Schipplock: Ja, wir haben darüber gesprochen, gerade Stürmer werden ja häufig mit ihren Torflauten konfrontiert. Doch egal, wie viele Chancen man vergibt, man muss es immer weiter versuchen - wie der Vertreter eben, der immer weiter an Türen klingelt. Wenn man aufhört, wird man wahrscheinlich gar keinen Erfolg mehr erzielen.

Sven Schipplock

Seit 1665 Bundesliga-Minuten torlos: Sven Schipplock schlägt sich derzeit mit seiner längsten Durststrecke herum. picture alliance

kicker: Sie haben seit Jahren einen Mentaltrainer, um nicht zu verzagen.

Schipplock: Die Zusammenarbeit hat sich aufgrund familiärer Kontakte ergeben. Ich arbeite mit dem Coach David Kadel zusammen. Es besteht seit meiner Stuttgarter Zeit Kontakt. Er hilft mir dabei, mich richtig zu fokussieren, nicht ablenken zu lassen und einigen anderen Themen. Es gibt Phasen, in denen wir jede Woche telefonieren und uns ab und zu treffen, aber auch welche, in denen der Kontakt seltener ist. David Kadel hat mir auch geholfen zu lernen, wie ich mit Hilfe meines christlichen Glaubens Probleme lösen kann.

kicker: Sie haben weder in der vergangenen Saison für den HSV noch in dieser für Darmstadt ein Bundesligator geschossen. Wie machen Sie sich davon frei, sich runterziehen zu lassen?

Ich dachte nicht, dass es so an mich rankommt.

Sven Schipplock über den immensen Rummel in Hamburg

Schipplock: Man nimmt sich ständig vor, im Kopf klar zu bleiben, sich aufs Spiel zu konzentrieren. Andererseits will man so schnell wie möglich wieder ein Tor erzielen. Die Zeit in Hamburg und die in Darmstadt betrachte ich differenziert. Beim HSV sind viele Faktoren eingeflossen, mit denen ich nicht gerechnet habe: der neue Trainer, die Stadt, die Fans, die Medien – mit der entsprechenden Erwartungshaltung. Ich dachte nicht, dass es so an mich rankommt. Wenn man außerdem Tormöglichkeiten hat, die ich in meiner bisherigen Karriere genutzt habe und jetzt nicht mehr, dann zieht einen das insgesamt runter. Als ich zu den Lilien gewechselt bin, habe ich versucht, alles hinter mir zu lassen. Aber dadurch, dass ich hier auch noch nicht getroffen habe, hat es mich leider wieder etwas eingeholt.

kicker: Was ist am Böllenfalltor anders?

Schipplock: Der Unterschied zu Hamburg natürlich ist, dass man in Darmstadt nicht viele Torchancen bekommt. Das bedeutet: Wenn ich im Spiel alles gegeben habe, ausgepowert bin, aber keine Torchance hatte, dann kann ich das anders verarbeiten, als wenn ich zwei Großchancen nicht reingemacht habe. Gleichzeitig weiß ich aber auch, dass es den Leuten schlussendlich egal ist, warum ich nicht treffe: Sie wollen Tore sehen.

kicker: Wenige Wochen nachdem Sie sich vom HSV ausleihen ließen, wurde dort Markus Gisdol Trainer. Bereuen Sie den Wechsel mittlerweile?

Schipplock: Nein. Aber unter ihm hatte ich bei 1899 Hoffenheim die bisher erfolgreichste Zeit meiner Bundesligakarriere. Seine Fußballphilosophie hat mir einfach zugesagt. Klar macht man sich auch mal Gedanken, was wäre wenn. Sie zu vertiefen, macht aber keinen Sinn. Es ist wie es ist und nichts passiert ohne Grund. Im Nachhinein hat sich noch jeder Schritt in meinem Leben als richtig erwiesen. Daher freue ich mich auch sehr auf das, was jetzt kommt.

Interview: Michael Ebert