Bundesliga

Abstieg? "Das schließe ich aus"

Berlin: Interview mit Herthas Scharfschützen Ronny

Abstieg? "Das schließe ich aus"

Berliner Offensivpower: Ronny, hier mit Stürmer Ramos.

Berliner Offensivpower: Ronny, hier mit Stürmer Ramos. imago

kicker: Hertha BSC ist seit Sonntag im Lauftrainingslager in Bad Saarow am Scharmützelsee und legt derzeit die physischen Grundlagen für die Saison. Sind das die schlimmsten Tage des Jahres für Sie, Ronny?

Ronny: So schlimm ist es nicht. Es gehört dazu. Wir haben in der 2. Liga viele späte Tore geschossen. Das ging nur, weil wir so fit waren.

Trainersteckbrief Luhukay
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Ronny

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kicker: Sie haben im Urlaub in Ihrer brasilianischen Heimatstadt Fortaleza nach eigenen Worten Ihr Trainingsprogramm komplett durchgezogen. Trotzdem ergab der Laktattest nach dem Trainingsstart für Sie einen sehr mäßigen Wert. Haben Sie in den Ferien geschludert?

Ronny: Nein. Ich kann nur sagen, dass ich in Fortaleza mit zwei Fitnesstrainern gut gearbeitet und die Vorgaben des Klubs umgesetzt habe.

kicker: Trotzdem ist jetzt eine Diskussion um Ihren körperlichen Zustand aufgeflammt. Sind Sie fit und schnell genug für die Bundesliga?

Ronny: Im Moment sicher noch nicht. Aber das ist für diesen Zeitpunkt völlig normal. Wir haben noch mehr als vier Wochen Zeit, die ich intensiv nutzen werde. Ich verspreche: Bis zum ersten Bundesligaspiel werde ich topfit sein.

kicker: Sie schienen in der Vorsaison aus den Fehlern der Vergangenheit, als Sie mit deutlichem Übergewicht aus den Ferien zurückkamen, gelernt zu haben. Jetzt geht es wieder um Ihre Physis. Fehlt es Ihnen an Professionalität?

Ronny: Überhaupt nicht. Es gab Zeiten, da habe ich vor einer Saison auch in puncto Ernährung nicht alles richtig gemacht. Aber das ist vorbei. Ich bin reifer geworden. Alles, was ich mache, geschieht jetzt bewusster. Noch mal: Ich werde hart arbeiten, um topfit zu werden.

kicker: Hertha BSC ist vor zwei Jahren auf- und prompt wieder abgestiegen. Passiert das wieder?

Ronny: Nein. Das schließe ich aus.

Ich glaube, dass wir stark genug sind für Platz zehn.

Ronny

kicker: Luhukay sagt, Hertha sei so gut wie sieben, acht andere Bundesliga-Teams. Wird es so leicht?

Ronny: Es wird nicht leicht, das wissen alle bei uns. Aber der Trainer kennt die Bundesliga - und er kennt uns. Er sagt das nicht ohne Grund. Ich glaube, dass wir stark genug sind für Platz zehn.

kicker: Einer der Zugänge ist Alex Baumjohann, er sagt: 'Zentral bin ich am stärksten.' Das ist Ihre Rolle. Macht Sie diese Ansage nervös?

Ronny: Nein. Seine Verpflichtung wird mich noch mehr antreiben, ich werde durch ihn noch besser. Außerdem funktioniert es auch mit uns beiden in der Startelf.

kicker: Sie führten Hertha mit 32 Scorerpunkten zum Aufstieg. Das lässt sich kaum toppen. Kann es nur schlechter werden nach so einem Jahr?

Ronny: Die Saison lief fast perfekt. Das Einzige, was mir fehlte, war der Titel des Torschützenkönigs (das wurde Braunschweigs Kumbela mit 19 Toren, d. Red.). Aber ich bin noch nicht am Limit.

kicker: Was können Sie noch verbessern?

Ronny: Vor allem das Spiel gegen den Ball. Ich arbeite defensiv schon besser mit als früher. Aber an diesem Punkt muss ich weiter ansetzen.

Ronnys stärkste Waffe: Seine linke "Klebe".

Ronnys stärkste Waffe: Seine linke "Klebe". imago

kicker: Bleiben Freistöße Ihre schärfste Waffe?

Ronny: Natürlich. Ich konnte in der 2. Liga viele Keeper bezwingen. Jetzt stehen mir Neuer, Weidenfeller oder Adler im Weg. Ich werde es öfter mit Raffinesse versuchen, nicht nur mit Wucht.

kicker: Ihr Bruder Raffael machte einen Abstecher nach Kiew, der missglückte. Hielten Sie seine Erfahrungen davon ab, Hertha BSC zu verlassen?

Ronny: Nein. Ich hatte das im Hinterkopf, aber es spielte keine Rolle. Dass ich meinen Vertrag im April bis 2017 verlängerte, hatte andere Gründe.

kicker: Welche waren das?

Ronny: Vor allem die guten Gespräche mit dem Trainer und Manager Preetz. Ich weiß, was ich hier habe. Hertha ist zwar zweimal abgestiegen zuletzt, war aber nie ein echter Zweitligist. Bis 2017 ist hier vieles möglich: vielleicht nicht die Champions League, aber doch die Europa League.

kicker: Corinthians und Cruzeiro Belo Horizonte lockten Sie zuletzt. Haben Sie den Plan, irgendwann in die Heimat zurückzukehren, verworfen?

Ronny: Nein, das ist für mich weiterhin ein Thema - nach 2017. Jetzt wäre es zu früh dafür gewesen.

Dante wurde auch erst sehr spät berufen. Dieses Beispiel gibt mir neue Hoffnung

Ronny über die Selecao

kicker: Sie stammen aus Fortaleza, wo es während des Confed-Cups wie in anderen Großstädten auch zu heftigen Protesten der Bevölkerung gegen soziale Missstände und Korruption kam. Was passiert dort gerade?

Ronny: Die Menschen sind sauer - und suchten sich ein Ventil. Dass es zu Gewalt kam, geht nicht. Aber die Proteste sind berechtigt. Es gibt kaum ein Land, in dem der Fußball so einen Stellenwert hat wie in Brasilien. Aber es ist nur Sport! Er darf nie wichtiger sein als Bildung oder Gesundheit. Wenn für Krankenhäuser oder Schulen dann das Geld fehlt, stimmt etwas nicht.

kicker: Trübt das Ihre Vorfreude auf die WM 2014 im eigenen Land?

Ronny: Ja, definitiv. Keiner weiß, wie sich die Lage bis dahin entwickeln wird. Wenn ich an die WM denke, habe ich im Moment etwas Angst.

kicker: Sie wurden 2003 mit Brasilien unter dem Künstlernamen Tody U-17-Weltmeister, seitdem träumten Sie von der Selecao. Ist das vorbei?

Ronny: Ich wäre kein guter Sportler, wenn ich ein Jahr vor so einem Ereignis im eigenen Land diesen Traum begraben würde. Ich weiß, dass es sehr, sehr schwer ist. Aber ich weiß auch, dass die Bundesliga in Brasilien immer mehr Beachtung findet. Ich will mich nicht mit ihm vergleichen, aber Bayerns Dante wurde auch erst sehr spät berufen. Dieses Beispiel gibt mir neue Hoffnung.

Interview: Steffen Rohr