Bundesliga

Generation Grünschnabel

Dortmund: Radikale Verjüngung

Generation Grünschnabel

Neven Subotic (links) und Felipe Santana

Sie sollen die Abwehr des BVB wieder zum Bollwerk machen: Neven Subotic (links) und Felipe Santana. imago

Hummels siedelte im vorigen Winter nach Dortmund um. Nach 13 Einsätzen in der Abwehr und im Mittelfeld sagt der Jungprofi: "Der Wechsel hat sich in jeder Hinsicht gelohnt." Beide Seiten profitieren von dieser zunächst für eineinhalb Jahre angelegten Zusammenarbeit; sie bestärkt Sportdirektor Michael Zorc in seiner These, "dass Qualität nichts mit dem Alter zu tun hat".

Was in bester Rehhagelscher Tradition für schon etwas betagtere Balltreter galt, dient den Verantwortlichen der Borussia als Legitimation für eine aus echter Überzeugung - und nicht aus der Not - geborene Strukturreform, eine Radikalverjüngung, leidenschaftlich bejaht von Trainer Jürgen Klopp. Im Schnitt gerade 22 Jahre alt sind die acht Zugänge der Borussia. Einige, wie Thannhausens Angreifer Bajram Sadrijaj (21) drängen aus der zweite Reihe nach vorn, andere wie Neven Subotic (19) wissen schon, wie heiß es im Rampenlicht werden kann. Subotic kam aus Mainz, er ist Innenverteidiger wie Hummels und so etwas wie Klopps Ziehsohn. "Ich habe keine Bauchschmerzen, mit zwei 19-Jährigen im Abwehrzentrum zu spielen", versichert der Trainer.

Manndecker Felipe Santana (22) ist der dritte Frischling, den der BVB in den vergangenen sechs Monaten für seine Defensive verpflichtete, ein weiterer Wechsel auf die Zukunft, die von einer Generation hoch talentierter Grünschnäbel geprägt werden soll. "Das ist für uns genau der richtige Weg", behauptet Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke (49), "dieses Modell wird von den Fans angenommen und von der nötigen Geduld begleitet, wenn Klopps Forderung nach Fußball mit Herz dabei konsequent umgesetzt wird."

Neben Hummels, Subotic und Felipe Santana passen auch Jakub Blaszczykowski (22) oder Antonio Rukavina (24, kam ebenfalls im Januar) in das Muster der jungen Hoffnungsträger, die den Dortmunder Spieler-Frühling repräsentieren und bei dem nach ehrlicher Arbeit lechzenden Publikum um Vertrauen werben. "Eher eine Chance als eine Bürde" sieht Subotic in der Altersstruktur des Kaders, "junge Profis wie wir haben noch nichts erreicht. Uns fehlt zwar die Erfahrung, aber wir haben die größere Willensstärke, etwas zu reißen."

Vermutlich hätte der mehr auf Routine geeichte Thomas Doll (41) den wohl besten Zweitliga-Manndecker gar nicht erst in die engere Wahl genommen. Klopp jedoch machte sich mit all seiner Überzeugungskraft für Subotic stark und rannte mit einem kraftvollen Grundsatzplädoyer für vielversprechende, in ihrer Entwicklung aber noch nicht ausgereifte Talente darüber hinaus offene Türen bei den Verantwortlichen in Dortmund ein. "Neven", sagt Klopp über Subotic, "ist richtig gut. Ich bin doch nicht bescheuert und bringe einen Blinden mit hierher."

Vier Millionen Euro blätterte der BVB für den Amerikaner hin, knapp die Hälfte dessen, was Le Mans für den ursprünglich favorisierten Marko Basa (25) verlangt hatte. Perspektivisch, behauptet Klopp, seien die jetzt gefundenen Lösungen auf dem selben Niveau wie Basa anzusiedeln. Perspektivisch klingt gut, heißt aber, dass auch Subotic, Felipe Santana und Hummels - in welcher Konstellation auch immer - wohl nicht auf Anhieb alle Fugen der so durchlässigen Dortmunder Defensive schließen können. Das wird in Kauf genommen, weil die Borussia statt der in den vergangenen Jahren zu beobachtenden Kurzatmigkeit in allen Personalfragen (inklusive Trainer) zukünftig das Prinzip der Kontinuität deutlicher akzentuieren will.

"Kaufmännisch", sagt Watzke, "ist das Risiko gering. Außerdem zahle ich lieber drei oder vier Millionen für einen 19-Jährigen als zwei Millionen für einen 32-Jährigen." Bange wird dem Geschäftsführer beim Blick auf die "Bubi-Belegschaft" der Borussia nach eigenem Bekunden nicht. Felipe Santana habe in Brasilien, Hummels bei den Bayern schon einiges erlebt. "Und im Paket mit Subotic", betont Watzke, "kommen sie mir sehr abgeklärt vor."

Thomas Hennecke