Bundesliga

"Die Brutalität der Kritik hat mich überrascht"

Hannover: Interview mit Valerien Ismael

"Die Brutalität der Kritik hat mich überrascht"

Valerien Ismael

Diskussionsbedarf: Abwehrspieler Valerien Ismael und Hannover 96 stehen derzeit im Regen. dpa

kicker: Herr Ismael, vorige Woche strich Dieter Hecking Sie fürs Stuttgart-Spiel. Begründung: Sie fühlen sich nicht, wie Sie sich als Führungs- spieler fühlen müssten. Was ist los?

Valerien Ismael: Der Trainer hatte recht. Genau so war es.

kicker: Hecking sagte auch, dass weder private, noch gesundheitliche Gründe eine Rolle spielten.

Ismael: Auch das stimmt.

kicker: Was war es dann?

Ismael: Es hat mich einfach aus der Bahn geworfen, wie man in der Öffentlichkeit mit mir umgegangen ist. Die Brutalität der Kritik, wenn man einmal Schwächen zeigt, hat mich überrascht.

kicker: Sie sind doch ein erfahrener Profi, spielten international, für Bremen und den FCBayern

Ismael: Alles korrekt. Aber wenn du von oben kommst, wird alles zuerst an dir festgemacht. Und auch ein Profi ist nur ein Mensch. Da habe ich letzte Woche selbst gesagt, dass es besser ist, wenn einer spielt, der hundertprozentig den Kopf frei hat.

kicker: Können Sie die sachliche Kritik an Ihnen nachvollziehen?

Ismael: Natürlich. Ich hatte eine gute Vorbereitung, fiel dann in ein Loch - das passiert. Der Start gegen Schalke war richtig schlecht. Gegen Cottbus habe ich defensiv ordentlich gespielt. Okay, die Spieleröffnung kann ich besser. Aber was danach von außen kam, hat mich überrollt.

kicker: So, dass Sie sich zurückzogen, mit niemandem sprechen wollten.

Ismael: Ja. Nach über zehn Jahren weiß ich: Ist man nicht gut drauf, hält man lieber mal die Klappe. Ich musste auch den Kopf frei kriegen, brauchte Abstand und Ruhe, um alles zu analysieren, zu ordnen.

kicker: Wie weit sind Sie?

Ismael: Auf einem guten Weg. Ich habe wieder Kraft gefunden.

kicker: Auch Ihr Team, wo Sie sich zuletzt sichtbar zurückhielten, verlangt, dass Sie als ein Anführer wieder den Mund aufmachen.

Ismael: Das weiß ich. Aber ich allein kann nichts bewegen. Alle müssen mitziehen. Die Mannschaft voran, dazu der Verein, die Fans.

kicker: Was lief bei 96 bisher schief, was muss anders werden?

Ismael: Der Start mit dem schnellen 0:2-Rückstand bei Schalke war ein Problem. Als es dann gegen Cottbus nicht gleich lief, kam sofort diese Unruhe auf. Wir brauchen einfach ein wenig Geduld und Zeit. Und Erfolg. Schon gegen Gladbach.

kicker: Sonst droht ein Verweilen im Tabellenkeller - auch für Sie neu!

Ismael: Man müsste es nehmen, wie es ist. Die Anforderungen ändern sich nicht: Jeder ist gefordert, seine komplette Qualität abzurufen.

kicker: Ihr Vertrag läuft noch zwei Jahre. Sie kamen im Januar mit großen Zielen. Wie steht es damit?

Ismael: Die Ziele gibt es immer noch. Ich will in Hannover etwas erreichen, spüre eine große Identifikation mit dem Klub.

Interview: Michael Richter