Bundesliga

"Wieder nur Lob - das reicht mir nicht!"

Hamburger SV: Interview mit David Jarolim

"Wieder nur Lob - das reicht mir nicht!"

HSV: David Jarolim

Kämpferisch: HSV-Kapitän David Jarolim strebt Titel an. imago

kicker: Herr Jarolim, Ex-Präsident Dr. Wolfgang Klein bilanzierte vorige Woche in der Hamburger Morgenpost bereits vorab, schon jetzt könne beim HSV von einer tollen Saison gesprochen werden. Nehmen Sie das Kompliment an?

David Jarolim: Nein. Denn ich sehe das anders. Mir wäre es in dieser Saison zu wenig, wenn wir nur Komplimente bekommen, weil wir in allen Wettbewerben relativ lange dabei waren. Wieder nur Lob - das reicht mir nicht!

kicker: Das heißt?

Jarolim: Das heißt, dass wir in diesem Jahr etwas in der Hand halten wollen. Von uns verlangt niemand, dass wir Meister werden oder den UEFA-Cup holen - aber wir sind immer noch dabei. Wir hatten schon zweimal eine ähnliche Situation und haben dann nicht zugepackt. Das muss endlich anders werden.

kicker: Was macht Sie zuversichtlich, dass es dieses Jahr anders läuft?

Jarolim: Istanbul war ein wichtiges Signal. Trotz vieler Ausfälle und des 0:2-Rückstandes sind wir weiter gekommen. Ganz ehrlich, danach war mir klar, dass wir auf Schalke gewinnen. Das Erlebnis in der Türkei hat uns viel Kraft gekostet - aber es hat uns noch mehr Kraft gegeben.

kicker: Überrascht Sie der Erfolg angesichts des Substanzverlustes durch Abgänge von Rafael van der Vaart und Nigel de Jong überhaupt nicht?

Jarolim: Nein, ich bin nicht überrascht. Bei allem Respekt vor Rafael, der viele wichtige Tore gemacht hat - wir haben auch alle viel für ihn gearbeitet. Jetzt sind andere noch mehr aus sich herausgekommen.

kicker: Und der de Jong-Transfer?

Jarolim: Nigel hatte ja in der Vorrunde auch schon lange verletzt gefehlt, dennoch standen wir oben. Wir zeigen also nicht erst seit der Winterpause, dass wir genügend Substanz haben.

Wir haben zuletzt viel erreicht, aber wirklich zufrieden bin ich erst, wenn wir einen Titel gewonnen haben.

David Jarolim

kicker: Hat sich durch die Veränderungen im Kader auch die Mentalität geändert? Verfolgten zuvor zu viele eigene Interessen?

Jarolim: Das will ich nicht sagen. Aber der Charakter hat sich auf jeden Fall verändert. Wir haben jetzt noch mehr Leute im Kader, die hier unbedingt etwas erreichen wollen.

kicker: Sie haben aber auch einen engen Kader und zuletzt viele Ausfälle beklagen müssen - könnte dies im Endspurt zum Stolperstein werden?

Jarolim: Im Moment habe ich eher das Gefühl, dass uns die Situation noch enger zusammenschweißt. Dieses Gemeinschaftsgefühl könnte am Ende sogar ein entscheidender Vorteil sein.

kicker: Krisenmomente hatte der HSV in dieser Spielzeit aber auch schon und der Fußball ist selten berauschend.

Jarolim: Aber die Tabelle lügt zu diesem späten Zeitpunkt einer Saison nicht! Wir wissen, was möglich ist.

kicker: Was konkret ist denn möglich?

Jarolim: Alles!

kicker: Gilt das auch für den UEFA-Cup?

Jarolim: Ja, auch da ist für uns alles möglich. Manchester City ist ein großer Gegner, aber alle noch im Wettbewerb verbliebenen Teams sind in etwa auf einem Niveau. Und gegen uns ist es nicht angenehm zu spielen.

kicker: Bei Ihnen persönlich steht seit Wochen die Vertragsverlängerung bis 2012 an - gibt es noch Nachverhandlungen oder in Kürze Vollzug!

Jarolim: Es gibt in Kürze Vollzug. Ich gehe davon aus, dass ich in dieser Woche nach den Länderspielen unterschreibe.

kicker: Bei Vertragsende wären Sie 33 - besiegelt diese Unterschrift Ihr Karriereende in Hamburg?

Jarolim: Das hoffe ich. Ich will beim HSV meine Karriere beenden und bin auch ein wenig stolz, dass ich die Entwicklung der letzten Jahre von Anfang an begleitet habe. Aber es fehlt noch was, mir reicht das noch nicht. Wir haben zuletzt viel erreicht, aber wirklich zufrieden bin ich erst, wenn wir einen Titel gewonnen haben.

Interview: Sebastian Wolff