Bundesliga

Leverkusen: Wunderzeit oder Thomas Müller

Bayer steht in der Champions League vor dem Aus

Leverkusen: Wunderzeit oder Thomas Müller

Hätte sich einen Thomas Müller im Bayer-Dress gewünscht: Leverkusens Christoph Kramer.

Hätte sich einen Thomas Müller im Bayer-Dress gewünscht: Leverkusens Christoph Kramer. picture alliance

Die Stimmung hatte sich auf der nächtlichen Fahrt vom Stadion in Baryssau zum Flughafen in Minsk nicht wirklich gebessert, daran änderten auch die positiven Nachrichten aus dem fernen Barcelona nichts. Eine Stunde lang ging es für Bayer Leverkusen mit dem Bus durch die weißrussische Provinz, über leere Straßen, vorbei an kahlen Birkenwäldern. Unterwegs verfolgte nicht nur Sportdirektor Rudi Völler über das Smartphone den Spielverlauf in Katalonien. Am Ende schlug Barcelona Rom deutlich 6:1, was Bayers vorzeitiges Aus in der Champions League zwar verhinderte und der Werkself die vage Hoffnung auf das Erreichen des Achtelfinales lässt. Die meisten Leverkusener hatten sich am Dienstagabend aber gedanklich bereits von diesem Ziel verabschiedet.

"Vor Weihnachten ist immer Wunderzeit"

Eine "klitzekleine Minimalchance" (Völler) bleibt Bayer nach dem enttäuschenden 1:1 bei Außenseiter BATE Baryssau noch. Um die zu nutzen, braucht man am 9. Dezember im Gruppenfinale gegen Titelverteidiger Barcelona nicht nur die Schützenhilfe der zeitgleich in Rom antretenden Weißrussen, sondern laut Völler auch einen "absoluten Traumtag" gegen die Übermannschaft Barcelona. Kurzum: Die Lage ist nahezu aussichtslos, was Mittelfeldspieler Christoph Kramer zu dem nicht ganz ernstgemeinten Ausspruch veranlasste: "Vor Weihnachten ist immer Wunderzeit."

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Von Platz 2 bis 4 ist noch alles möglich

Kramer und auch Völlers Aussagen zeugen einerseits von einer realistischen Einschätzung der Situation, bringen gleichzeitig aber auch die Leverkusener Hoffnungslosigkeit zum Ausdruck. Durch den Auftritt in Baryssau, der ähnlich wechselhaft verlief wie u.a. schon die Spiele gegen und in Rom (4:4 und 2:3), hat sich Leverkusen um eine bessere Ausgangslage gebracht. Theoretisch ist in der Gruppe von Platz 2 bis 4 noch alles möglich. Am wahrscheinlichsten ist allerdings, dass die Rheinländer den Gang in die Europa League antreten müssen - oder antreten dürfen. Je nach Sichtweise. Die zweite, positivere Interpretation versuchte Michael Schade den mitgereisten Journalisten am Flughafen in Minsk schmackhaft zu machen.

Leverkusens sichtlich mitgenommener Geschäftsführer meinte mehr als einmal, er wolle die mögliche Abstufung in die Europa League nicht schönreden. Wenn man seine Ausführungen aber hörte, drängte sich genau dieser Eindruck auf (wie im Übrigen auch bei einigen Äußerungen von Völler). "Nicht so toll wie die Champions League" sei der kleine Europapokal, aber dennoch "ein attraktiver Wettbewerb", argumentierte Schade. Und: Sollten bis zu sechs deutsche Teilnehmer in die Zwischenrunde der Europa League einziehen, "wird das eine Europa League sein, die in deutscher Hand ist". Das, bemerkte Schade noch, könne sich doch auch "positiv auf die Fünfjahres-Wertung (der UEFA, Anm. d. Red.) auswirken". Das klang beinahe so, als tue man mit dem Einzug in den zweitklassigen Europapokal sogar Gutes, vor allem aber konnte man meinen, Leverkusen sei der Platz in der K.-o.-Phase der Europa League bereits sicher. Das aber ist er noch nicht.

"In den nächsten Wochen geht es darum, ob die Hinrunde hopp oder top war"

Bevor sich Anfang Dezember die Frage klärt, ob und wo Bayer im Europapokal überwintert, stehen für die Werkself auch in der Bundesliga wegweisende Partien an. Bereits am Sonntag (17.30 Uhr, LIVE! bei kicker.de) gastiert Schalke 04 in der BayArena. Bis zum Jahresende folgen die Duelle mit den Tabellennachbarn Berlin, Gladbach und Ingolstadt sowie im Pokal mit Unterhaching. "In den nächsten Wochen geht es darum, ob die Hinrunde hopp oder top war", sagte Kramer.

"Hätten wir einen Thomas Müller gehabt . . ."

Geht man nach den bisherigen Eindrücken, lässt sich seriös nicht vorhersagen, was es zu Weihnachten sein wird. "Die Konstanz fehlt", gestand Kramer. Gute und schlechte Auftritte wechseln sich ab, mitunter gibt's auch beides binnen 90 Minuten zu sehen, so auch in Baryssau. Die erste Hälfte war ganz schwach, die zweite dann besser, aber auch nur phasenweise gut. Trotzdem waren gegen die defensiven Weißrussen Chancen da, nur nutzte Bayer die nicht konsequent. "Hätten wir einen Thomas Müller gehabt", meinte Kramer deshalb, "der hätte den Ball am Fünfer an fünf Gegenspielern vorbei ins Tor geschossen."

"Dann stehen die Chancen besser, wenn man nicht ständige solche Scheiße baut"

Dass Müller bei den Bayern unter Vertrag steht und Leverkusens Chancenverwertung zu optimieren ist, war am Dienstag allerdings nicht das einzige Problem. Bernd Lenos Patzer in der zweiten Minute spielte Baryssau in die Karten. Der bereits dritte Aussetzer des Nationalspielers in dieser Saison könnte sich auch negativ auf die vom Torwart angestrebte EM-Teilnahme auswirken. "Solche Sachen dürfen mir nicht mehr passieren. Dann stehen die Chancen besser, wenn man nicht ständige solche Scheiße baut", sagte der 23-Jährige, der selbstkritische Worte fand und keine Ausreden suchte. Das aber tut in Leverkusen nicht jeder.

Jan Reinold

Bilder zur Partie BATE Baryssau - Bayer 04 Leverkusen