Int. Fußball

Renato Augusto zieht es zurück nach Deutschland

Brasilianer spielte vier Jahre für Bayer Leverkusen

Renato Augusto zieht es zurück nach Deutschland

Der Ex-Leverkusener Renato Augusto im Trikot von Corinthians Sao Paulo.

Der Ex-Leverkusener Renato Augusto im Trikot von Corinthians Sao Paulo. imago

Er spielte damit auf das legendäre 1:7 von der WM 2014 in seinem Heimatland an: "Ich habe diese Partie gemeinsam mit Freunden gesehen. Es bedeutete den historischen Tiefpunkt in unserer Geschichte. Deutschland hätte sogar zehn Tore schießen können. Die deutsche Nationalmannschaft ist die beste der Welt."

Und die Bundesliga wächst gemeinsam mit dem Zugpferd, ist für viele Profis ein mehr als attraktiver Markt. Für Renato Augusto - der 2009 bis 2012 in Leverkusen kickte - auch? "Ja. Als ich kam, war ich sehr jung, gerade 20 Jahre alt. Mir fehlte die Reife. Ich hatte Heimweh. Heute kann ich mir vorstellen, dieses oder nächstes Jahr wieder nach Europa zu gehen. Ganz egal, ob Deutschland oder Spanien. Obwohl es mich etwas mehr nach Deutschland zieht, weil ich aus meiner Zeit bei Bayer noch viele Freunde habe."

Der Haken: Sein Kontrakt in Sao Paulo läuft noch zwei Jahre, Angebote aus Europa gibt es derzeit nicht. Renato Augusto ist ein bisschen verschwunden vom Schirm, gilt als gescheitert: "Das bin ich nicht. Ich hatte gute Zeiten in Leverkusen." Stimmt. 125 Pflichtspiele absolvierte er für die Werkself, deren Fans "ihren" Renato bis heute verehren.

Dass er starken Leistungsschwankungen unterworfen war und zu häufig nicht das zeigte, was in ihm steckt, weiß er und sagt dazu: "Es ging mir gut, aber ich habe meine Familie vermisst. Meine Gedanken waren häufig in Brasilien, auch wenn ich nach und nach, vor allen Dingen dank der Hilfe von Gonzalo Castro, die Sprache gelernt habe. Ich musste einfach zurück nach Brasilien gehen. Ich denke, ich war zu jung, vielleicht kam der Wechsel zu früh. Heute bin ich reifer. Ich habe eine Frau und Kinder, führe ein ganz normales Familienleben. Mein Kopf wäre nun eher bereit für Europa."

In Brasilien erlebt Augusto das komplette Programm eines reichlich unstrukturierten, aber hoch emotionalen Profi-Daseins: Da sind zunächst die meist schlecht koordinierten Wettbewerbe. "Unsere Saison beginnt am 1. Februar und endet im Dezember. Ohne Pause. Wir kommen auf fast 80 Spiele in diesen 10 Monaten. Ich sehne mich nach der Sommerpause."

Dann wären da noch die Fans des Traditionsklubs aus der Metropole Sao Paulo, genannt "die Verrückten". Verliert der Klub, "können wir unsere Häuser nicht verlassen, keinen Spaziergang machen, nicht ins Restaurant gehen. Völlig undenkbar in Deutschland. In diesem Punkt ist die brasilianische Mentalität nicht gut, die Liebe für den Fußball und speziell für die Corinthians, ist unglaublich stark. Für viele ist der Klub das Wichtigste im Leben, erst dann kommt die Familie."

Auswüchse, die man nicht gut finden kann. Anfang 2014 stürmten enttäuschte Fans der "Timao" (Mannschaft) nach einer Pleite sogar die Kabinen der Spieler, die Polizei musste eingreifen, um die Stars vor den Anhängern zu schützen: "Bei aller Begeisterung, da fehlt der Respekt. Das ist schlecht", sagt Renato Augusto.

Und wünscht sich vielleicht in diesem Augenblick zurück nach Leverkusen. Wo es ruhiger ist, weniger aufgeregt als in Sao Paulo. Sagen würde er das so deutlich nie. Damit die Fans nicht sauer werden.

Frank Lußem